Beiträge von void im Thema „Was ist Glück?“

    mkha':

    Ich bin der Meinung, dass diverse schwere Entscheidungen Sachlichkeit und neutrales, nicht aber von Emotionen überlagertes Denken vorauṣsetzen.


    Das ist ja eben die intuitive Sicht die man hat: Man versucht sachlich nachzudenken und dabei sind Gefühlwallungen wie Wut oder Begierde eine Störung. Weswegen man ja anehmen muss, das jemand der nicht durch Gefühl getrübt ist, vernünftiger denkt.


    Aber Descartes geht noch weiter. Er glaubte- um es böse ausdrücken- das der beste Denker so eine Art "Roboter" ist. Also jemand, der wie ein Computerprogramm anhand von logischen Folgerungen zu Schlüssen kommt.


    Damasio ist ein Neurologe und er hat Leute untersucht, bei denen die Teile des Gehirns, die für den Gefühlhaushalt zuständig sind, ausgefallen sind. Und er hat untersucht, ob diese Descartes-Meschen, dann wirklich besser denken konnten oder eher schlechter.


    Dabei kam er darauf, dass Descartes wohl das Kind mit dem Bade ausgeschüttet hat. Weil das Denken eben ein komplexer Prozess ist, bei dem dauernd auch immer "Wertungen" eine Rolle spielt. Bei jeder Tätigkeit muss man immer wieder beurteilen, ob man sich auf das Ziel hinbewegt oder wegbewegt und ob etwas wichtig oder unwichtig ist. Dies sind so subtile Prozesse, dass sie uns meistens nicht als gefühlsmässig bewusst sind.


    Der Neurologe Damasio, beobachtete nun, dass bei Erkrankungen, wo das emotionale System ausfällt die Menschen eben nicht vernünftiger wurden, sondern eben auch die subtilen Bewertungen nicht mehr möglich waren. Das konnte für die Kranken ärgerliche Auswirkungen auf ihren Alltag haben, weil sie nicht mehr zwischen wichtig und unwichtigen Sachen unterscheiden konnte und dann statt zu arbeiten, den ganzen Vormittag den Schreibtisch perfekt sortierten.


    Ich weiss nicht wie man das in buddhitischen Begriffen ausdrückt. Wahrschienlich würde das da nicht so sehr mit Emotionen bzw. Störgefühlen ) sondern eher mit dem "Willen" in Verbindung bringen. Und "Willen" - mit der Fähigkeit wichtiges von unwichtigem, zielführendes von zielhindernden zu unterschieden, braucht ja auch ein Buddha.

    Sudhana:

    Eine amüsante Satire (Danke dafür), die jedoch lediglich mit ihrem Unterhaltungswert zur Diskussion hier beiträgt. Die Unterstellung einer pathologischen Emotionsarmut ist natürlich ein bloßes argumentum ad hominem (wobei "argumentum" schon geschmeichelt ist) gegen Kants Auffassung - wollte man das ernst nehmen (wobei ich nicht denke, dass es so gemeint war), müsste man dem Text bescheinigen, nicht mehr als Polemik zu sein, die nach dem billigen Beifall derer schielt, die sich gewohnheitsmäßig der Unbequemlichkeit eines abgewogenen und begründeten Urteils entziehen.


    Karnataka bezieht sich ja implizit auf Antonio Damasios Buch "Descartes Irrtum" in dem dieser zeigt, dass Descartes Idee von Rationalität fehlerhaft ist. Descartes sieht ja Rationalität als folgerichtige, rationale Schliessen, das er exemplarisch in Euklidschen geometrischen Beweisen verwirklicht sieht - wobei Emotion nur als Störfaktor auftritt.


