Beiträge von void im Thema „Gedanken über Widersprüche in Buddhas Lehre“

    Ark:

    1. Wiedergeburt und Karma


    Religiöse Konzepte sind von ihrer Funktion her wichtig. Und die Funktion des Karmagedankens besteht für mich in diesen drei Wirkungen.


    • Einerseits darin, einem zu vergenwärtigen, dass das was man tut Konsuenzen hat und man deswegen beschließt, besser zu handeln.
    • Zweitens kann die Idee, dass das was einem passiert als Folge eigener vergangener Handlungen anzusehen, helfen, es geduldiger anzunehmen statt es als Schicksalschlag zu bejammern.
    • Drittens kann die Aussicht, immer wieder den eignen Mustern ausgliefert zu sein, dazu führen, dass man daraus eine Motivation für die Praxis zieht.


    In den drei Wirkungen hin zu Ethik, Geduld und Ansporn liegt die Funktion der religiösen Konzepte. Das ist ihr Sinn. (Wobei es leider so ist, dass der Karmagedanken auch Risiken und Nebenwirkungen in seiner Packungsbeilage aufweist)


    Wenn man mit den Anspruch zur Welterklärung an sie herangeht, kann das aber sehr unbefriedigend sein, weil es die Welt nicht so gut erklärt und ganz viele Fragen offen lässt.


    Ark:


    Warum hat Buddha die Wiedergeburtslehre überhaupt in ähnlicher Form aus Veden bzw. Hinduismus übernommen? Wollte er nur eine Art Druckmittel schaffen? Sehr durchdacht ist diese Lehre nämlich offenbar nicht. Das führt zu den nächsten Zweifeln:


    Die Wiedergeburtslehre war das Rückgrad des damaligen Denkens, das was bei seinen Zuhörern als Grundlage von Gesellschaftssystem und Moralsystem verankert war. Die Brachmanenkaste war ja eh schon leicht angesäuert von Buddha, weil er innerhalb seiner Sangha das Kastensystem nicht beachtete. Hätte er da die Grundlage des Weltsystems angezweifelt, hätte ihm das nur Ärger eingebracht ( man denke an Jesus) Es ging ihm darum, den konkret vor ihm stehenden einen Weg aus dem Leiden zu weisen. Und nicht darum, das Funktionieren der Welt adäquat zu beschreiben.


    Ark:

    Noch heute beschließen alle Menschen der buddhistischen Lehre zu folgen und verwenden all ihre Anstrengungen auf das Erreichen der Erleuchtung. Und tatsächlich: irgendwann sind alle Wesen auf diesem Planeten erleuchtet. Und dann?
    Findet ihr diese Vorstellung nicht auch unglaublich traurig? Wenn all das hier verschwindet? Warum ist überhaupt Leben entstanden? Waren wir einmal alle im Nirvana und nun nicht mehr? Warum nicht? Oder sollen wir alle einmal dorthin? Wird irgendwann zeitlich eng, wenn sich unser Universum weiterhin so entwickelt, wie die vorhandene Dunkle Energie es vermuten lässt.


    Buddha ging es um das konkrete Leiden: Also dass wir unglücklich sind, wenn wir nicht haben was wir wollen. Dass wir leiden, wenn wie Umstände haben, die wir nicht wollen. Dass wir unter Alter und Krankheit leiden, unter dem Verlust geliebter Mensche usw. Und wenn man selber auch vom Leiden ausgeht man Buddhismus pragmatisch Sinn. Und wenn keiner leidet ist das ja schöner, als wenn wer leidet.


    Während man, wenn man im Buddhismus so Antworten nach Aufbau und Sinn des Universums sucht, nicht so viel Glück haben wird. Wenn man wissen will, wie das Leben entstanden ist, warum nicht einem Biologen fragen. Wenn man sich für dunkle Energie interessiert, warum nicht die Physiker fragen?


    Warum zu dem "Arzt Buddha" gehen, der so eifrig am Operieren ist, das er sich nicht mal um die ihn umgebenden Schlachten/Jagden/Kriminalfälle kümmert. Warum den, der nicht mal sagen kann und will, wo so ein Pfeil herkam, über den Sinn des Universums und den Ursprung des Lebens fragen? Buddha hat das Leiden überwunden aber es ist ja nicht mal klar, ob er nicht Analphabet war.


    Ark:


    Zuletzt frage ich mich, ob ein ganz großer Teil des Buddhismus nicht einfach Aberglauben darstellt. Damit meine ich konkret das rezitieren von Mantras, die angeblichen Erscheinungen in den Bardos nach dem körperlichen Tod, das Umrunden von sprirituellen Stätten, wie z.B. des Mt. Kailash, "Regenbogenkörper" usw. usf.


    Also auch beiem "Aberglauben" und "Magie" ist ja die prinzipielle Frage: "Funktioniert es?" Führt das Umrunden eines Berges zu Seelenfrieden? Wenn es funktioniert, ist es ja eigentlich egal, ob die angebotenen Erklärungen dafür Sinn machen. Wenn ich ein gutes Medikament habe, das meine Kopfschmerzen wegmacht ist es mir egal, ob das jetzt organische Kopfschmerzen waren die durch einen biochemischen Effekt verschwanden oder ob es psychosomatische Kopfschmerzen waren, die durch ein Placebo verschwanden. Hauptsache der Schmerz ist weg.


