Beiträge von void im Thema „Laienfrage Politik und Buddhismus“

    Frieden-und-Freude:


    Mich interessiert wirklich, was da in Dir vorgeht, wenn Du so denkst wie Du denkst.


    Ist das tatsächlich Deine Meinung, dass die Rechtfertigung der aktiven Sterbehilfe einer todkranken Katze, motiviert durch den Wunsch, das Leiden zu beenden, gleichzusetzen ist mit der Rechtfertigung von ethnischen Säuberungen und Gewaltverbrechen an Menschen?


    Also es ist doch leicht nachvollziehbar: Ich nehme an, er sieht Buddha als jemand, der Gewalt und Töten grundsätzlich verworfen hat. Und wenn die Nachfolger Buddhas darin konsequent gewesen wären, Gewalt und Töten grundsätzlich zu verwerfen, gäbe es heute nicht mehr so viel. Aber weil die Leute geschickt sind, haben sie sich alle möglichen Spezial- und Grenzfälle rausgesucht um das zu relativieren: Ist Töten vilelicht nicht ein wenig ok, um Leiden zu ersparen? Oder sollte man nicht jemand töten, um ganz viele potentielle Opfer zu retten. Und ist ein wenig foltern nicht ok, wenn es um ein Stadt geht? Und ist ein wenig Krieg nicht gut, wenn es um eine gerechte Sache geht, um Frieden, Glück und Dharma geht? Und schwupp ist die Bresche geschlagen: Die Würde des Menschen ist unatastbar ausser in den Ausnahmefällen §1- §7315. Wobei jeder Ausnahmefall einfach nur ein winziges Schrittchen weiter geht als der letzte.


    Wehret den Anfängen. Bekämpft die erste Fussnote!

    Sudhana:

    Lies Dir diesen Satz von Dir noch einmal genau durch. Leute, die hier für eine differenzierte Wahrnehmung dieses Konflikts werben, den Blick auf dessen Ursachen und Bedingungen lenken, beschimpfst Du als "sogenannte Buddhisten".


    Dann sind die "echten Buddhisten" vermutlich solche, die von dem was sie über die Sache in Myanmar hören, emotional sehr bewegt sind. Und sich dann aus dieser Ergriffenheit heraus in die Opfer einfühlen und sich voll Abscheu gegen die hartherzig Vertreibung fordernden buddhitischen Mönche wenden.


    Und wenn dann jemand eher sachlich kühl und differenziert anyalysieren, wie da das eine zum anderen führt, ensteht Eindruck, da reden nicht Menschen über Menschen sondern Forscher über Insektenstaaten. So jemand als "sogenannten Buddhisten" abzuwerten bedeutet ja, dass man Buddhismus mit einem direkten, emotionsgesteuerten Herangehesnweise "vom Herz" assoziiert.

    Doris Rasevic-Benz:

    Es geht nicht nur um das Militär, sondern auch um Psychologie.
    Man hat so einen gemeinsamem Feind, der zur Bildung einer nationalen Identität dient und damit von vielen Missständen ablenkt.


    Ein Freund von mir war früher in der Amnesty Gruppe für Birma. Und ich fand es damals krass zu erfahren, dass damals die Regierung nur rund die Hälfte des Terretorium kontrollierte und sich an den Rändern so Kleinstaaten wie der Karen-Staat oder der Shan-Staat. Inzwischen sind diese Gebiete zwar alle Teile eines einheitlichen Staates aber eben nur durch enormes Blutvergiessen.


    Ich schätze das Land ist immer noch so ein Flickenteppich, der einerseits durch die Gewaltdrohung der Zentralgewalt zusammen gehalten wird. Und dadurch, dass bis auf die christliche Hälfte der Karen und eben die Rohingya alle Buddhisten sind.


    Ich kann mir vorstellen, das für einen hochrangigen Militär Toleranz gegenüber Minderheiten nichts ist, von dem alle Beteiligten proftieren sondern etwas, was in sich den Keim für Spaltung und Zerfall trägt. Während der Widerstand gegen die Minderheit dazu dienen kann, den Rest des Landes zusammen zu schweissen. Was aber ja ein ziemlich zynisches Machtkalkül ist.

    Sherab Yönten:

    Es könnte sein, dass sie dies bisher unterlassen hat aus Angst, dass das Militär sie wieder ins Gefängnis steckt. Man kann als Außenstehender nicht sicher sein, wie mächtig die alte Militärregierung in Myanmar heutzutage noch ist.


    Myanmar hat eine sehr militärfreundliche Verfassung, die dem Militär 25 Prozent der Parlamentsitze garantiert. Und der Oberkommandierende der Streitkräfte General Min Aung Hlaing, dem diese Militärs unterstehen, sagte, dass sich an dieser Verfassung nichts ändern wird. Er sieht die die Rohingya als bengalische Terroristen.