    Der Neurologe Damasio weist in seinem Buch nach, dass Rationalität gar nicht mechanisch und emotionslos funktionieren kann sondern Emotion eine wichtige Rolle spielen, weil denken ja auch immer werten beinhaltet. Karnataka zielt also nicht "ad hominem" und er unterstellt Kant auch nicht als Person Emotionslosigkeit. Sondern er sieht in Kant wohl jemand, der Descartes mechanischen Rationalitätsbegriff auf die Ethik anwenden will.


    Wobei ich Kant ja immer so als den grossen Idealisten gesehen habe, für den Vernunft immer auch ein abwägen ist - ein Vorgang in dem sich Schliessen, Sinneswahrnehmung und Werte ergänzen.


    Wenn ich mir "Kant beim Bäcker" vorstelle, dann in erster Linie als jemanden, der versucht, ein formvollendeter "Gentleman der alten Schule" zu sein. Jemand der anderen die Türe aufhält, schaut das hinter ihm keine Schlange ist und für den sein eignes Bedüfnis nach Brötchen gegenüber dem Respekt für andere hinten anstellt.


    Die Ethik erwächst nicht aus einer "theoretischen grünen Wiese" und auch nicht aus Glücksideen und Empfindungen, sondern dadurch dass man gemeinsam versucht einen gemeinsamen Umgang miteinander zu finden, dem man voreinander begründen kann.

    Karnataka:

    Auch der DL meint, dass es auf die richtige Motivation ankommt. Aus ihr folgen beinahe automatisch die richtigen Handlungen. Verhaltensregeln sind also gar nicht der Kern.


    Die Aufklärer ließen psychische Zustände außen vor und betrachten nur die äußerlichen Wirkungen. Damit konnten sie gegen eine religiöse Logik argumentieren, die von fiktiven oder rein geistigen positiven Wirkungen ausging.


    Denn damit, dass es rein auf die wohlwollende Motivation ankommt, kann man ja auch rechtfertigen, daß man eine Hexe verbrennt und ihren Körper zerstört um ihre ewige Seele zu retten. Ist man nur verirrt genug, folgen aus wohlwollenden Motiven eben keine guten Taten. Indem man darauf schaut, was eine Tat konkret bewirkt, kann man auch gegen "wohlwollende" Spinner argumentieren.


    Der Zusammenhang geht also nur in eine Richtung: Während es glücklich macht Gutes zu tun, ist nicht alles was ein "moralisches Glückshegühl" auslöst, deswegen gut.

    Sherab Yönten:


    Ja, Glück im buddhitischen Sinne ist immer subjektiv, nicht objektiv - auch wenn manche Institutionen wie z.B. die UN versuchen, Glück nach objektivierbaren Maßstäben zu messen. Demnach wären die Menschen in den skandinavischen Ländern angeblich am "glücklichsten".


    Anhaften bedeutet ja genau, daß das Glück von äusseren Bedingungen abhängig gemacht wird. Und je mehr das der Fall ist- man also bei Erfolg gut drauf ist und bei Mißerfolg schlecht drauf ist, ist Glück objektiv. Erst wenn Anhaftung nicht vorliegt, führt ne miese Situation nicht zu Unglück. In der Natur ist es aber ja wichtig, dass innere Zustände mit äusseren Umständen korrelieren, um das Überlebenden zu sichern. Anhaften an Glücksbedingung ist das als was sich der Drang am Leben zu bleiben äußert.


    Die UN versucht die Lebensbedingungen der Leute zu verbessern, indem sie Zugang zu sauberen Wasser und Gesundheitsversorgung und Bildung erhalten. Sollte man diesen Fokus auf die äusseren Glücksbedingungen aufgeben und die Leuten lehren, auch mit sterbenden Kindern " zufrieden" zu sein. Das wäre ja echt hart.

    Im Buddhismus gibt es gar keine getrenntes Konzept von Glück sondern es ist so, dass das Nachlassen bzw. die Abwesenheit von Dukkha als angenehm/glücklich empfunden wird. Wobei man dann natürlich dann wieder an den Umständen dieses Nachlassen anhaften kann.