Beiträge von Anandasa im Thema „Säkularer Buddhismus“


    Ajahn Buddhadasa schreibt in seiner Schrift Nibbana für Jedermann:


    "Nibbana hat mit dem Tod überhaupt nichts zu tun. Das Wort Nibbana heißt kühl. Auch wenn es von den Laien zu Hause benutzt wird, bedeutete es kühl. Nachdem es ein Ausdruck in der Dhamma-Sprache der buddhistischen Religion wurde, blieb die Bedeutung gleich, bezog sich jetzt aber auf die Kühle, die man durch das Erlöschen der Geistestrübungen erfährt. In der Sprache der Laien jedoch behält es die Bedeutung der Kühle als Resultat des Erlöschens eines gewöhnlichen Feuers bei. (...). Nibbana ist ein natürlicher Zustand. Es ist der kühle Geisteszustand ohne jegliche Herzenstrübungen (Kilesa)."


    So gesehen könnte man Nibbana im säkularem Buddhismus belassen. Batchelor könnte sagen: "Leute, wenn ihr nach dem Thema Erwachen noch nicht genug habt, könnt ihr noch Nibbana dazupacken. Ihr müsst es aber nicht." Irgendwas statisch autoritär festlegen ist nicht praktikabel. Die Leute machen sich doch ihre eigenen Gedanken und v.a. gewinnen sie neue Einsichten, ändern ihre Meinung. Und dann kann man keinen statischen Rahmen vorgeben. Vor allem streicht er irgendwas weg ohne zu erklären warum es entbehrlich ist. Kein Wunder, dass er so kontrovers gesehen wird. Das Thema Batchelor sieht für mich eher nach einem Kreislauf des Leidens aus ;-).

    Axel:

    Ich habe hier ganz kurz einen Eindruck beschrieben und keine Dissertation eingereicht. Lass' es mich mal so sagen: Ein Buddhismus, der von traditionellen kulturellen Elementen 'bereinigt' ist, bietet mehr Gelegenheiten, daraus ein 'Geschäftsmodell' zu machen. Du brauchst Dir bloß die Kleinanzeigen in den einschlägigen Zeitschriften anzuschauen: Der Markt für 'Achtsamkeit' boomt, und hinten rechts im Bild steht immer eine kleine Buddha-Statue als kleines, verkaufsförderndes Accsessoire...

    Das ist jetzt nicht gegen Axel gemünzt. Nur meine Gedanken zu dem Thema.


    Ich war vor einigen Tagen in einem thailändischen Wat. Jemand stellte eine Frage wie bestimmte Stellen im PK zu verstehen seien. Ja, Buddha habe sich so stark konzentrieren können, dass er damit übersinnliche Fähigkeiten abrufen konnte. Buddha habe aber darauf hingewiesen mit solchen Dingen vorsichtig zu sein, denn solange Gier, Hass und Verblendung nicht überwunden sei. Also schön, dann haben sie auch im Theravada ihre "Buddha lief über das Wasser"-Geschichten. Ich war in der Jugend für kurze Zeit in einem Bibelkreis und es war genaus das Gleiche. "Dieses Haus brannte nicht einfach so ab, sondern weil Gott etwas vorhatte". Wenn neu hinzugekommene Leute sowas kritisch hinterfragten, wurde sie belächelt, weil ihnen halt das Verständnis fehlt.


    Solche Sachen treten auch nicht nur im religiösen Umfeld auf, sondern überall wie die Leute "psychisch in Not" geraten. Es gibt Leute, die glauben, dass sich grundlegende Probleme in der Software-Entwicklung in Luft auflösen, weil es da jetzt eine neue Programmiersprache gibt. Sie fangen dann an Lager zu bilden, in denen alle daran glauben. Wer nicht mitmachen will, wird ausgegrenzt. Und dieses Gebiet ist eigentlich eine Ingenieurs-Disziplin. Wo die Identifikationsbildung hinfällt, treibt sie Blüten ...