    Villeicht ist es ja ähnlich wie in der Türkei früher? Dort brauchten die Militärs ja den Kurden-Konflikt um einerseits zu rechtfertigen, dass es so ein grosses und teures Militär gibt und dass zweitens solchen Einfluss auf die Politik und Gesellschaft hat. Und auch in Myanmar wo ja das Militär früher den ganzen Staat krontrollierte, ist es noch immer übermächtig. Das Militär kontrolliert immer noch ganze Industrien und hat sich hundertausende von Zwangsarabiter rekrutiert. Ohne einen Konflikt braucht es nicht so viel, teures und mächtiges Militär.

    Also es bedeutet einfach Zustimmung so wie in " :like: "


    Es ist ein Terminus Technicus aus dem Hip Hop Jargon:

      Word (oder auch: „Wort drauf“) – dies ist entweder eine Kurzform für „Ich schwöre“, wenn man eine eigene Aussage damit abschließt, oder eine Zustimmung oder ein Beipflichten, wenn ein anderer eine Aussage damit kommentiert. Oft auch „Word Up“ (z. B.: „Word up dog!“ – „Genau Alter!“ oder „Word Is Bond [Son]“). Als Frage betont am Ende einer eigenen Aussage auch die Bitte um Zustimmung
      Hip-Hop-Jargon


    Ich nehme an, dass "wörd" da einfach nur eine Eindeutschung ist (da wäre ja "Wort" eher passend) sondern das da der deutsch-türkische Kiez Ausdruck "Ich schwör" mit eingeflossen ist, das wiederum eine Eindeutschung des türkisch/arabischen "Wallah" ist.

    Frieden-und-Freude:

    Gerechtfertigt und relativiert wurde das zustimmende bzw akzeptierende Verhalten der Sangha in Myanmar mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit, sich als Sangha mit den militärisch Herrschenden zu arrangieren. Das wiederum wurde auf Buddha selbst zurückgeführt, der eine entsprechende Realpolitik betrieben habe.


    Also ich empfinde die Idee das man in Buddhas Namen ethnische Säuberungen durchführt als schrecklich. Etwas was zur Befreiung von Gier und Hass führen soll, wird zum Mäntelchen für übelste rassistische Hetzte.


    Deswegen habe ich mich in obenstehenden gefragt, wie es dazu kommen konnte, dass Herrschaft und Buddhismus sich in unguter Weise zu sowas wie einer"buddhistischen Identität" werden können, in deren Namen dann andere verfolgt und vertrieben werden können. Viel wichtiger als jetzt da die Täter moralisch zu verurteilen ( das die Vorgänge in Myanmar schrecklich sind, liet ja auf der Hand) ist es es für mich, Ursachen und Strukturen zu finden, die derelei ermöglichen.


    Aber du legst mir das so aus, als rechtfertige oder legitimiere ich dadurch Gewalt aus Ausbeutung. So als sehe ich diese Täter als Buddhisten und suche Argumente um ihre Untaten herunterzuspielen. Das ist ja ein ganz unsäglicher Vorwurf und ich empfinde das als tiefe Beleidgung.

    Frieden-und-Freude:

    Möchtest du damit sagen, dass die Mönche in Myanmar, die das aktuelle Vorgehen des Militärs unterstützen und legitimieren, in guter alter buddhistischer Tradition stehen?


    Ich denke, das die meisten Mönche in Mynamar Gewalt nicht befürworten. Und so in einer "guten alten Tradition stehen".


    Im Bezug auf den Kommunismus gefällt mir der Begriff vom "Real existierenden Sozialismus", bei dem man nicht so sehr die tollen Ideale betrachtet, sondern eben so das, was in der Interaktion mit der Welt daraus geworden ist. So gibt es neben eine Geschichte die von den Idealen des Buddhismus und ihrer Umsetzung handelt auch eine Geschichte des "Real existierenden Buddhismus".


    Es ist im Grunde ein Dilemma: Was wäre denn passiert, wenn sich Buddha und seine Nachfolger nicht darum gekümmert hätten, sich mit den Gegenbenheiten zu arranieren und sich um Förderung durch Mächtige zu bemühen? Der Buddhismus wäre wohl bald verschwunden. Menschen wären gekommen, die Mönche hätten werden wollen, aber ohne Förderung keine Grundlage gehabt hätten.


