Beiträge von ARYA DHARMA im Thema „Tantrayana - Bitte um Erklärung“

    Morpho:
    Losang Lamo:

    Das bezieht sich auf Tantrapraxis. Man kann das nur über die direkte Praxis wirklich verstehen.
    Vereinfacht gesagt: man geht meditativ in die Schwierigkeiten (Leidenschaften) hinein und transformiert sie. Das ist eine highe Praxis und es gibt dazu viele Missverständnisse, auch seitens vieler "sogenannter Tantrapraktizierender" (Zitat Dzongsar Khyentse Rinpoche),


    Nicht gleich wieder sauer sein, aber dass mit dem Transformieren scheint mir häufiger nicht zu klappen, denn meine Beobachtung ist, dass Leidenschaften oder Emotionen bloss einfach so "stehen bleiben". Und da kann sich doch auch ein Problem mit Neigung und Gewohnheit ergeben und dann wird man doch erst recht "blind", also das Bewusstsein ist ganz davon "besetzt". Versteht einer wovon ich rede ?


    Ja ich verstehe was du meinst. Und du hast Recht. Es gibt keine Garantie auf diesem Weg (wie auch auf keinem anderen). Es gibt Leute, denen geht es danach schlimmer wie vorher. Es kommt auch vor, dass bestehende Begierden "eingeübt" werden, so dass man sie danach noch hemmungsloser auslebt. Das kommt auch oft vor und man sollte das auch nicht unter den Teppich kehren, meine ich.

    Kurz mal noch zu dieser Seite wo du den Link her hast:


    Da wird mit Belehrungen Geld verdient, siehe:



    Dies bedeutet, du bekommst Belehrungen, wenn du 85€ hinblätterst. Als Lockmittel dienen dann solche Texte, wo die Begierde "getriggert" wird, nach dem Motto: "Wow, also kann ich noch ärger saufen usw., denn das ist auch ein buddhistischer Weg".


    Für mich ist das nichts anderes, wie auch das "westliche Tantra", auch wenn es "tibetisch-authentisch" wirkt. Würde mich nicht wundern, wenn du dann vom Meister auch eine "Chakra-Massage" bekommst oder ähnliches...natürlich nur, wenn du vorher für deine "MemberCard" 85€ gezahlt hast :?

    kilaya:
    jianwang:

    Wie erlangt man diese Erfahrung der Leere, den Mahamudra und den kühlen Kopf, wenn man mit dem Gedanken "alle Begierden, Verblendungen vergrössern" als Unwissender in die Praxis einsteigt?


    Gar nicht. Man braucht erste Erfahrungen / Verständnis der Leere und von Mahamudra u.ä. um in diesen Gedanken einzusteigen ;)


    :like:


    Ja so meinte ich das auch.

    jianwang:

    Wie erlangt man diese Erfahrung der Leere, den Mahamudra und den kühlen Kopf, wenn man mit dem Gedanken "alle Begierden, Verblendungen vergrössern" als Unwissender in die Praxis einsteigt?


    _()_


    Als vollkommen Unwissender ist diese Praxis auch nicht geeignet. Es gibt da vorbereitende Übungen, viele Gewahrseinsübungen. Man tastet sich spielerisch vor.


    Auch sollte man das nicht als Grundrezept verstehen, so dass ich immer und zu jeder Zeit wie ein Lüstling da herumlaufe. Es gibt da gewisse Zeiten dafür. Man brauch also auch hier, ein gewisses Maß an Disziplin. Es hat nichts mit dem "Ausleben aller Triebe" zu tun. Darum ist das Ganze auch ein zweischneidiges Schwert, die Praxis könnte, nicht nur sprichwörtlich, in den Wahnsinn führen. Darum haltet man meist, wie kilaya betont, diese Praxis geheim.

    kilaya:
    IkkyuSan:

    Man vergrößert die Begierde, indem man sich mit dem Objekt der Begierde auseinandersetzt bzw. sich da hineinsteigert. Dies verlangt aber einen "kühlen Kopf" und man sollte Grundlagentexte wie "Mahamudra" kennen und ansatzweise verstehen. Auch der Aspekt der Leerheit sollte klar sein. Wenn dies vorliegt, dann kann man in die Begierde hineintauchen und sie auch künstlich steigern, etwa beim Sexualakt (was dann aber schon ein Ritual wäre). Indem man die Begierde über das maximale Level hinaus hebt, erlöscht Begierde.