    Die Leute in dem Thailändischen Wat und bei uns im Tibethaus sind sehr nett und freundlich. Wirklich nichts zu sagen. Aber ich hole mir dort ein paar Anstöße. Jemanden zu haben, der einen zum Meditieren Fragen beantworten kann und einen gut anleiten kann, ist sehr hilfreich. Aber ich kann bei dem "Wo Buddha hintrat wuchsen Blumen"-Kram nicht mitmachen und bei einer bestimmten Tradition mitmachen (Theravada, Tibetisch, was immer), damit im Westen nicht der Buddhismus verwässert wird oder der Kommerzialisierung anheim fällt.


    In den Vorträgen vom Dalai Lama auf Youtube kommt solcher religiöser Kram nie vor. Bei seinen Vorträgen lässt er die Bodhisatvas gut sein und lässt sie in Tibet. Sowas versteht niemand im Westen und verwirrt die Leute. Also lässt er es weg und redet vom Eigentlichen. Er versucht etwas vorzutragen, was den Leuten hilft. Solche Leute müsste es viel mehr geben und es wäre völlig egal, ob sie zum Theravada oder Vajrayana gehören oder was. Sie sind eh da einfach reingeboren worden und versuchen daraus das Beste zu machen.

    Axel:

    Ja, Anandasa, und jetzt brauchen wir nur noch die 'besten Elemente' aller nicht-buddhistischen Richtungen zu nehmen und ich höre sofort mit meinem ständigen Rummaulen auf... :)


    Okay, hast recht. Dann mach ich das für mich so:


    Ananadasa:


    Buddhistische Richtung: säkulärer Pali-Buddhismus
    Kulturelle Einbettung Theravada: 80%
    Kulturelle Einbettung Mahayana: 10%
    Kulturelle Einbettung Vajrayana: 10%
    Kharma-Glaube: 60%
    Wiedergeburts-Glaube: Kharma als Billardkugeln nach dem Tod
    Laien könne auch erwachen: ja
    Frauen können auch erwachen: na klar

    Axel:

    Ich bekenne mich gerne zu Anandasas 'Everybody's got his own Mambo'yana, aber ich sehe ihn leider nirgends - andernfalls wäre ich wohl nicht abtrünnig geworden...


    Da fällt mir Jack Kornfield ein, der die Idee hatte von einem Buddhayana, also die "besten Elemente verschiedener Richtungen". Im tibetischen Buddhismus gibt es z.B. auch Praktiken, die man im Theravada verwenden könnte. Aber was Buddhayana genau ist, weiß ich jetzt auch nicht. Wäre aber eine Idee. Buddhadasa soll ihn darin bestärkt haben schreibt er in seinem Buch "Das weise Herz".

    Tychiades:

    Solange sich also Batchelor nicht revidiert, wird er das, was er geboren hat - den säkularen Buddhismus - immer wiedergebären - mit jedem Buch, vielleicht etwas anders, aber dennoch erkennbar und wenn man so was in die Welt setzt, dann hängt das an einem - und man ist (ab)gestempelt. Und die Anhänger leben dann auch noch davon.
    Deswegen war es klug, dass Buddha noch nichts aufschreiben konnte oder wollte.


    Ich habe mal übers Internet das Buch "Buddhism Without Beliefs" von Batchelor als PDF runtergeladen (also geklaut um ehrlich zu sein). Als PDF kann man eine Textsuche machen. Sucht man nach "Kharma" findet man im gesamten Buch nur einen Treffer, wo er in einem Satz Kharma einfach aus dem säkulärem Buddhismus wegstreicht. Keine Begründung, keine Herleitung, nichts. Was ich sonst in dem Buch las waren biographische Anekdoten, in dener er hauptsächlichen über den tibetischen Buddhismus schimpft. Ich halte Batchelor für überbewertet. Er ist halt der Einzige, der öffentlich zu diesem Thema auftritt, Bücher schreibt, Vorträge auf Youtube hochlädt, usw. Da mache ich mir lieber meinen eigenen säkulären Buddhismus und verstehe ganz genau warum ich dieses und jenes so oder so sehe.