    Nur als "real exitierender Buddhismus" der immer wieder Kompromisse zwischen seiner eigentlichen Aufgabe und der Anpassung an gesellschaftliche Verhältnisse einging, konnte er überleben. Paradoxerweise braucht auch der Buddhismus um zu bestehen (wie alles was bestehen will) ein Anhaften an der Struktur. Während der einzelne sein Ego aufgeben soll, sollen Dharma und Sangha möglichst bewahrt werden. Was manchmal einen Preis erfordert, den ab und zu auch andere zahlen.


    Die Kompromisse haben ihre Schattenseite. Zwar ist es schön, einen Herrscher zu haben, der einem ein Gelände für ein neues Kloster zu Verfügung stellt und mithilft zusätzliche Mönche zu ernähren. Aber das fordert seinen Preis, indem man den Herrscher vielleicht auch dann legitmiert, wenn er es überhaupt nicht verdient hat. Und dann Feldzüge nicht dazu führen, das Land zu befrieden sondern im Gegenteil Unglück und Unterdrückung verursachen.

    Also die Aufgabe, die man vor sich hat, wenn man ein Reich führen will, sind andere als die, die sich ein buddhitischer Mönch stellt - also Befreiung zu erlangen.


    Zu Buddhas Zeiten, war die Führung eines Reichs meist die Aufgabe des Königs und es wurde zwar betont, dass man als König wenn es möglich war, auf friedliche Mittel zurückgreifen sollte, also z.B eine gute Heiratspolitik statt Krieg, aber genauso wurde gesehen, dass das Handwerk des König manchmal Krieg, Eroberung und Unterdrückung von Minderheiten mit einschloss. Viellleicht so, wie man als Bauer nicht bestehen konnte, wenn man nicht mal grob mit seinen Zugtieren und Nutztieren umging. Gleichzeitig wurde anerkannt, dass die Tätigkeit des Königs ja nicht nur aus Privatinteresse erfolgte, sondern eben all den Menschen im Reich, so eben auch den Ordinierten zugute kam. Indem in dem Herrschaftbereich Dharma und Sangha blühte, war das was der Herrscher machte, ja irgendwie heilsam und mitfühlend auch wenn es für Aussensthendes so leicht nach Massaker aussah. Ein schmerzvolles Dilemma, aus dem man sich nur schwer rauswinden kann.


    Auch der Erhabene selbst hatte ja die Gesellschaft von Königen nicht verschmäht. So pflegte Buddha zu König Bimbisara enge Beziehungen und gab ihm Ratschläge. Auch wenn Bimbisara auch natürlich Eroberungsfeldzüge durchführte, wie das für Könige damals normal war. Dafür war Bimbisara eine Förderer der buddhitischen Sangha.


    Aus dieser Konstallation "Beschützer der Sangha" - "Mässigender buddhitischer Berater" ergab sich mit Kaiser Ashoka die Figur des Chakravartin, des "idealen, umfassenden Herrscher, der in Orientierung am Dharma ethisch und gütig über die gesamte Welt herrscht". Und so wie man heute oft mal präventiv Friedennobelpreise veleiht, in der Hoffnung derjenige würde so zu einem Leuchtturm des Friedens, war man geneigt qasi jeden Herrscher erstmal als "Chakravartin" zu sehen.


    Und diese Idee wirkte in der Geschichte Myanmars fort:


      The Konbaung Dynasty was an absolute monarchy. As in the rest of Southeast Asia, the traditional concept of kingship aspired to the Chakravartin (Universal Monarchs) creating their own mandala or field of power within the Jambudipa universe, along with the possession of the white elephant which allowed them to assume the title Hsinbyushin or Hsinbyumyashin (Lord of the White Elephants), played a significant role in their endeavours. Of more earthly importance was the historical threat of periodic raids and aiding of internal rebellions as well as invasion and imposition of overlordship from the neighbouring kingdoms of the Mon, Tai Shans and Manipuris

    Konbaung Dynasty


    Das Land wurde also als eine Art Mandala gesehen, als ein heiliger Bereich der Ordnung, den es gegen all die dämonischen Kräfte der Unordnung zu verteidigen galt.( Auch damals gab es ja dort, wo heute die Rohingya leben, den Arakan-Staat, der damals von der Zentralgewalt bekämpft wurde. )


    Über die "Chakravartin" und Mandala-Idee vermischten sich buddhitisches Denken und Herrschaftsdenken. Es geht darum, das Zentrum des Mandalas, den Bereich der Ordnung, des Heilsamen und Guten gegen die Kräfte von Zerfall, Unordnung und Schwächung des Dharmas zu verteidigen.


    Über die "Chakravartin" Idee galten die Herrscher als Schützer des Buddhismus, während er dann widerum über die buddhistische Legitimierung froh sein konnte. Dies führte sich in Myanmar bis hin zu der blutigen Militärherrschaft fort und auch einige ranghöhe Militärs hatten buddhitische Berater.