Frieden-und-Freude:
Schön, dass Ihr Euch offenbar einig seid im Glauben. Aber wisst Ihr auch, was Ihr da eigentlich glaubt?
Wenn ja, könnt Ihr folgende drei Fragen sicherlich beantworten:
1. Was genau wird wiedergeboren?
2. Wie geht das vonstatten?
3. Wie kann das, was wiedergeboren wird, "Ich" sein, ohne dass es dieses "Ich" überhaupt gibt?
Zu sagen, die wiedergeborene Person sei weder identisch mit der verstorbenen noch davon verschieden, löst ja das Problem nicht, in welchem Sinn hier überhaupt von Wiedergeburt oder Wiederkehr gesprochen werden kann.
Es muss zumindest eine Teilidentität zwischen verstorbener und neu geborener Person behauptet werden.
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Glaube - das hat so einen Beigeschmack aus dem christlichen Weltbild, wo der bedingungslose Glaube an den Sohn Gottes das Wesentliche ist.
Dass der Buddha Wiedergeburt gelehrt hat steht außer Frage, sogar die Religionswissenschaft widerspricht dem nicht. Allerdings hat er einen praktischen Weg zur Befreiung gelehrt, den jeder gehen kann der dazu imstande ist. Ob es dabei zur Erinnerung an eigene vergangene Leben und dem Sehen des Körperwechsels bei anderen kommt, hängt nach der Lehre ab von den erworbenen Fähigkeiten und dem Wunsch danach. Überliefert ist auch dass dies beim Buddha selber die Schau in der ersten und zweiten Nachtwache seiner Erleuchtung unter dem Bodhibaum war.
Man muss ihm das ja nicht glauben, aber es gibt meines Erachtens keinen zwingenden Grund, die Lehre der Wiedergeburt von vornherein zurückzuweisen. Deine obigen drei Fragen werden in den Lehrreden nicht so präzise beantwortet wie sie gestellt sind. Im Abhidhamma wird es genau beschrieben, was allerdings ein Studium erfordert. Grundsätzlich ist es so, dass Bewusstsein nicht etwas Statisches oder Beständiges ist, sondern wie eine Kette oder ein Strom mit ununterbrochen sich fortsetzenden, ständig neu entstehenden und vergehenden Bewusstseinsmomenten. Dazu gibt es genaue Beschreibungen verschiedener Bewusstseinsarten mit ihren Funktionen. Gemäß der Fragestellung sei hier nur das Paṭisandhicitta erwähnt, das verbindende oder Wiedergeburtsbewusstsein. Es ist das allererste Bewusstsein eines neuen Lebewesens, das das alte mit dem neuen Leben verbindet und das direkte Resultat (vipāka) unseres Kamma aus dem alten Leben ist.
Für einen ersten groben Überblick: http://www.abhidhamma.de/txt_A…page=13&zoom=auto,-82,312
Ein Auszug daraus:
Zitat
Die karmische Energie verbunden mit dem kamma, kamma-nimitta oder gati-nimitta verursacht sofort nach dem Tod (cuti-citta) die Wiedergeburt. Der allererste Beginn eines neuen Lebewesens, eines Embryos, ist das „kalala“, das ein direktes Produkt des kamma aus dem Vorleben ist und bereits aus nāma und rūpa besteht. Der geistige Teil (nāma) des kalala besteht aus dem Wiedergeburtsbewusstsein (paṭisandhicitta),
bei uns „normalen“ 6 Menschen eine der acht schönen resultierenden Bewusstseinsarten
der Sinneswelt (kāma sobhana vipāka cittas), auch großen resultierenden Bewusstseinsarten (mahāvipāka cittas) genannt, zusammen mit den begleitenden Geistesfaktoren (cetasikas), von denen bis zu 33 assoziiert sind. Das erste geistige Molekul ist da und entwickelt sich prozesshaft weiter.
Der materielle Teil (rūpa) des kalala besteht aus allerersten karmagezeugten materiellen Qualitaten (kammaja rūpa), das sind die materiellen Gruppen (kalāpa) um die Herzbasis (hadaya-vatthu), um den sensitiven Korper (kāya-pasāda) und um die Geschlechtsanlage (bhāva). Alle andere karmagezeugte Materie entwickelt sich erst spater, wie das sensitive Auge, Ohr, Nase und Zunge.
Im Indaka-Sutta des Saṃyutta-Nikāya (S 10.1) ist die Erzeugung des kalala erwähnt und die weitere Entwicklung des Embryo bis zum funktionsfahigen Lebewesen. Der Abhidhamma kann dies belegen und genau erklären, wie und warum die Entwicklung stattfindet.
Ich bin da allerdings kein Fachmann und kann Detailfragen nicht beantworten. Es genügt mir zu grundlegender Erklärung einstweilen die ununterbrochene Kette von Bewusstseinsmomenten mit der Weitergabe von Informationen - da ist nichts Feststehendes das Wiedergeboren wird. Das ist nachvollziehbar: Ein Bewusstseinsmoment stößt den Nächsten an und mit der gegenwärtigen Ich-Vorstellung entsteht der fälschliche Eindruck, das vorher (in vergangenen Lebensphasen) war auch ich, der sich im Jetzigen fortsetzt. So erleben wir es, und ich sehe keinen Grund die Darlegung grundsätzlich abzulehnen, dass sich diese Kette ununterbrochen durch das Samsara in verschiedenen Daseinsformen fortsetzt, solange es Begehren und Unwissen gibt.