Beiträge von Schroedinger im Thema „Ohrfeigen im Zen“

    Sudhana:

    - so weit ich Dich kenne, scheint Dein Ding eher das An-der-Nase-herumführen als das In-die-Nase-zwicken zu sein. Ist ja auch in Ordnung, übe mich selbst gelegentlich darin. Notfalls führe ich mich sogar selbst an der Nase herum.


    ()


    Ist sich selbst an der Nase herum führen nicht dasselbe wie in Illusionen sich verstricken? Du hast schon recht, ich würde nie jemand in die Nase kneifen, vielleicht in den Arm. Einfach weil ich meistens nicht bis zur Nase heran reiche.
    Ich eigne mich recht gut als Trick- und Taschendieb.

    Sudhana:
    Tychiades:

    Es ist aber durchaus nötig, deutlich zu werden und entschieden gegen etwas aufzutreten. Z.B. gegen Ohrfeigen und gegen Beschönigung.

    Daher die Frage, welche Art Teeschale man im Süden benutzt. Mujaku wusste keine Antwort. Der konnte sich halt nicht in einem Internetforum kundig machen. :D


    ()


    Ich kann dir auch nicht in einem Internetforum in die Nase kneifen. Das ist eben ein begrenztes Medium. Daher gilt fürs Zen und anderes immer noch ganz traditionell von Angesicht zu Angesicht. :)

    Holzklotz:


    Bezogen auf den Thread ist Mujaku für mich derjenige, der sich vor dem Verfall der Tradition fürchtet und vielleicht auch daran klebt und Manjusri hält dagegen, dass man hier nicht in Kategorien von Traditionstreue denken muss, weil das, worauf die Traditionen aufbauen jede Tradition übersteigt.


    Mujaku repräsentiert die phänomenale Wirklichkeit, in der es Verfall und Aufbau gibt und das sieht er. Normalerweise könnte er Manjushri nicht sehen, denn diese Ebene ist nicht sichtbar, sondern die Phänomene SIND dies. D.h. Mujakus Auge ist nicht geöffnet und es mangelt ihm an Vertrauen. Bei Gundert findet man die ganze Geschichte, in der Manjushri für den Mujaku im Dialog eine Zauberwelt aufbaut, also Kulissen. Und so ist ja unsere Welt - letztlich Kulisse, Traum ...
    Tradition ist dann Teil dieser Kulisse.
    Dennoch haben wir die Aufgabe dies zu tragen - die Robe, die Schale, den ganzen Plunder - aber wissen, dass es nur Traum ist. Und so ist es auch mit dem Verfall der Tradition. Deshalb gibt es dann auch keinen Gewinn und keinen Verlust, keine Angst und keinen Stolz.
    Und genau deshalb haben wir immer auch die Wahl, welche Elemente wir fallen lassen, und welche wir pflegen. Ohrfeigen und Kyusaku - kann man und sollte man fallen lassen. Es ist aber durchaus nötig, deutlich zu werden und entschieden gegen etwas aufzutreten. Z.B. gegen Ohrfeigen und gegen Beschönigung.


    Zitat


    Ich fand den Koan an dieser Stelle einfach passend und hab ihn mal rein geworfen.


    Haha.
    Wie war das mit der Ernsthaftigkeit?

    Holzklotz:

    Vielleicht müssen wir einfach Fall 35 im Hekiganroku lösen :)


    Wir müssen garnichts. Und Koan werden nicht "gelöst" - sondern ausgelotet. Der Schüler erhält im Rahmen seines Koan-Studiums ein Koan von seinem Lehrer und wenn der Lehrer es ihm wieder abnimmt, kann er mit dem nächsten Koan weiter machen und dieses ausloten. Ich hoffe du weisst was ausloten bedeutet.


    Was der Fall 35 nun mit dem thread hier zu tun hat, weisst du wohl selbst und vielleicht erklärst du es uns hier auch mal.


    Ich vermute, dir ist nicht klar, was die Antwort von Manjushri an Mujaku bedeutet und was überhaupt dieser Dialog meint. Wofür steht denn Manjushri und wofür steht Mujaku?

    Holzklotz:

    Vielleicht müssen wir einfach Fall 35 im Hekiganroku lösen :)

    Hekiganroku:

    Manjusri fragte Mujaku: “Woher bist du gekommen?” Mujaku sagte: “Vom Süden.” Manjusri sagte: “Wie wird der buddhistische Dharma im Süden aufrechterhalten?” Mujaku sagte: “Die Mönche der Zeit des zerfallenden Dharmas befolgen die Gebote ein wenig.” Manjusri sagte: “Wie viele Mönche gibt es dort?” Mujaku sagte: “Mal dreihundert, mal fünfhundert.”
    Mujaku fragte Manjusri: “Wie wird der Dharma hier aufrechterhalten?” Manjusri sagte: “Weltliche und Heilige wohnen zusammen, Drachen und Schlangen gemischt beisammen.” Mujaku sagte: “Wie viele Mönche gibt es hier?” Manjusri sagte: “Vorne drei drei, hinten drei drei.”


    Wie viele sind denn wir?


    Ich will im Nachtrag doch noch auf die Punkte eingehen.


    1. das wissenschaftliche Weltbild ist auch nur ein Weltbild und es geht um die Aufgabe aller Weltbilder und genau die Erkenntnis, dass es bloß Bilder sind. Daher muss sich da garnichts einpassen.


    2. der "Träger" ist Buddha, Dharma und Sangha - da gibt es keine Bevorzugung und wenn man da was nennen möchte, dann würde ich die Übung nennen. In der Übung sind die drei Kostbarkeiten integriert.