    Berge umkreisen kann wirklich schön sein- auch normale Berge. Aber das buddhitische Weltmodell mit seinem Berg Sumeru in der Mitte ist als geographischen Modell nicht so prickelnd. Und gehört eher in die Rumpelkammer mit der Hohlwelttheorie und der Flachweltheorie.

    Ark:

    Für mich ist der Buddhismus nach wie vor das Konstrukt, dass es am wahrscheinlichsten schafft, die Realität abzubilden.


    Hallo lieber Ark,


    ich denke, diese Herangehensweise ist das eigentliche Problem. Du siehst Buddhismus als ein Konstrukt, von dem du verlangst die Realität abzubilden


    Und alle Zweifel die du hast, haben ja mit diesem Anspruch der Welterklärung zu tun. Aber Buddhas primäres Anliegen war ja eben nie die Welterklärung. Im Gegenteil: Buddha ging vom Leiden aus - davon das er merkte, dass Leiden existiert und er die Ursache dieses Leidens finden und beheben wollte. Und letzendlich ist es doch das, was wichtig ist. Wenn du leidest und das Leiden beenden willst, dann kannst du dich mit Buddha an jemanden richten, der das ganz genau durchgegangen ist.


    Wenn man durstig ist braucht man Wasser. Und denkt im allgemeinen nicht daran, ob die Farbe der Wasserflasche womöglich mit der Farbe der Hose modisch kollidiert. Oder was passiert, wenn die ganze Welt gleichzeitig Wasser trinken will, ob das nicht problematisch wäre, und wie das logistisch zu bewältigen wäre.


    Der Sinn des Buddhismus ist nicht Welterklärung. Das war niemals sein Ziel auch wenn er, weil die Leute immer nach Welterklärung und Konsistenz gestrebt haben, dann auch buddhitische Weltbilder und Kosmologien hervorgebracht hat. Das war aber eher so eine Begleiterscheinung.




      Buddha selbst ging es nicht um eine metaphysische, religiöse Erklärung der Welt sondern es ging ihm ausschließlich darum, Leid zu vermindern, das Leiden zu überwinden, und er hat deshalb metaphysische Fragen sehr bewusst aus seiner Lehre ausgeklammert: „Nicht erklärt habe ich, ob die Welt ewig oder nicht ewig, begrenzt oder unbegrenzt ist, ob Seele und Leib dasselbe oder Verschiedenes sind, ob ein Vollendeter nach dem Tode lebt oder nicht lebt. Ich habe es deshalb nicht erklärt, weil dies nicht zum Heile beiträgt, nicht einen reinen Wandel begründet, ...“ (Pāli-Kanon, Majjhimanikaya 63).


      Er erläutert dies durch das „Gleichnis vom vergifteten Pfeil“: „Nimm an, ein Mensch sei von einem vergifteten Pfeil getroffen worden und seine Freunde und Verwandten holten einen tüchtigen Wundarzt, der Verwundete aber sagte: Nicht eher will ich den Pfeil herausziehen lassen, als bis ich weiß, ob der Mensch, der mich verwundet hat, ein Adeliger oder ein Brahmane oder ein Bürger oder ein Diener ist, wie er mit Vor- und Familiennamen heißt, ... ob er einen Bogen oder eine Armbrust benutzt hat, woraus die Bogensehne bestand, ... Dieser Mensch würde sterben, bevor er all dies erfahren hätte.“ (Pāli-Kanon, Majjhimanikaya 63) Dem von einem vergifteten Pfeil getroffenen Menschen geht es zunächst nicht darum, wer der Schütze war, oder von welcher Art der Bogen, sondern ausschließlich darum, dass ihm schnell geholfen wird. Nur persönliche Erkenntnis und Erfahrung, Achtsamkeit und Meditation weisen den Weg zur Lehre des Buddha. Glaubensvorstellungen sind demgegenüber untergeordnet.
      http://www.mugaraito.de/Buddhismus/Leiden/leiden.html


    Benutz man den Buddhismus statt zur Leidüberwindung zur Welterklärung, dann ist das eine Verwendung zu einem anderen Zweck als das wofür der Buddhismus konzipiert wurde. So wie wenn man ein Schlauchboot als Schlitten benutzt um eine Piste runterzurodeln. Das geht natürlich auch und es macht auch Spaß, aber da kann man ja dann auch zu so einem Punkt kommen, wo man sich statt der verdammten Paddel eher Bremsen wünscht....


    Von daher würde ich raten, den Buddismus von der Aufgabe zu entlasten, "die Realität abzubilden" und ihn für das zu verwenden, für was er gedacht ist.

    Moderation

    Die ist ja ein sehr kritisches Thema, bei dem es schon häufig zu starken Kontroversen kam. Um eine Neuauflage zu vermeiden, bitte ich darum, dass jeder eine Antwort aus seiner Sicht (bzw der Sicht seiner Schule) auf die Fragen gibt, ohne den Antworten der anderen an dieser Stelle vehement zu widersprechen.