Baika:Die, die sich im Frühbuddhismus verorten, werden hier wohl Widerspruch einlegen und Buddhas Worten generell einen Absolutheitsanspruch verleihen, könnte ich mir vorstellen.
Bin ohnehin gespannt, welchen Wert die sogenannten „Frühbuddhisten“ der „Kommentarliteratur“ beimessen?
Hier noch eine Ergänzung: zwar lesen die sog. ¨Frühbuddhisten¨ wenigstens das Öriginal, sprich den PK, es gibt sogar welche, die historisch-kritischen Kommentare ihrer eigenen Mönchs-¨Gelehrten¨ zur Kenntnis nehmen, aber was an den richtigen Universitäten, also bei den Indologen abgeht, das fürchten sie offenbar wie der Teufel das Weihwasser.
Es ist wohl nicht übertrieben zu sagen, dass sich der Buddhismus, und zwar in nicht sehr vorteilhaften Gemeinsamkeit mit dem Islam, in einer voraufklärerischen Phase befindet.
Ich bin gerade auf Johannes Bronkhorst aufmerksam genacht worden, wirklich ein Gewinn mal reinzuschauen - was ich auch nicht jeden Tag tue - aber dabei bekommt man ein gutes Gefühl, in welchem Umfang der ¨normale Buddhist¨ mit garadezu kindlicher Naivität geschlagen ist. Ich meine das in keinster Weise despektierlich, es zeigt einfach den Grad des persönlichen Leidens an, und wie sehr man den Ort, der dieses Leiden zu lindern scheint, unbewußt zu schützen sucht.
ZitatWer oder was macht aus der „einfachen Kommentarliteratur“ das „große Werk eines Meisters“? Du nennst als Kriterien eine gewisse Authentizität, die sich aus der Praxis und Textstudium zusammensetzt? Was muss das „große Werk“ noch beinhalten, um als solches anerkannt und gewürdigt werden zu können? Neue Sichtweisen aufzeigen, anderen Aspekten der Lehre mehr Wert zuordnen (Werteverschiebung)? Könnten das weitere Zutaten sein, die ein „großes Werk“ bräuchte?
Große Werke sind an den aktuellen Diskussionen ihrer Zeit orientiert, die aber zugleich zeitlos sind, also über die Jahrhunderte immer wieder auftreten. Sie finden einen Weg mit inhaltlicher und sprachlicher Originalität aktuellen und immer wieder drohenden Fehlentwicklungen zu entgegnen. Sie haben dabei relativ wenig Erbauliches zu liefern - was ihre Rezeption idR nicht grad einfach macht.
ZitatDas klingt jetzt nach einer praktischen Erfahrung, nicht nach Texten, die das „Feuer entfacht haben“? Habe ich Dich da richtig verstanden?
Richtig, wäre mir nicht im Traum eingefallen, in irgendwelchen religiösen Texten, überhaupt in Religion nach Antworten zu suchen, die ich schon nicht im Weltlichen nicht gefunden habe.
Nur das persönliche Beispiel hat mich angezogen und das war auch völlig ausreichend.
ZitatDas überrascht mich. Als Zen-Praktizierender, hätte ich da eher an das Erlernen der japanischen Sprache gedacht? Aber so wie ich Dich verstehe, erfolgte Dein Einstieg über den Palikanon.
Nein, der früheste literarische Einstieg war das Hekiganroku in der Übersetzung von W.Gundert, das zu diesem Zeitpunkt schon 15 Jahre ungelesen im Bücherregal verstaubt war. Ziemlich irre als ich später erfuhr, dass meinem Ordensgründer zugeschrieben wird, es von China nach Japan gebracht zu haben.
Das war mir vom sprachlichen Ausdruck natürlich erstmal völlig fremd, aber hatte aber irgendwie das Gefühl inhaltlicher Resonanz.
Das Pali-Ding hab ich allein wegen der scheinbar inhaltlichen Dissonanz gemacht. Ich bin da so ein ¨Dr.House-Typ¨, der erst zur Hochform auflaufen kann, wenn es genügend Widerspruch gibt.
Die meisten Zen-Klassiker sind übrigens in Chinesisch, das Shobogenzo in Alt-Japanisch - man merkt schnell, das ist einfach ne völlig andere Liga, als das zur indoeuropäischen Sprachfamilie gehörende Pali.
ZitatZu meiner Frage, ob man eine Reihenfolge empfehlen kann bezüglich was man zuerst (großes Werk/Klassiker oder die dazugehörige Kommentarliteratur) lesen sollte, würde ich aus Deinen Worten ableiten: Die Reihenfolge ist egal, wichtiger ist beides/alles zu lesen und zu „vergleichen“. Kannst Du dem so zustimmen?
Meine Empfehlung: sich wirklich mit den Originalen zu befassen, oder eben zumindest mit den Werken ¨alter Meister¨ und sich dabei nicht auf die Einlassungen moderner Kommentatoren zu verlassen, die es einem nur scheinbar einfacher machen, sich da durchzufitzen.
Man kann sich da zunächst ruhig auf ein kleines Stückchen konzentieren, vielleicht ist das auch gut genug für ein ganzes Leben. Bei mir ist es der Genjokoan, aber ich konnte mich darin schon halbwegs frei bewegen, bevor ich den genialen Kommentar meines ersten Lehrers dazu las.
Man kann natürlich grundsätzlich fragen, ob man das überhaupt braucht - nein selbstverständlich nicht. Mein jetziger Lehrer meinte bei unserer ersten Begegnung vor ca 10 Jahren ¨Ja, auch das Shobogenzo braucht kein Mensch¨ - und jetzt hat er dazu ein ¨Handbuch¨ geschrieben . Man kann auch nur einfach seine ¨Praxis¨ machen und gucken, wohin das führt. Aber wirklich gucken! Ich mein, wenn man nach 10 Jahren oder so im Grunde noch ebenso empfindsam, ablehnend oder ausblendend also im Wentlichen angepißt, auf die drängende Welt mit all ihrem Widerspruch zu den eigenen Wunschvorstellungen reagiert, sollte es zu der Erkenntnis führen, das irgendwas wirklich schief gelaufen ist und läuft. Tuts aber meistens auch nicht.
ZitatWoran meinst Du liegt das?
Am Leiden. Gewissermaßen eine Flucht ins magische Denken.