Beiträge von Kaffeebohne im Thema „Gedanken über Widersprüche in Buddhas Lehre“

    Sunu:


    Ja stimmt... Das kann dann zumindest subtil zu der Annahme führen, dass zb. hungernde Kinder in Afrika " selbst" schuld sind an ihrem Elend sind.


    Selbst wenn man das annehmen würde - was würde das ändern? Der "Auftrag" an mich als Buddhist ist ja dennoch, Mitgefühl zu kultivieren. Ob das Leid nun selbstverschuldet ist oder nicht. Wenn ein Drogensüchtiger kollabiert wird er ja auch behandelt, obwohl er die Drogen ja selbst genommen hat.


    Erst der Schluss "die hungernden Kinder sind selbst schuld, drum braucht man nichts zu tun" ist problematisch - aber auch unbuddhistisch (und unchristlich und unhumanitär).

    Zitat

    Was ist Mich und was die Welt überhaupt ? Schon klar... aber sobald man dieses Mich und die Welt für sich beantwortet, dann steckt man ja schon mitten in einem Welterklärungssystem. Wie du schon sagtest, Buddhismus ist aber kein Welterklärungssystem.
    Also gehts dabei auch nicht wirklich um Mich und die Welt...
    Oder um etwas, was sich für mich oder die Welt lohnen könnte.


    Buddha lehrt die Loslösung vom Konzept des "Mich". Die hier diskutierte Frage ist aber: Wozu? ;) Ark sagt, wenn das Ich ohnehin weg ist OHNE etwas zu hinterlassen - wozu dann die Lehre?


    Anhand eines Beispiels: Es wird oft gesagt, Wiedergeburt seit wie eine Kerze (das momentane Leben). Beim Tod wird mit der Flamme eine neue Kerze entzündet. Ist die neue Flamme nun dieselbe wie vorher? Nein. Ist sie eine andere? Nein. Das wäre Buddhismus mit Wiedergeburt. Säkularer Buddhismus wäre: Man entzündet mit der Flamme einen Balken. Die Flamme erlischt beim Tod. Der Balken ist beschädigt (im Sinne von verändert).


    @Ellivral: Stimme zu. Ändert aber nichts an der Fragestellung: Wozu :)

    Sunu: Klar wirkt mein Handeln weiter, auch wenn ich tot bin, das ist ja nicht die Frage. Aber die Buddhalehre ist ja - da scheint mir Einigkeit zu herrschen - kein Welterklärungssystem und auch kein Weltveränderungs-System. Sondern ein Weg nach Innen. Ein Mich-Veränderungs-System. Was sich dann letztlich auch auf die Welt auswirkt. Falls wir uns da einig sind: Eine Lehre, die MICH lehrt, wie ich das Leiden beenden kann wird überflüssig, wenn das Leiden ohnehin von alleine endet. Ja, dem Pfad zu folgen macht das Leben vor dem Tod leichter, weil es bereits auf dem Weg das Leiden verringert. Aber darauf scheint mir die Lehre Buddhas nicht abzuzielen. Hätte Buddha einem krebskranken 80jährigen gesagt: "Ach, weißt Du, Du solltest lieber noch ein paar Wein trinken und Joints rauchen. Lohnt sich nicht mehr zu praktizieren, in ein paar Wochen bist Du tot und Dein Leiden ist eh vorbei?" :badgrin:


    @Lucy: Ein guter Ratschlag. Motiviert bin ich allerdings eh, ich wollte nur sagen, dass mir die Praxis schwerfällt. Nicht das Aufraffen, sondern das Praktizieren an sich. Der Affengeist ist dann auf Ecstasy (:

    Vielen Dank mkha'. Darüber musste ich tatsächlich erstmal nachdenken.


    Mir fällt die Praxis sehr schwer. Meditation ist für meinen Affengeist ( :nohear: ) ein anstrengender "zurück zum Atem"-Marathon. Paradoxerweise bin ich danach dennoch erholter und geerdeter. Das Nicht-Selbst nicht intellektuell, sondern als inneres Spüren zu empfinden ist mir fremd. Von Achtsam im Alltag sein und Hüter meiner Sinne sein ganz zu schweigen (etwa beim Bürotratsch nicht mitmachen oder nicht 400 Kekse zu futtern, nur weil das mein Impuls ist).