    Das verstehe ich und das ist das, was ich mit dem "den Bogen überspannen" meinte. Aber das ist keine Technik, die man in einem öffentlichen Text unbewanderten Leute vor den Kopf knallen sollte. Das macht sonst auch so gut wie niemand. Wenn, dann müsste es wesentlich besser erklärt sein. Gut, dass wir das hier nun wenigstens versuchen richtig einzuordnen.


    Das mit dem "veröffentlichen" ist ein Streitpunkt ja. Ich verstehe aber beide Seiten. Tantra ist nicht ungefährlich, dennoch meine ich, dass man keinen "beschneiden" sollte in seinem Drang nach Wissen, indem man alles "geheim hält". Aber wie gesagt, kann ich auch das andere gut nachvollziehen, um Menschen zu schützen, klar.

    kilaya:
    Zitat

    Die tantrische Idee liegt darin, dass Begehren, Süchte usw. auf dem Weg benutzt werden. Man arbeitet damit.


    Das ist ja absolut richtig, darüber gibt es wohl auch kein Missverständnis. Aber die Begierden vergrößern??


    Ja man vergrößert sie.


    Ich weiß jetzt nicht genau, ob man mich versteht, aber ich versuche es einmal:


    Man vergrößert die Begierde, indem man sich mit dem Objekt der Begierde auseinandersetzt bzw. sich da hineinsteigert. Dies verlangt aber einen "kühlen Kopf" und man sollte Grundlagentexte wie "Mahamudra" kennen und ansatzweise verstehen. Auch der Aspekt der Leerheit sollte klar sein. Wenn dies vorliegt, dann kann man in die Begierde hineintauchen und sie auch künstlich steigern, etwa beim Sexualakt (was dann aber schon ein Ritual wäre). Indem man die Begierde über das maximale Level hinaus hebt, erlöscht Begierde. Das hört sich widersinnig an, ist aber dennoch der Fall in der Praxis. Dies liegt daran, dass im Tantra (so wie ich ihn kenne), die "Fülle" betont wird, und nicht die "Leere". Sie sind aber untrennbar vereint. Darum gibt es eben auch diesen Ansatz, der aus der Fülle der Welt schöpft und sie als vollwertig benutzt (obschon ihre Leerheit erkannt wurde).


    Die Welt wird also letzten Endes, nicht "überwunden", sondern man geht vielmehr mitten hinein. Das Endresultat (wenn alles gut geht ;) ) ist aber das Gleiche - Einsicht in die Vergänglichkeit.

    Die tantrische Idee liegt darin, dass Begehren, Süchte usw. auf dem Weg benutzt werden. Man arbeitet damit. Es liegt darin ganz klar ein psychologischer Vorteil, anstatt Entsagung anzustreben, wenn man von der Konstitution her schwach ist (das sind viele, ich eingeschlossen). Ich kenne jedoch nur das hinduistische Tantra, habe über das Thema auch ein Buch verfasst (https://advaitababoji.wordpress.com/buch-tantra-motivation/


    Die Praxis ist nicht leicht zu verstehen, aber das liegt nur an der Gewohnheit. Wir wollen ja alle Leid verringern und dazu ist die Methode des Buddha passend (8facher Weg). Man kann sagen, Tantra hat Mitgefühl mit den Willensschwachen, die es nicht vermögen, direkt den Weg der Entsagung zu gehen. Das Kuriose ist jedoch, dass man mit dem tantrischen Weg auch letztendlich zur "Entsagung" kommt, d.h. man verringert die Anhaftungen. Doch am Anfang des tantrischen Weges ist Begehren sehr wichtig, sogar so wichtig, dass Schüler, die kein großes Begehren in sich tragen, nicht angenommen werden (in Einzelfällen natürlich).


    Ich hoffe das hilft ein wenig weiter.