Beiträge von Karnataka im Thema „Sexualität und Befreiung: Ist die kritische Sicht des Buddha auf Sexualität für heutige Praktizierende relevant?“

    Unabhängig von solchen Spekulationen ist es ganz einfach heilsam, sich mit Freude in der schönen Natur sportlich zu betätigen.

    Unbestritten eine heute verbreitete Vorstellung in etlichen Ländern.

    Nur hat der Buddha für Mönche solche Sportveranstaltungen in sog.

    "schöner Natur" nicht eingeführt oder gelehrt. Sicher ging es bei seiner

    Lehre um was anderes.

    Wir sind verantwortlich, das eigene Leid nicht noch zu vergrößern. Vielleicht gibt es für manche Menschen ohnehin eine Tendenz, sich bestrafen zu wollen. Wenn das Wort Sport aber nicht gefällt, sagen wir: Darauf achten, dass man genug Bewegung macht, dass man auch mal in die Natur kommt und an die frische Luft. Das scheint mir heilsam.

    Ja, wer nichts besseres kennt und weiß, der wird auf so einer subjektiven Sichtweise

    seiner Matrix sicher reinfallen. Von der Vergänglichkeit solcher Phänomene gar nicht erst zu reden.

    Die Natur im weitesten Sinne ist ja gar nicht vergänglich. Erst das Anhaften an bestimmte Aspekte der Natur...durch die sinnliche Wahrnehmung bedingt, lässt sie als vergänglich erscheinen.

    Wie meinst du das?


    Platon dachte die Natur beispielsweise als nicht vergänglich. Hinter der Erscheinung des Pferdes stünde die ewige Idee vom Pferd. Durch die Schau dieser Idee könnten wir uns aus der Matrix befreien. Ohne Darwin gäbe es vielleicht heute noch Platoniker…


    Naturschönheit und Vergänglichkeit: Wir genießen den Anblick der Blume, eben weil er vergänglich ist. Diesen schönen Augenblick wollen wir gerne mit anderen teilen.


    Eine philosophische Spekulation: Thema der Naturschönheit wäre nach Heidegger das Sein der Welt, das sich in ihrem Erscheinen zeigt. Haftet man dagegen zu sehr an der Welt an, wird dieses Erscheinen gar nicht wahrgenommen. Sind wir etwa in trübsinnigen Gedanken gefangen, kann ein schöner Anblick kaum entzücken. Dagegen wird ein Mensch, der lange durch Krankheit ans Bett gefesselt war, beinahe alles als schön empfinden, wenn er endlich wieder raus darf.


    Ich glaube daher, dass es für das Empfinden von Naturschönheit einen gewissen Abstand braucht. Dieser Abstand vom Anhaften an das Dasein ist das Thema der frühen buddhistischen Lehre, würde ich behaupten.


    Unabhängig von solchen Spekulationen ist es ganz einfach heilsam, sich mit Freude in der schönen Natur sportlich zu betätigen.

    Hat er aber diese Geisteszustand und diese Weisheit nicht, dann werden solche Betrachtungen

    der Natur oder sonst etwas, ihm zum Hindernis werden. Das ist doch eh schon immer klar.

    Das Empfinden von Naturschönheit sehe ich als charakteristisch für einen Geisteszustand, der von groben Anhaftungen befreit ist. Also ist so ein Empfinden sicher kein Hindernis. (An welchem Ort man meditieren soll, ist jetzt nicht die Frage.)

