Meine zugegeben provokante Ansicht zum Thema Sexualität, Buddhismus, Mönchstum:
Bezogen auf die Frage der Ethik scheint es sinnvoll, dass
Beziehungen nicht zu sehr auf sexueller Anziehung gründen, da solche
Beziehungen sehr instabil sind. Wenn junge Männer in buddhistischen Ländern
angehalten sind, eine gewisse Zeit im Kloster enthaltsam zu leben, könnte dies
eine positive Wirkung auf ihre spätere Einstellung haben.
Interessant scheint mir auch die Wirkung als Staatsreligion.
Während das Christentum jede Sexualität außerhalb der Ehe verteufelt, entwertet
der Buddhismus die Sexualität generell, ohne sie zu verteufeln. Sie wird
dadurch unbelasteter, kann aber auch als bloße Dienstleistung betrieben werden,
wie sich in Thailand zeigt.
Allgemeiner:
Die Lehre von den Edlen Wahrheiten ist ein großartiges
Rezept, um mit wirklichem Leid klar zu kommen. Es ist möglich und sinnvoll,
sich gedanklich von jeder Anhaftung zu lösen und aus dieser ungewohnten Distanz
das Leid zu mindern und das eigene Denken zu läutern. Dieses Rezept lässt sich
nicht verwässern. Seine zentrale Botschaft ist ja gerade, die Befreiung radikal zu denken.
Die Lehre scheint mir aber nicht dafür gedacht, in dieser
Schärfe lebenslang praktiziert zu werden. Auf jede sinnliche Befriedigung und
jeden weltlichen Ehrgeiz auch dann noch ständig zu verzichten, wenn gar kein
Leid belastet, würde bald den Charakter der Befreiung zerstören. Eine solche
Praxis würde dann nur mehr Verzicht bedeuten und wäre daher bloß öde und würde zur
Unehrlichkeit führen.
Die Lehre von der totalen Abstinenz scheint also für die
meisten Menschen nicht als Dauermedikation notwendig, sondern nur dafür, immer
neu Läuterung vom Begehren zu finden und eine großartige und wirkungsvolle Hilfe für den Umgang mit Leid zu erhalten.
Die Edlen Wahrheiten münden dafür im Achtfachen Pfad, dessen Verwirklichung ein
maßvolles Leben ermöglicht.