    Axel:

    Ich habe hier ganz kurz einen Eindruck beschrieben und keine Dissertation eingereicht. Lass' es mich mal so sagen: Ein Buddhismus, der von traditionellen kulturellen Elementen 'bereinigt' ist, bietet mehr Gelegenheiten, daraus ein 'Geschäftsmodell' zu machen. Du brauchst Dir bloß die Kleinanzeigen in den einschlägigen Zeitschriften anzuschauen: Der Markt für 'Achtsamkeit' boomt, und hinten rechts im Bild steht immer eine kleine Buddha-Statue als kleines, verkaufsförderndes Accsessoire...

    Ja, die Buddha-Statuen als benötigte Accessoires für fernöstliches Ambiente vom Friseur bis zur Sauna sind klar eine Kommerzialisierung auch wenn es manchen gar nicht klar ist. Schlimm sind die abgetrennten Buddha-Köpfe als Dekorations-Accsessoire.


    Das mit "Geschäftsmodell" stimmt schon. Neben Achtsamkeit ist auch MBSR so eine Sache. Der Neurologie-Professor, der es in Anlehnung an buddhistische Sachen entwickelt hat, verdient sicher ganz schön Geld damit. Alle MBSR-Lehrer müssen sich über ihn lizensieren lassen, etc.


    Ich denke es ist unabhängig davon unvermeidlich, sich individuell die Sachen aus den verschiedenen buddhistischen Richtungen rauszusuchen, die man für sinnvoll hält und die Sachen rauszunehmen, die man für abgespaced hält. Es gab ja hier mal den Thread 50% Karma, wo dies hier aus der FAZ zitiert wurde:

    Zitat

    Christoph Spitz sagt im TAZ Interview vom 5.12. : er glaubt zu 50 % an Karma, Wiedergeburt ist Spekulation, glaubt nicht, dass Bewusstsein weiterbesteht und sich mit einem neuen Körper verbindet, aber an Karma in dem Sinne, dass wir darauf achten sollten was wir in Gang setzen


    Hier hat sich z.B. Christoph Spitz auch seinen eigenen Buddhismus gebaut. Auf diese Weise werden verschiedene Leute in solchen Dingen immer zu verschiedenen Resultaten kommen. Ich glaube z.B. eher zu 60% an Karma statt zu 50% wie Christoph Spitz. Ich denke Wiedergeburt als Spekulation zu bezeichnen würde auch dem Geist des PK entsprechen, aber Buddha hat hier widersprüchliche Sachen gesagt. Jetzt liegt es an einem selbst wie man das sehen sollte. Ich würde es der von mir so verstandenen grundlegenden Lehre von Buddha entsprechend auch als Spekulation sehen. Wiedergeburt in jedem Augenblick zu Lebzeiten würde ich als im Sinne der Lehre gelten lassen.


    Und so entsteht für jeden eine Kombination aus Elementen und Auslegungen, die den eigenen Buddhismus-Begriff formen. Ich fürchte dies ist unumgänglich und das ist die Crux. Was Stephen Batchelor meint, ist auch nur seine persönliche Variante. Im Salsa sagt man "everybody's got his own Mambo", also seine eigene Art Salsa zu tanzen.


    Wenn ich nach Thailand gehe in ein Theravada-Kloster, gehe ich wieder heim und sage danke, aber ich sehe es so, dass ich auch erwachen kann ohne ein Mönch zu sein. Gebe ich nach Tibet in ein Kloster, komme ich wieder heim und sage mir, dass sie dort gerne das mit der weißen Tara machen können, aber ich bin nicht dabei, weil mir das wieder an katholische Heilige erinnert.