    "Sandaka, wenn ein Bhikkhu ein Arahant ist, mit vernichteten Trieben, der das heilige Leben gelebt hat, getan hat, was getan werden mußte, die Bürde abgelegt hat, das wahre Ziel erreicht hat, die Fesseln des Werdens zerstört hat und durch letztendliche Erkenntnis vollständig befreit ist, ist er unfähig, Übertretungen in fünf Fällen zu begehen. Ein Bhikkhu, dessen Triebe vernichtet sind, ist unfähig, absichtlich einem Lebewesen das Leben zu nehmen; er ist unfähig zu nehmen, was nicht gegeben wurde, das heißt zu stehlen; er ist unfähig, sich dem Geschlechtsverkehr hinzugeben; er ist unfähig, wissentlich die Unwahrheit zu sprechen; er ist unfähig, Sinnesvergnügen zu genießen, indem er sie ansammelt, wie er es früher im Laiendasein getan hat. Wenn ein Bhikkhu ein Arahant ist, mit vernichteten Trieben, der das heilige Leben gelebt hat, getan hat, was getan werden mußte, die Bürde abgelegt hat, das wahre Ziel erreicht hat, die Fesseln des Werdens zerstört hat und durch letztendliche Erkenntnis vollständig befreit ist, ist er unfähig, Übertretungen in diesen fünf Fällen zu begehen."

    Der Übersetzung nach heißt es in dieser Lehrrede zum Sinnesvergnügen: der verwirklichte Mönch könne Sinnesvergnügen nicht genießen, indem er sie ansammelt, wie er es in seinem früheren Laienleben tat. Es gibt also Zusätze. Es wird von einer Modifikation der Einstellung gesprochen, sofern diese zuvor dem Ansammeln von Sinnesvergnügen galt. Anzunehmen ist, dass von Raffgier und dem intensiven Wunsch nach Genuss und Genussgütern die Rede ist. Die Sexualität wird davon unterschieden und eigens erwähnt.

    Hier zwei schöne Zitate zum möglichen Ursprung der Liebe.


    Die Zitate sollen die Theorie stützen, dass Liebe ihren Ursprung hauptsächlich in der Brutpflege hat, nicht jedoch im sexuellen Trieb.


    Vielleicht ist das ja doch ein wenig von Belang! Sind Mitgefühl und Nächstenliebe eine Sublimation der Sexualität oder aber entstammen sie einem ganz anderen Bereich, nämlich der Brutpflege? Haben Liebe und Sexualität dann überhaupt irgendwas miteinander zu tun?



    Richard David Precht: Allem Anschein nach ist die mütterliche – bei manchen Tieren: elterliche – Fürsorge der Quell der Liebe. Wer eine intensive Brutpflege betreibt, muss die Bedürfnisse seiner Schützlinge ahnen und ihre Gefühle nachvollziehen können. Diese Fähigkeit wurde bei zahlreichen Tieren beobachtet. Und von der Sorge um die Brut zum Schützen verwundbarer oder verwundeter Artgenossen könnte es möglicherweise in einem gleitenden Übergang gekommen sein bis hinein zu den Beziehungen zwischen nicht miteinander verwandten Erwachsenen.


    Michael Mary: Die Mutter (oder die am nächsten stehende Person) stellt für das Kind den Urgrund dar, in dem es sich aufgehoben und geborgen fühlt. Mit der Mutter entsteht sogar die umfassendste Erfahrung intimer Verbundenheit durch gleichzeitige körperliche, emotionale und psychische Nähe. Durch diese frühe und prägende Erfahrung wird die intime Beziehung zu der Beziehungsform, in der ein größtmögliches Ausmaß an Verbundenheit erlebt wird. Es wundert daher nicht, dass Menschen im späteren Leben Verbundenheit in einer vergleichbar intimen Beziehung suchen, in einer Beziehung, die neben psychischen auch emotionale und körperliche Aspekte umfasst; in der intimen Beziehung zum Liebespartner.

    Zur Unterscheidung: liebevoller Sex – liebloser Sex.


    Evolutionär betrachtet steht Sexualität mit Wettbewerb in Zusammenhang. Es geht darum, den bestmöglichen Partner zu finden, etwa durch das Paarungsvorspiel.


    Später erst tritt das Geschehen der Brutpflege hinzu. Höher entwickelte Säugetiere suchen auch im späteren Leben ähnliche Verbundenheit.


    Sicher zeigt die romantische Liebe beim Menschen beide Aspekte (plus kulturelle Einflüsse).


