Rationalität meinte ich eigentlich nicht, der Verstand ist ja auch nur ein Ausdruck des Selbsterhaltungstriebs...Es ging mir eher um das achtsame wahrnehmen solcher Prozesse und um Handlungsfreiheit. Selbst wenn ein Impuls aus dem Unterbewusstsein auftaucht, heißt das ja nicht, dass ich ihn ausleben muss...ich kann mich zb. auch hinsetzen und beobachten ohne einzugreifen. Handlungsfreiheit meine ich auch nicht in einem absoluten Sinn. Ich sagte ja es macht Sinn einigen Trieben nachzugehen bevor sie einen überfahren und die Kontrolle übernehmen... Ich denke sicher sein über die Grundlagen seines Verhaltens kann man nie, deswegen ist es auch notwendig möglichst achtsam zu sein..
Ich sehe es ähnlich, aber pessimistischer. Wenn ein Impuls aus dem Unbewußten auftaucht, dann ist schon nicht mehr unbewußt und dann habe ich die Wahl, ob ich ihm nachgehe. Aber ich frage mich, welche unserer Handlungen nicht triebgesteuert sind. Nahrung zur Erhaltung des Körpers, Kleidung und eine Höhle, um ihn vor dem Unbill des Wetters zu schützen, die Lehre, die ihn vor dem Unbill des Lebens zwar nicht schützt, aber eine Möglichkeit bietet, damit umzugehen ... dient das nicht alles der Selbsterhaltung? Die Handlungsfreiheit zählt für mich auch zur Selbsterhaltung. Solange ich nicht wissen kann, wie weit Triebe und Unbewußtes meine scheinbar bewußten und freien Handlungen steuern, da bleibt sie ein Konstrukt, um das Ego vor dem Zerfall zu schützen.
Ein einfaches Beispiel: was alles spielt bei der scheinbar so einfachen Wahl eines Kleidungsstücks eine Rolle? Das Wetter, was trägt "man" zu dieser Gelegenheit, paßt das mit dem Rest der Kleidung zusammen, sagte meine Freundin nicht neulich, daß sie das an mir mag, nur so ein paar Dinge, dir mir spontan einfallen. Bei längerer Überlegung würden sich sicherlich noch weitere Kriterien finden. Das alles rast in einem Sekundenbruchteil durch meinen Kopf, ein großer Teil davon nicht einmal an der Oberfläche des Bewusstseins. Ist das Handlungsfreiheit?
Natürlich können wir mit Achtsamkeit versuchen, uns bewußt zu machen, was in uns abläuft. Aber auch die Achtsamkeit bietet keinen Zugriff auf unbewußte Vorgänge, die können wir nur indirekt an Hand ihrer Auswirkungen feststellen, die "dunkle Materie" des Geistes.