Wiedergeburt
Der Ausdruck "Wiedergeburt" ist wohl sehr bequem im Gebrauch, aber er entspricht nicht ganz dem, was der Buddhismus darunter versteht. Wiedergeboren wird nicht ein Wesen, nicht eine unsterbliche Seele, ein Ich an sich, oder gar etwa die leiblich-geistige Persönlichkeit, wie sie da steht. Nicht einmal psychische Zustände werden wiedergeboren, denn dann müssten es ja genau dieselben sein, die schon da waren; das aber gibt es nicht, denn 'sabbe sankhara anicca', alle Gestaltungen sind vergänglich. Eine Textstelle möge uns zeigen, wie dies gemeint ist. Da haben wir z.B. ein Gespräch aus dem Milinda-Panha, zwischen dem König Milinda und dem buddhistischen Mönch Nagaseno:
"Der König sprach: 'Gibt es wohl, ehrwürdiger Nagaseno, irgend ein Wesen, das beim Tode von dem einen Körper in einen anderen Körper hinüberwandert?'
'Nein, o König.'
'Wenn dies sich aber so verhält, o Herr, entgeht man denn dadurch nicht der Folge böser Taten?'
'Wenn man nicht mehr wiedergeboren wird, dann wohl. Solange man aber noch wiedergeboren wird, entgeht man nicht der Folge böser Taten.'
'Erkläre mir dies!'
'Wenn da irgend ein Mann von einem anderen Mangos weggestohlen hätte, verdiente der wohl Strafe?'
'Gewiss verdiente er Strafe, o Herr.'
'Wieso denn? Er hat doch gar nicht jene Mangos gestohlen, die der andere gepflanzt hat.'
'Jenen (gepflanzten) Mangos aber zufolge sind diese (gestohlenen) Mangos entstanden. Darum eben verdient er Strafe.'
'Ebenso auch, o König, werden durch diese geistig-körperliche Verbindung gute oder böse Taten gewirkt, und zufolge jener Taten entsteht eine neue geistig-körperliche Verbindung. Darum eben entgeht man nicht der Folge böser Taten.'
'Weise bist du, ehrwürdiger Nagaseno!'
Besonders die Schlussworte Nagasenos, "zufolge jener Taten entsteht eine neue geistig-körperliche Verbindung", geben einen tiefen Einblick in die buddhistische Wiedergeburtslehre.