    Dennoch lassen sich Gefühle der Verbundenheit, Hilfsbereitschaft, Verantwortung vom sexuellen Begehren unterscheiden. Ich glaube, dass es in der christlichen Ethik und in jener des Mahayana gilt, diese Eigenschaften zu fördern. Man könnte argumentieren, dass das sexuelle Begehren da gewissermaßen nicht dazu passt.

    Ich kann für diesen Satz überhaupt keine Quelle finden. Ich denke es ist gut erforscht, wie wichtig der enge Köperkontakt zwischen Säugling und Bezugsperson für die Gesundheit eines Babies ist. Es ist ja wohl gut erforscht, dass Babies ohne engen Köperkontakt geradezu verkümmern können aber auch anfälliger für Krankheiten sind. Aber wo wird denn belegt, dass das nicht nur für kleine Kinder gilt?


    Gibt es wirklich jemanden der behaupteten, Erwachsene bräuchten Körperkontakt um Wärmehaushalt, Immunsystem und Kreislauf zu regulieren. ich wäre für Quelle jeneseits der wiki dankbar.

    In Hinsicht auf Körperkontakt ist, wie du sagst, gut erforscht, dass Babys, die viel am Körper der Mutter getragen werden, kürzer schreien, das
    Schreien bis zur sechsten Woche nicht zunimmt, dass sie abends weniger schreien und länger zufrieden wach sind. Dies wurde aufgrund des Vergleichs mit Säuglingen in anderen Kulturen entdeckt.


    Körperkontakt scheint mir doch eine Form besonderer Intimität. Die Bedeutung intimer Beziehungen für Erwachsene ist jedenfalls gut belegt. Eheleute leiden durchschnittlich seltener unter Erkrankungen des Herzens, entwickeln stärkere Abwehrkräfte und genesen schneller nach Operationen. Hab leider keine Quelle dazu.

    Meine zugegeben provokante Ansicht zum Thema Sexualität, Buddhismus, Mönchstum:


    Bezogen auf die Frage der Ethik scheint es sinnvoll, dass Beziehungen nicht zu sehr auf sexueller Anziehung gründen, da solche Beziehungen sehr instabil sind. Wenn junge Männer in buddhistischen Ländern angehalten sind, eine gewisse Zeit im Kloster enthaltsam zu leben, könnte dies eine positive Wirkung auf ihre spätere Einstellung haben.


    Interessant scheint mir auch die Wirkung als Staatsreligion. Während das Christentum jede Sexualität außerhalb der Ehe verteufelt, entwertet der Buddhismus die Sexualität generell, ohne sie zu verteufeln. Sie wird dadurch unbelasteter, kann aber auch als bloße Dienstleistung betrieben werden, wie sich in Thailand zeigt.


    Allgemeiner:


    Die Lehre von den Edlen Wahrheiten ist ein großartiges Rezept, um mit wirklichem Leid klar zu kommen. Es ist möglich und sinnvoll, sich gedanklich von jeder Anhaftung zu lösen und aus dieser ungewohnten Distanz das Leid zu mindern und das eigene Denken zu läutern. Dieses Rezept lässt sich nicht verwässern. Seine zentrale Botschaft ist ja gerade, die Befreiung radikal zu denken.


    Die Lehre scheint mir aber nicht dafür gedacht, in dieser Schärfe lebenslang praktiziert zu werden. Auf jede sinnliche Befriedigung und jeden weltlichen Ehrgeiz auch dann noch ständig zu verzichten, wenn gar kein Leid belastet, würde bald den Charakter der Befreiung zerstören. Eine solche Praxis würde dann nur mehr Verzicht bedeuten und wäre daher bloß öde und würde zur Unehrlichkeit führen.


    Die Lehre von der totalen Abstinenz scheint also für die meisten Menschen nicht als Dauermedikation notwendig, sondern nur dafür, immer neu Läuterung vom Begehren zu finden und eine großartige und wirkungsvolle Hilfe für den Umgang mit Leid zu erhalten. Die Edlen Wahrheiten münden dafür im Achtfachen Pfad, dessen Verwirklichung ein maßvolles Leben ermöglicht.