Beiträge von sati-zen im Thema „Kamma / Karma“

    drosterman:

    sati-zen: Das hat man auch über Nietzsche gesagt, dass er der erste Psychologe war. Tatsächlich findet sich Nietzsche's Philosophie teilweise in Buddha wieder. In der Herz- und Diamantsutra finden sich wesentliche Aspekte der Philosophie von Sartre und Wittgenstein. Die westliche Philosophie zeichnet sich leider durch eine große Ignoranz des Buddhismus aus. Das ganze wurde zu lange leichtfertig als "Mystizismus" oder "Metaphysik" abgetan und somit ignoriert. Zum Glück gibt es heutzutage Philosophen, die sich zunehmend mit Buddhismus beschäftigen und ihn ernst nehmen (z. B. Graham Priest). Andererseits hat Achtsamkeit auch längst eingang in die Psychologie gefunden und die Wirksamkeit ist experimentell bestätigt.


    Ich meinte weniger wie in der Vergangenheit mit dem Buddhismus umgegangen wurde, sondern wie
    man jetzt und hier mit Buddhas Lehre umgeht. Wenn man diese Lehre als Grundstein der Psychologie
    begreift, dann ist auch die westliche Psychologie hilfreich um Buddhas Lehre zu begreifen
    und vor allem so damit umzugehen, dass sie tatsächlich im alltäglichen Leben hilfreich ist.
    In dieser Lehre ist enthalten, dass ich nur selber entscheiden kann was gut und was schlecht
    für mich ist und diese Fähigkeit kann ich üben durch tägliches Training. Ich verstehe die
    moderne westliche Psychologie genauso, nur durch alltägliches Training kann ich erreichen
    mein Leben zu bewältigen.

    Zu was mich hier die Texte unter Karma inspiriert haben ist die Überlegung, dass man
    jenes was Buddha gemeint hat durch die heutige Psychologie rekonstruieren kann.
    Was überliefert wurde lässt den Schluss zu, dass Buddha der erste erfolgreich praktizierende
    Therapeut war und diese Erfahrungen, die vier edlen Wahrheiten, den achtfachen Weg und
    alle anderen Ausarbeitungen diese psychologischen Erkenntnisse enthalten. Wenn man nun
    die Forschung der Psychologie, im Westen seit Freud veröffentlicht am Anfang des zwanzigsten
    Jahrhunderts und seit Buddha vor 2500 Jahren, dann kann man viele Gemeinsamkeiten bis hin zu
    identischen Prozessen finden, was nicht so verwunderlich ist, die Psyche des Menschen ist seit
    Anbeginn vorhanden und sich somit Lücken aus der Überlieferung Buddhas gut schließen lassen.
    Liest man heute die buddhistische Psychologie von einigen Menschen erforscht und veröffentlicht,
    weiß man ziemlich gut was Buddha meinte und was seine spirituelle Intension war um den Umgang
    mit der erfahrenen Gemeinschaft zu beschreiben und deren Gesetzmäßigkeiten zu artikulieren.
    Mit Buddhismus und Psychologie, da spielt das Karma natürlich eine Rolle, kann man auf die
    Grundlagen des menschlichen Seins kommen und so ein Erwachen erleben.
    Was Buddha gemeint hat ist nicht so schwer nachzuvollziehen wenn man die moderne Psychologie
    versteht und im Alltag anwenden kann, man kommt so oder so auf Achtsamkeit.

    sati-zen: Du schreibst, dass eine homogene, auf Buddha ausgerichtete Gesellschaft nicht möglich ist. Dazu meine Frage: Ist es dann nicht sinnleer, eine solche anzustreben, wenn die Individuen als Träger einer solchen Gesellschaft, nicht in ihrer Gesamtheit auf dieses Ziel einzuschwören sind? Und wenn dies so ist, wozu dann das ganze Getue?[/quote]


    Genau das ist mein Problem immer wieder in der Gemeinschaft, wozu das ganze Getue glauben zu
    machen da käme jemand und würde von allem Leid befreien. Buddha hat das auch nicht behauptet,
    er hat gesagt, ich weiß was gut für mich ist und wie ich zur Erleuchtung komme.
    Das wurde dann aufgeschrieben und als allgemeine Vorgabe verbreitet, dabei kann nur jeder
    selber seinen Weg finden, das hat Buddha aus Sicht der buddhistischen Psychologie auch betont
    aber es nutzt nichts, die Leute wollen das Naturgesetz Leben und Tod überwinden und glauben
    fest daran. Da hilft nur sie das ganze sinnlose Getue machen zu lassen mit dem Ergebnis Tod
    oder ewige Wiedergeburt. Es gibt jedoch viele Menschen die aus dem Zen-Buddhismus einen
    Minimalismus ableiten können, sie lassen das Getue weg und fühlen sich mit dem Leid wohl.