    Ich habe unter "Buddhistische Richtung" auch einmal meinen Eintrag von "Theravada" geändert zu "säkulärer Pali-Buddhismus". Aber vielleicht hat Axel recht und ich ändere ihn wieder zu Theravada zurück mit einer Fußnote, dass ich dies und jenes aber in meiner Variante sehe. Ich denke das tun die Leute in den Theravada-Ländern auch. Die nehmen nicht alles wörtlich so wie das die Katholiken auch nicht tun. Es wird nur nicht an die große Glocke gehängt. In Südostasien wird eh alles miteinander vermischt (sogar im gleichen Tempel) und niemand stört es.

    void:

    Ich habe mit dem Begriff "säkular" grosse Probleme. Eben weil ja das"Sakrale" immereng mit gesellschaftlicher Macht und ihrer Fundierung verbunden ist. Je machtnäher man ist, desto mehr muss man seinen eignen Heiligenschein polieren und wltlichen Herrschern welche verkaufen.


    Dies liest sich so als würde säkulär mit sakral gleichgesetzt werden. Wenn säkulär, also profan/nicht kirchlich, muss das nicht bedeuten, dass man sich statt der Kirche dann dem Staat an den Hals wirft.

    Axel:

    Meine Kritik richtete sich da weniger gegen ein 'Geschäftsmodell' (und ganz sicher unterstelle ich Batchelor nicht das Verfolgen eines solchen!). Meine Befürchtungen haben da eher etwas damit zu tun, dass ein von religiösen Archaismen 'bereinigter' Buddhismus sich hervorragend zur Ruhigstellung von Widerstand gegen die Warengesellschaft eignet.


    Wenn man von Wiedergeburt und anderen nicht ganz schlüssigen Dingen im PK oder in verschiedenen buddhistischen Richtungen nicht ganz überzeugt ist, wird man anfällig für Konsumzwang. Na klar ...

    Tsu Mie:

    Wie sieht eigentlich die Zielgruppe aus? Für wen ist der "säkulare" Buddhismus ein (willkommenes) Angebot? Werden eher Buddhismus-Neulinge angesprochen oder versammeln sich dort die "Enttäuschten" der unterschiedlichen Traditionen?


    Ich denke, dass die Lehre Buddhas (ich lasse mal den Begriff "Buddhismus" weg, weil er viel weiter geht) in großen Teil von Neu-Interessierten als plausibel angesehen wird. Dann kommen aber so sachen wie Wiedergeburt, Äonen, Thartagatas, Buddha schaute bei seiner Erleuchtung 100.000 Leben zurück. Ein Teil der Leute legt dann das Buch zur Seite und lässt es bleiben mit Buddha. Andere haben gemerkt, dass ihnen zumindest Teile der Lehre bei Lebensproblemen geholfen hat. Deswegen wollen sie nicht alles aufgeben und beginnen sich die Sachen rauszuschneiden, die nicht "splenig", skuril oder abgespaced, weil da einfach eine riesen Schatzkiste ist, die so oder so viel Wert hat und man sich einfach die sinnvollen Sachen raussucht und beibehält.


    Dann gibt es sicher die Religiösen, die immer eine religiöses Gedöns suchen. Für die kann ich nicht richtig sprechen, weil ich die nicht richtig verstehen kann.

    Waldler:

    Das mit dem "zu viel gelitten" bedeutet letztendlich, dass Leid einen in Gedanken und Gefühlen immer öfter zum Thema Tod führt. Viele verstorbene Freunde, Verwandten, Eltern, Geschwister, eigene Krankheiten usw. führen einem ja vor Augen, dass der Tod letztendlich IMMER da ist.


    Ja, ich verstehe was du meinst. Ich bin jetzt auch in dem Alter, in dem die Eltern schon gestorben sind und für alle Onkeln und Tanten nun auch bald die Zeit kommen wird.


