Beiträge von void im Thema „Was sind eigentlich Karma und Wiedergeburt?“

    Moosgarten:

    Nur wird dem Buddha nachgesagt, dass dieser einen direkten Weg aufgezeigt hätte und ganz ohne "Panzer & Anwalt". Nennt man "Satipatthana".


    In meiner Metapher ging es hauptsächlich um die "Motivation". Wenn jemand eine tiefen Antriebe hat, Befreiung zu suchen, dann steht ja einem direkten Weg nichts entgegen. Eine "Sorge um Widergeburt" ist dann als Antrieb vollkommen überflüssig. Was aber, wenn dieses Bedingung nicht erfüllt ist? Dann kan ja die "Sorge um Widergeburt" als eine mächtige Antriebsfeder wirken, um einen in Bewegung zu setzten. Weil der direkte Weg noch nicht offensteht nimmt einen Umweg, um dann später in die richtige Richtung zu schwenken.


    So wie es ein Lehrer, der daran verzweifelt bei seine Schüler über Einsicht und originäres Interesse anzukommen, es mit Belohnungen, Drohungen und Sekundärmotivationen versucht. Statt auf Mündigkeit setzt er auf gröbere Mittel. Und vielleicht funktioniert das ja und sie finden dann später zu einer Haltung, wo es ihnen um die Sache selbst geht.


    Auch Hakuin begann sich erst für den Buddhismus zu interessieren, als er durch einen Nichiren Prediger Angst vor der Wiedergeburt in einer Hölle bekommen hatte. Vielleicht wäre er ohne diese Motivation nicht zum Zen gekommen?


    Natürlich können diese Sekundärmotivationen auch schlimme Nebenwirkungen mit sich. Wenn man statt auf Mündigkeit und Einsicht zu setzten, auf Angst setzt (Handle heilsam, sonst holt dich der Teufel) bewegt man sich ja in einen Bereich der schwarzen Pädagogik hineien. Was aber nicht bedeutet, dass es als Startmotivation - wie bei Hakuin - nicht wirksam sein kann.

    Sunu:

    Die ganze Lehre ist doch darauf ausgerichtet Tanha zu überwinden. Wie soll dabei das Festhalten an Begehrlichkeiten...z.b. nach einer guten Wiedergeburt... hilfreich sein.


    Die Denkweise ist die, dass eine Anhaftung an heilsame Zielen dazu beitragen kann andere Anhaftungen aufzugeben. Und dann später nur noch diese Anhaftung aufgegeben werden muss.


    Wenn ich von meinem Haus nach Norden fahren will muss ich ja auch zuerst die Strasse nach Süden fahren. Auch das klingt paradox. (Alternativ bräuchte ich einen geländegängigen Panzer und einen sehr,sehr guten Anwalt)

    Moosgarten:

    Rechte Anschauung ist auch ein Pfadglied. Ohne diese irrlichtert man mehr oder weniger orientierungslos daher. Beim Buddha geht es um das Erwachen und zwar immer und ausschliesslich im aktuellen Leben.


    Bei Buddha geht es immer um die Befreiung vom Leid. Die meisten Leute denen Buddha begegnete standen ja nicht direkt vor der Befreiung und haben sie in diesem Leben nicht erlangt. Aber Buddha hat ihnen trotzdem geholfen, wie sie dazu beitragen können Leiden zu vermeiden. Der Buddhismus der 99,99 % war einer der sich nicht an nahezif-Befreite und solche die sich dafür halten, richtete. Der edlen achtfache Pfad zielt zwar auf Befreiung er ist aber auch zu praktizieren, wenn man in diesem Leben keine Befreiung erlangt.

    Mogwai-Tree:

    Ich habe kürzlich viel über Wiedergeburt und Karma nachgedacht. Woher kommt es, dass eine derartig undogmatische Religion wie der Buddhismus über Dinge Ausdruck gibt, die eigentlich an der irdischen Erfahrung vorbei gehen?


    Viele buddhitische Konzepte kann man als Hilfsmittel sehen:


    • So könnte man sagen, das die "Praxis des sich Vorstellens zukünftiger Schicksale" dazu dienen kann ethischer zu handeln, weil man sich in ihr vegegenwärtigt, dass das auf Eigennutz beruhende Handeln langsfristig zu Problemen führen kann. Diesen Effekt, das langfristiges Denken zu ethischerem Handeln führen kann ist ja bekannt: Ist man z.B als Geschäftsmann an einer jahrzehntelangen Geshäftsbeziehung interessiert, dann wird man die nicht aufs Spiel setzten, indem man einen schnellen Gewinn einfährt.


    • Ebenso kann die "Praxis des sich Vorstellens, die eigene Situation mitverursacht zu haben", dazu dienen sich eher mit der jetztigen Situation auszusöhnen, und weniger Widerwillen gegen das Unvermeidliche zu empfinden. Die Situation ist nichts, was unverdient von Aussen auf einen niederkommt, sondern etwas Eigenes. Sieht man das so, kann man villeicht eher damit Freundschaft schliessen: Man wird geduldiger


    Natürlich gibt es da jeweils auch Risiken und Nebenwirkungen:


    Ersteinmal direkte:

    • Sich schreckliche zukünftige Schicksale auzumahlen, kann manche Leute lähmen und sie mit einem Schrecken erfüllen, der keine konstruktive Bahnen nimmt.
    • Ebenso kann die Idee, das eigne Situation verursacht zu haben, zu einer fatalistischen Haltung führen, wo man etwas als Schicksal sieht, was konstruktiv änderbar wäre.


    Und ebenso gibt es indirekte Risiken und Nebenwirkungen:

    • Wendet man die Konzepte nicht auf sich selber sondern auf andere an, so kann die Wirkung die sein, statt Verantwortung zu übenehmen diese abzuwälzen: Der Kranke, behinderte, unerfolgreiche ist selber schuld an seinem Leid. Statt Ethik ensteht Verantwortungslosigkeit.
    • Je mehr sich das Widergeburtsdenken dem hinduistischen Modell der Welterklärung annähert, desto näher ist es auch dessen Vorstellung einer natürlichen Ordnung, in der jeder seinen Platz ausfüllen muss: Es ist das Karma der Frau dem Manne zu deinen und das Karma des Bauern für den Grundbesitzer zu schuften. Widergeburt und Karma werden zur Legitimation des ungerechten Status Quo.


    Viele vertrauen Buddha oder verehrten Lehrer darin, wie sie Karma und Wiedergeburt darlegen. Man vertraut diesen Autoritäten darin, dass bei richtiger Anwendung und Auslegung alle Nebenwirkungen vermieden werden können. Oder darin, dass die positiven Wirkunge so gross sind, dass man die Nebenwirkungen teilweise in Kauf nehmen muss.


    Andere sehen ein wörtliches Verständnis von Wiedergeburt als eine gängige Vortstellung des indischen Kulturkreises, woran Shakyamuni Buddha - weil er und seine Zuhörer diesem Kulturkreis entstammt- anknüpft. Was aber wegen der diversen Nachteil nicht unkritisch übernommen werden sollte.