    Ich wundere mich aber immer, wenn es den Menschen hier im Forum so leicht zu fallen scheint zu praktizieren. Buddha hatte wohl eher mich im Auge, als er von "rechter Anstrengung" sprach :shock: Eventuell ändert sich diese Einstellung, wenn man in der Meditation Frieden oder Glück findet (oder was immer das erste Jhana sein mag :) )


    Zitat

    Gehe ich recht in der Annahme, Deiner Aussage Folgendes zu entnehmen (korrigiere mich, sollte ich irren): ohne lohnende Unsterblichkeit "kein Bock auf Plackerei"?


    Ich folge der Lehre des Buddha, um die Wirklichkeit besser zu erkennen. Vor allem möchte ich wissen, ob es eine Entwicklung gibt, auf die ich mich hinbewegen kann. Wenn aber der Tod das Ende des Leidens und der endgültige Ausstieg aus dem Kreislauf von Samsara ist, dann habe ich doch den Eindruck, dass 17.000 Lehrreden ein bisschen viel sind für "nehmt's locker, in ein paar Jahren habt ihr es hinter euch". Wozu dauerhafte Befreiung suchen, wenn sie von alleine kommt? Denn wenn jemand gar und überhaupt keine Entwicklung durchmacht, leidet er vielleicht eine Spur mehr als jemand der praktiziert und hat ein paar schönere Momente. Ab dem Augenblick des Todes haben aber beide den Kreislauf des Leidens verlassen. Wodurch es dann aber auch kein Kreislauf mehr ist, streng betrachtet. ;)

    Mit dem strikt säkularen Ansatz habe ich aber auch meine Probleme. Zumindest insoweit gesagt wird, die Lehre des Buddha beziehe sich nur und ausschließlich auf dieses Leben. Kurz: Wenn ich sterbe, Ofen aus.


    Damit würde man schon den reinen Wortlaut vieler Sutren einfach negieren. Ich habe kein Problem damit, wenn jemand sagt: Der Buddha hat sich geirrt. Aber hier wird ja eher der Eindruck vermittelt: Er habe sich nicht geirrt, sondern nur das nicht gemeint, was er gesagt hat. :badgrin: Dabei sagte er am Ende, er habe nichts zurückgehalten ;)


    Vor allem aber: Wenn die Lehre rein mein Leiden hier und begrenzt auf dieses Leben beenden will, warum sagt er dann nicht: "Wenn's Dir reicht mit dem Leiden, dann jag Dir ne Kugel in den Kopf". :?


    Warum die Menschen zu Anstrengungen motivieren, die nur wenige in ihrem Leben zum Abschluss bringen können? Das käme mir wenig pragmatisch vor.


    Anders gesagt: Wiedergeburt (bzw. neutraler: Das Fortwirken von Etwas) zu negieren stellt nicht die Vorzüge des Weges, doch aber die Sinnhaftigkeit großer Anstrengungen in letzter Konsequenz in Frage.

    Lieber Ark,


    über ziemlich jeden Deiner Punkte mache ich mir ziemlich ähnliche Gedanken. :) Den Pfad ernsthaft zu gehen ist sehr anstrengend und langwierig. Wenn mit dem Tod alles aus ist, wäre es schlicht sinnvoller, die Lehre Buddhas als Wellness-Tipp zu nehmen und sich das rauszusuchen, was das Leben schöner macht. Und den harten Rest zu ignorieren.


    Ich für meinen Teil, und ich "praktiziere" erst seit Kurzem (max. 2 Jahre, und auch das nicht gleich intensiv) merke, dass es mir sehr gut tut, dem Pfad zu folgen, soweit ich ihn verstehe. Ich merke auch Änderungen. Wo ich früher wütend wurde,bleibe ich nun ruhig. Das ist ein kleiner Zugewinn an Freiheit (von meinen früheren instinktiven Reaktionen).


    Ich vertraue nun, angesichts der kleinen Erfolge, dass der Buddha recht hat und es hilfreich und heilsam ist, den Weg immer intensiver zu beschreiten. Belegen kann ich es nicht und die Zweifel sind groß. Karma und Wiedergeburt sind glaub ich 2 der 4 Dinge, die der Buddha nicht richtig abschließend erklärt hat. Dazu müsse man fortgeschrittener Sein, sagte er glaube ich. Vielleicht wird es mir irgendwann klarer, aber ich denke, vorerst kann man nur Vertrauen in die Waagschale werfen.