    Im letzten Sommer saß ich einmal in einem Café und wartete auf einen Freund, mit dem ich abgemacht hatte. Das Café schien ein beliebter Treffpunkt für ganz junge Paare zu sein. Ständig kamen junge Päärchen und setzten sich an einen Tisch. Ich saß da, wartete auf meinen Freund, schaute in mein Limonadenglas, in dem die Eiswürfel immer mehr zusammenschmolzen. Die schmelzenden Eiswüfeln anschauend kam mir der Gedanke: "Die neue Generation ist da. Du hast nun mehr als die Halbzeit hinter dir. Du bist die schmelzenden Eiswürfel. Das ist der Lauf der Dinge.". Ich habe mich dann für die jungen Paare in dem Café gefreut. In dem Alter hätte ich sowas damals nie gekonnt. Der häufige Streit meiner Eltern und der frühe Tod meiner Mutter steckte mir noch sehr in den Knochen. Diese jungen Leute haben es besser. Das ist doch schön.


    Das ist der Kreislauf des Lebens und des erneuten Werdens (oft auch falsch mit "Wiedergeburt" übersetzt). "Was entsteht, vergeht. Das ist normal.". Das ist aus diesem Youtube-Video Die letzte Prüfung. Ich finde es wirklich gut und höre es immer wieder. Diesen Satz hier aus diesem Video habe ich mir schon oft angehört:


    "Die Idee von Sterben und Tod ist eine Täuschung. Wir sehen die Welt nicht wie sie wirklich ist. Das ist die Ursache, die Buddha gelehrt hat. Wir bilden uns ein, dass unser Körper uns gehört, dass unser Geist uns gehört, dass unser Leben uns gehört. Tatsächlich stimmt das aber nicht. Das alles sind nur natürliche Elemente, Phänomene, die entstehen, existieren und wieder vergehen.".


    Dass unser Körper nicht uns gehört, ist leicht zu verstehen. Der Körper kann jederzeit krank werden und auch todkrank. Betrachtet man beim Meditieren seine Gedanken, sieht man, dass man auf sie keinen Einfluss hat. Man kann es nur erreichen ihnen eine Zeitlang nicht anzuhaften. Also gehört mir auch nicht mein Geist. Mit dem letzten Satz hatte ich immer meine Probleme: "Mein Leben gehört nicht mir? Wie denn das?". Erst vor kurzem ist es mir plötzlich eingefahren, dass das natürlich so ist. Vielleicht muss man erst erkannt haben, dass es keine Person gibt bevor man das begreift. Wenn man das aber versteht, hat man den Schlüssel für einen "erwachten" und freundlichen Geist in der Hand. Man muss ihn dann noch lernen zu verwenden und sich immer wieder zurückholen. Hier ist auch ein sehr guter Vortrag über den Tod von Ayya Khema: Die Angst vor dem Tod (loslassen). Das Ganze hat viel mit loslassen können zu tun.


    Ich sage nicht, dass alles einfach ist. Ich hatte einen Arbeitskollegen, der am Arbeitsplatz umgefallen ist und den der Notarzt nicht mehr retten konnte. Ein Arbeitskollege meinte, ihm würde es verdammt schlecht gehen und er würde ins Krankenhaus fahren. 3 Monate später war er tot. Die Ärzte konnten nichts mehr tun. Beide waren deutlich jünger als ich und hatten Familie. Ich bin jetzt schon älter als meine Mutter und bin noch keine 50. Sowas ist ganz schrecklich. Trotzdem geht es uns enorm viel besser als in der 3.Welt. Man darf einfach nie das Denken aufbauen, dass irgendwas garantiert ist. Sind 40 Jahre ins Land gegangen ohne Krankheit, meint man dass dies normal sei, weil man sich daran gewöhnt hat und die Gier all die Zeit ungebremst freien Lauf hatte. Krank werden und sterben ist normal. Lange Zeit gesund sein ist nicht normal. Das ist ein Geschenk. Ist alles leicht gesagt. Aber für mich sind diese Dinge hilfreich :-).