    Leben bedeutet Leid, das ist nicht neu aber wenn es so ist kann man es sich bewusst machen
    und akzeptieren. Wenn das gelungen ist, ist der erste Schritt erreicht um es zu überwinden.
    Wenn man dann noch den langen Weg auf dem viele Metamorphosen nötig sind absolviert ist die
    Chance das Leid zu lindern ermöglicht. Es gibt keine Garantie, wenn Du ganz viel meditierst
    wird das Leid weniger, jedoch mit der richtigen eigenen individuellen Haltung nimmt die Chance zu.
    So ist der Umgang mit Karma eine Richtlinie auf diesem Weg, etwas was Orientierung gibt aber
    wer sich wiederum an das Karma klammert in der Hoffnung das Leid zu lindern wird auch enttäuscht.
    So verstanden ist Leid nicht etwas ekliges was man weg machen muss im Leben, sondern ein Schmerz
    der im Leben dazugehört und als ständiger Begleiter um einen ist. Um so eher mann das positiv
    akzeptiert um so eher wird das Leid verschwinden oder besser gesagt, man nimmt dieses Gefühl als
    solches nicht mehr wahr, man ist erwacht und kann sehen warum alles mit allem zusammenhäng.
    Da ist das Leiden keine Quälerei im Leben und Andere müssen es von einem abhalten, sondern der
    Schmerz ist transformiert in sehen können warum es mit dem Selbst begründet ist und hat so seine
    Angst machende Bedrohlichkeit verloren. Für gutes Karma sorgen ist ein Zwischenschritt auf diesem
    Weg aber das Wesentliche ist das gute und wohltuende Leben als leidvoll zu begreifen und sich
    dementsprechend zu verhalten.

    Da kommt das alte Beispiel wenn man nur gutes und niemals töten will ins Spiel.
    Ein Zug fährt auf einem Gleis das sich gabelt, auf der einen Seite befindet sich ein Verwandter
    und auf der anderen Seite eine fremde Familie, Du hast den Hebel für die Weichenstellung in der Hand.
    Wie fällt die Entscheidung aus? Dieses Gedankenspiel lehrt, dass wenn es um Karma geht,
    nicht immer gutes Tun die Lösung ist sondern mit auf sich genommener Schuld leben können.
    Werden und Vergehen ist ein Naturgesetz, daran kann auch das Karma nichts ändern also ist es
    positiv nicht nur das Werden gut zu finden sondern vor allem mit dem Vergehen gut leben zu können.
    Es ist somit eher die innere Haltung die gutes Karma schafft und weniger oberflächliches gut sein wollen.

    fotost:

    Gegen niemanden Übles im Sinne haben, niemanden Übles tun, wie könnte das falsch sein?


    Auf Menschen bezogen in ihrer komplexen Ganzheit stimmt es aber wenn man nicht fähig ist
    den üblen Bedrohungen wie Bakterien oder Viren richtigen üblen Widerstand zu leisten,
    führt es zum frühen Tod. Manchmal gilt es individuell abzuwägen ob das liebliche Bravsein
    des Karmas wegen allgemein besser ist, als die Kinderstube zu vergessen um real Lebensbedrohliches
    zu bekämpfen. Schlechtes Karma macht auch vor einem orthodoxen buddhistischen Menschen nicht halt
    wenn er die Fehler im Leben nicht bereinigt bekommt und krank wird. So ist es manchmal notwendig
    auf das gute Karma zu verzichten um ein Übel mit Stumpf und Stiel zu entfernen.
    Erst wenn alle Menschen auf der Erde nur noch für gutes Karma sorgen ist das nicht mehr notwendig,
    jedoch die Welt wird pluralistisch bleiben, das sind Naturgesetze und somit sind die besonderen
    Fähigkeiten notwendig um das Leid zu lindern.