    3. Zwischen krank und nicht-krank gibt es keine klare Trennung, aber es gibt eben Professionalisierung und Stümperei. Und wenn da einer, der keine Ausbildung in Psychotherapier hat, meint es reiche Weiterbildung, der rutscht auf die Ebene der Scharlatanerie ab - da sind wir dann bei den Sekten.


    4. Das kannste knicken - entweder man hat sich nicht messbar selbst erkannt und ernannt - oder man steht in einer Tradition, die einen ernannt hat und letztlich ist Erfahrung immer Schnee von gestern. Kann keiner rüber retten in was auch immer. Muss immer neu erfahren werden. Und wieder abgelegt.


    5. Jung - klar. Der Weg kann immer nur vom Einzelnen gegangen werden, es kann da keiner für einen anderen gehen. Das ist banal. Aber es ist eben kein individueller Weg. Ein Indiviuum gibt es nicht, sondern nur eine Vorstellung davon.


    6. Gemeinschaft bildet sich durch ein gemeinsames Tun heraus - und das ist das Gehen des Weges. Da lässt sich nichts fördern.


    7. Humor ist, wenn man trotzdem lacht.

    Holzklotz:

    Ich habe den Vortrag jetzt endlich auch mal bis zum Schluss angeschaut. Da er ja über eine Stunde geht und sich das vmtl. nicht jeder antun will (obwohl er sehr sehenswert ist) will ich mal eine Kurzzusammenfassung probieren:


    Laut Brück gibt es DIE Zen-Tradition überhaupt nicht. Zen Lehrer waren schon immer unangepasste Querköpfe. Brück nennt mehrere Punkte, die für die Umgestaltung des Zen im Westen von Bedeutung sind und als Leitplanken verstanden werden können:


    Danke, dass du dir die Mühe gemacht hast und uns das hier zusammen fasst.


    Leider sagt vBrück nicht, was für einen Traditionsbegriff er hat. So ist das bloß ein Wunschbild. Man sollte ja schon mal unterscheiden, zwischen den Dingen, die über die Jahrhunderte als Überlieferung (Tradition) übrig geblieben sind und solchen Dingen, die letztlich aus der Erinnerung verschwunden sind. Das ist im übrigen auch die Aufgabe einer institutionellen Tradition - auszuwählen was bleibt und was vergeht. Das ist aber letztlich nicht das, was dann tatsächlich übrig bleibt.
    Dann ist es natürlich auch eine Frage, ob das, was sichtbar übrigbleibt auch tatsächlich das tragende Element des Zen-Buddhismus ist. Ich denke wohl eher nicht.
    Ich unterscheide hier lieber zwischen den vielen Menschen, die Zen durch ihre Praxis wie ein Feuer gehütet und ernährt haben und den Menschen, die mit charismatischer Begabung hin und wieder das schwelende Feuer entfacht haben. Aber Feuer braucht Nahrung, und das sind die unzähligen Mönche und Nonnen, Menschen eben, die sich ernsthaft und unermüdlich der Übung hingeben.
    Und dann gibt es ebenso viele, die die ganzen Schriften übersetzt und erhalten haben. Ohne diese, gäbe es auch keinen Mahayana.
    Das halte ich für Tradition. Und diese Tradition hat als Anfang das Leiden und den Wunsch nach Erlösung davon.

    Cfant:

    Da ich keinen Lehrer habe, kann ich das nicht wirklich beurteilen. Ich vermute aber, dass man auch zB Medidationsanweisungen, deren Sinn sich mir (noch) nicht erschließt, als "Anweisungen" sehen könnte. Aber ich wollte eigentlich darauf hinaus, dass man immer auch eine Restverantwortung - auch sich selber gegenüber - hat, ab wann man sich verweigert.


    Da gibt es einen Unterschied zwischen Anweisung und Unterweisung.
    Der Zendo-Leiter kann dich anweisen, die Schuhe auszuziehen und sie an einen dafür bestimmten Platz zu stellen. Wie das gemacht wird, das ist dann Unterweisung.
    Wenn du den Anweisungen nicht folgst, darfst du nicht ins Zendo.
    Folgst du den Unterweisungen nicht, dann wirst du wiederholt unterwiesen, bis es dann mal klappt.

    Cfant:

    Ich verstehe den Allgemeinheitsanspruch hier nicht. Klar "unterwerfe" ich mich den Anweisungen des Lehrers, aber doch nicht absolut.


    Das ist ein schiefes Verständnis der Lehrer/Schüler-Beziehung im Buddhismus und Zen. Da kann es keine Anweisungen geben, sondern nur Vorbild und Nachahmung bzw. gemeinsame Übung des Weges. Das ist also kein hierarchisches Verhältnis, wie im Betrieb mit seinem Direktionsrecht des Vorgesetzen. Der Vergleich ist also sachlich falsch.
    Anders ist es in einer Mönchsgemeinschaft. Da ist der Abt dem Vorgesetzten durchaus gleich anzusehen und es gibt da natürlich im Kloster eine Hierarchie.
    Aber in Laiengemeinschaften halte ich das für ein Gehabe, das man hier nicht pflegen sollte. Wenn es doch getan wird, dann sind das Sektengemeinschaften, die intransparent bleiben wollen.

    Ohrfeigen im Zen kenne ich nicht.

    Es wäre auch ein Grund so jemanden anzuzeigen, denn es erfüllt den Tatbestand der Körperverletzung und ist zudem ein Mißbrauch und eine Ausnutzung eines Abhängigkeitsverhältnisses.


    Aus diesem Grund bittet man auch durch Gassho um den Kyusaku.