    Grüße, Anandasa

    Yeshe:
    Anandasa:

    Hallo,
    Ich sehe das auch so, dass gerne bei der Lehre Buddhas selbst geblieben wird (also Pali-Buddhismus und/oder Theravada), weil im Nachhinein entstandene Aufsätze schon manchmal sehr weit gehen und anfangen ins Schwärmerische zu gehen.


    Die Behauptung, dass Maha- und Vajrayana "im Nachhinein entstandene Aufsätze" sein sollen, ist eine in meinen Augen sektiererische Herarbsetzung der Anhänger dieser Lehren.


    Ich war im Kopf wie bei säkulären Buddhisten unter sich und hatte nicht daran gedacht, dass "andere" mitlesen. Das war etwas sorglos. Das mit Aufsatz hört sich vielleicht etwas großspurig an. Aber eine nahtlose Weiterführung der Lehren Buddhas sehe ich in Mahayana nicht so wirklich, sondern eher eine darauf aufsetzende eigene Lehre. Daher die Verwendung des Begriffs "Aufsatz".

    Waldler:
    Zitat

    Aber kühl (nirvana = kühl) im Kopf sein, stillt den Leuten wohl nicht so ihre emotionalen Bedürfnisse, weil sie noch nicht genug gelitten haben ;-).

    Kann es nicht auch sein, dass sie zu viel gelitten haben?


    Der Gedanke ist interessant, aber ich verstehe nicht so richtig was gemeint ist. Wenn das eine wichtige Sache war, dann bitte etwas ausführen worauf diese Sache anspielt.

    Waldler:


    Ich hatte nie die Sehnsucht nach Wiedergeburt, Weiterleben oder Paradies. Ich glaubte, der Frage nach dem, was nach dem Tod kommt (eben nichts, wie ich glaubte) gelassen gegenüber zu sein, bis ich dem Tod durch schwere Krankheiten sehr sehr nahe war. Da war keine Gelassenheit mehr, sondern nur noch Angst, Panik und ein Funke Hoffnung, dass "danach" doch nicht alles zu Ende sei. Das hat nichts mit Schwärmerei und nicht mit emotionalem Kuschelbedürfnis zu tun, sondern mit berechtigter Todesangst.


    Ja, das mit der Panik und der Angst glaube ich gern. Ich habe selbst so meine Zweifel, dass man sich mit Meditation auf den Tod vorbereiten kann. Sich auf eine konkrete Situation vorbereiten halte ich noch für in Teilen machbar. Aber wie die Umstände des Todes sein werden lässt sich so gut wie gar nicht vorhersagen. Und sich auf alles mögliche einstellen dürfte etwas schwer sein. Wenn der Moment näher rückt, sieht man nur immer besser, was man sich alles vorgemacht hat.


    Ich versuche mich damit zu beruhigen, dass ich im Laufe des Lebens ein paar verdienstvolle Taten gesammelt habe und ich so besser mir sagen kann, dass ich nicht gehe ohne etwas für andere getan zu haben. Aber das ist vielleicht auch Wunschdenken. Wenn man zuerst sich selbst gesund halten muss, ist für "verdientvolle Taten" auch nicht mehr viel Zeit übrig.


    Ja, wenn man gar keine Hilfen annimmt, macht man es sich bei der schwersten Sache im Leben auch noch so schwer wie es irgendwie geht. Deswegen gibt es auch im Buddhismus wohl Grundsätze, an denen nicht gerüttelt wird, weil sie wichtig sind um Halt zu geben. Im Theravada (und vielleicht auch in anderen Richtungen) scheint es das Ideal zu geben während der Meditation zu verscheiden. Ich bin mal in Thailand an einem Kloster vorbeigekommen mit der Mumie eines Mönches in einem Glaskasten, der angeblich während der Meditation verschieden ist. Er spürte wohl den Tod kommen und meditierte bis es vorrüber war. Dafür braucht man aber wiederum eine ganz große Gelassenheit um dies zu können und man hat ein Henne-Ei-Problem.


