Beiträge von void im Thema „Dalai Lama und Einfluss der Wissenschaften“

    kilaya:

    Diese geschickten Mittel sind also sehr konkret Werkzeuge der Bodhisattvas. Wenn also etwas wissenschaftlich nicht haltbares in einem Moment das ist, was dem Wesen hilft, dann hat die Hilfe vorrang.


    Ja, genau das mein ich. Eine Beispiel dafür findet sich im Lotus-Sutra


      Im dritten Kapitel des Lotus-Sutra wird das „Eine Fahrzeug“ mittels der Metapher der Welt als brennendes Haus erklärt. Dabei lockt der Vater (Buddha) seine im Spiel vertieften Kinder aus dem brennenden Haus, indem er ihnen sagt, er habe draußen verschiedene Wagen, je mit Ziegen, Rehen oder großen Ochsen bespannt (diese stehen für die verschiedenen Fahrzeuge) und für sie zum Spielen eigens hergerichtet. Die Kinder laufen aus dem Haus und ihr Leben ist gerettet. Nach Verlassen des Hauses verlangen die Kinder nach den ihnen versprochenen drei Wagen. Der Vater schenkt daraufhin jedem von ihnen einen prächtig verzierten, großen und weißen Ochsenwagen


    Im Mahayana geht man also- wenn es als heilsam gesehen wird- grosszügiger mit der Wahrheit um. Während sich wahrschienlich so manch einem Thervadin sich bei einem so einem Text der Mund säuerlich verzieht. Für ihn sind Rehe keine Ochsen und dem Buddha so ein Wechselspiel zum guten Zwecke unterstellen, heißt für sie den Erhabenen einen Lügenbold nennen. So extrem unterscheiden sich da die Gewichtungen.


    Im Bezug auf Wissenschaft ist das natürlich insofern wichtig, weil die ja immer sehr präzise sprechen wollen. Während der Unterschied zwischen einer Ziege und einem Ochsen als Zugtier ein rein gradueller ist ( man ist nicht betrogen weil man sogar mehr PS kriegt als man wollte) , wird das wenn man den Kontext wechselt (z.B wenn es um das Melken geht) zum echten Problem.

    fotost:

    WOW.. das ist harter Tobak.. ;) Das muß ich erst einmal verdauen.


    Womöglich hast du es anders verstanden als ich es gemeint habe. Also ich wollte jetzt da kein Verständnis von der "Zweck heiligt die Mittel" in dem Sinne unterstellen, dass man da egal was für Verbrechen tun kann, hauptsächlich es bringt einen spirituell vorwärts.


    Das hiesse ja wirklich, dem tibetische Buddhismus eine Unmenschlchkeit zu unterstellen. So meine ich das aber nicht.


    Mir ging es darum, dass die religiösen Konzepte im tibetischen Buddhismus alle rein auf den Zweck der Befreiung hin gedacht sind, und von daher von Systemen mit anderen Zielstellungen unangreifbar sind.

    Ich frage mich, was der Dalai Lama da genau meint. Während ja die klassische westliche Tradition ( sei es christliche Scholastik oder Wissenschaft) von der Suche nach der "einen Wahrheit" ausgeht, entstammt er ja einer Tradition die pragamatisch-tantrisch denkt.


    Und ist es nicht so, dass jedes Konzept da mehr oder weniger ein "geschicktes Mittel" gesehen wird? Dies erinnert an sehr moderne, wissenschaftliche Herabgehensweisen, wo man bei einem Modell nicht mehr die Frage "Ist es wahr?" sondern "Funktioniert es?" im Vordergrund steht.


    Wenn sich alles am Zweck orientiert, dann bedeutet das, das man im Bezug auf den Zweck "Welterklärung" tolerant sein kann: Wenn religiöse Vorstellungen (z.B Berg Meru) im Bezug auf das Zweck Welterklärung schlechter sind, als wissenschaftliche Konzepte, dann müssen erstere den letzteren weichen.


    Von daher frage ich mich, ob der Dalai Lama, bei der Aussage "wenn die Wissenschaft etwas als nicht-existent erkennt, muß dies auch ein Buddhist zwangsläufig als nicht-existent anerkennen" nicht implizit genau diesen "Zweck der Welterklärung" im Sinn hat?


    Aber ist die Kehrseite dieser überraschenden Toleranz nicht, dass im religiösen Bereich die religiösen Zwecke ausschlagegebend sind, also dort von wissenschaftliche Erkentnissen nicht in Frage gestellt werden können?


    Es könnten Kader der weltweit bedeutensten Anatomen auftreten und unter Eid Aussagen, dass das mit dem vielarmigen Gottheiten schultertechisch, anatomisch total unmöglich ist, was aber niemand dazu bringen würde die Thangkas "wahrheitsmässiger" umzugestalten. Man würde versichern, dass es darum nicht im geringsten geht sondern es einzig wichtig, ist dass das als Hilfsmittel auf dem Pfad funktioniert. Das Beharren auf anatomisch korrekten Schultergelenken, würde da wohl als eine Art Kleingeistigkeit abgetan.

    Die Idee dass die Erde flach ist und in ihrer Mitte der Berg Sumeru steht, gilt als wissenschaftlich wiederlegt.


      The current Dalai Lama, who has flown about the round world several times, seems to have put an end to flat earthism among Tibetans by saying the historical Buddha was wrong about the shape of the earth. However, "The purpose of the Buddha coming to this world was not to measure the circumference of the world and the distance between the earth and the moon, but rather to teach the Dharma, to liberate sentient beings, to relieve sentient beings of their sufferings."


    Also eine ganz klare Ansage, wobei er es wirklich nicht leicht hat:


      Even so, Donald Lopez recalls meeting a lama in 1977 who still held onto a belief in Mount Meru. The stubbornness of such literal beliefs in mythology is not uncommon among the religiously devout of any religion.


    Mount Meru In Buddhist Mythology


    In dem angesprochenen Buch "Buddhism and Science: a Guide for the Perplexed" scheint es genau um das von dir besprochene Thema zu gehen:


      The title is misleading. Buddhism and Science simply aims ‘to document some of the ways that Buddhism has been represented as compatible with science over the past 150 years.’
      Review


    Das Buch als PDF