    Mir fällt noch eine Stelle im Buch "Das weise Herz" von Jack Kornfield ein. Er ist im Kloster von Ajahn Buddhadasa, bekommt dort Malaria und liegt lange krank danieder. Ajahn Buddhadasa kommt zu ihm und sagt so in etwa zu ihm: "Ja, ich weiß. Jetzt tust du dir selbst sehr leid.". Das scheint die grundlegende Haltung zu sein: den Dingen nie "Macht" über sich geben, egal was passiert. Mitgefühl immer, Mitleid nie.


    Tja, aber auch nur auf einen Ansatz wie das anpacken komme ich auch nicht ... ;-).


    Grüße, Anandasa

    Hallo,


    ich würde sagen, dass säkulärer Buddhismus die Lehren Buddhas sind ohne religiöse und schwärmerische Elemente. Ich sehe das auch so, dass gerne bei der Lehre Buddhas selbst geblieben wird (also Pali-Buddhismus und/oder Theravada), weil im Nachhinein entstandene Aufsätze schon manchmal sehr weit gehen und anfangen ins Schwärmerische zu gehen. Zu den religiösen Sachen würde ich Wiedergeburt zählen, zumindest in den Formen im Pali-Kanon, in den von Übertragung von irgendwas nach dem Tod auf spätere Leben gesprochen wird. Dann die Sachen mit den Tathagatas und den Äonen und dieser Kram ist für mich Schwärmerei. Die Entwicklung vom Sotapanna zum Arahant was nur über x Wiedergeburten möglich ist, usw.


    Wenn man die religiösen und schwäremerischen Elemente wegnimmt, bleibt eine Geistes- und Herzensschulung übrig und v.a. Anatta. Für mich ist das die eigentliche Lehre. Es wird bei ähnlichen Diskussionen hier im Forum dann sofort gleich gefragt, was dann vom Buddhismus noch übrig bleiben würde. Es bleibt für mich eben der eigentliche Kerne übrig. Es ist für mich erstaunlich wie oft an den religiösen und schwärmerischen Dingen festgehalten wird und diese Dinge als das Wesentliche angesehen wird. Viele sind wohl auf der Suche nach einem "emotionalen zu Hause".


    Sehr bekannt sind die Bücher von Stephen Batchelor zu diesem Thema. Ich habe eines gelesen und finde es oberflächlich. Er zählt z.B. Karma einfach auch zu den religiösen Dingen. Und zwar ist dies der einzige Satz zu Karma im ganzen Buch. Ich sehen jedenfalls so 60% Karma als real gegeben an. Ansonsten zieht er in seinen Büchern manchmal über den tibetischen Buddhismus her. Er war mehrere Jahre tibetischer Mönch und konnte sich mit einigen Dingen nicht anfreunden, obwohl einem das mit etwas Recherche über tibetischen Buddhismus nicht unbedingt hätte überraschen müssen. Es gibt auch Vorträge von ihm auf Youtube. Dann musst du nicht gleich ein Buch kaufen.


    Säkulärer Buddhismus hat mich auch eine Zeitlang beschäftigt. Würde mich gerne weiterhin darüber unterhalten. Finde ich eigentlich das Vernünftigste, was man aus dem Buddhismus holen kann, wenn man einen kühlen Kopf hat. Aber kühl (nirvana = kühl) im Kopf sein, stillt den Leuten wohl nicht so ihre emotionalen Bedürfnisse, weil sie noch nicht genug gelitten haben ;-).


    Grüße, Anandasa