Beiträge von Blinky im Thema „Eine hartnäckige Gewohnheit dauerhaft ablegen, aber wie?“

    Der Denkfehler (gerade im Vergleich mit dem Rauchen) besteht vielleicht darin, das Fleischessen für eine 'Gewohnheit' zu halten. Evolutionär ist der Körper des Menschen auf den Verbrauch von tierischen Produkten ausgerichtet, nicht aber auf das Rauchen. Das bedeutet nicht, dass man auf diese tierischen Nahrungsmittel nicht eventuell verzichten kann (auch wenn dann halt 'chemisch' nachgeholfen werden muss - klassisches Beispiel ist B12), aber wenn Dein Körper nach Fleisch 'schreit', macht er eigentlich alles richtig (er weiß nichts von den Problemen der Massentierhaltung, Antibiotika im Fleisch oder Deinen moralischen Vorlieben).

    Es gibt unterschiedliche Auffassungen bezüglich B12. Manche sagen, es kann in ausreichenden Mengen nur in Form von Fleisch aufgenommen werden, wenn man auf Supplements ganz verzichten will. Andere sagen, dass es ausreicht, sich ausgewogen pflanzlich zu ernähren, da die Tiere auch nichts anderes machen, als B12 über Pflanzen aufzunehmen. Vom biologischen Standpunkt betrachtet, sind Menschen besser darin, pflanzliche Nahrung zu verwerten. Das haben Untersuchungen und Vergleiche mit Fleischfressern, wie beispielsweise Katzen, gezeigt.

    Was diesen B12-Hype betrifft, das könnte auch bewusst von der Lebensmittelindustrie forciert worden sein, um die Menschen zu verunsichern und eine Hinwendung der Masse zum Veganismus zu verhindern. Immerhin ist Fleisch ein Milliardengeschäft und wo viel Geld im Spiel ist, wird sowieso gelogen und betrogen. Ich traue jedenfalls keinen Studien mehr.

    Und ob der Körper jetzt wegen B12 nach Fleisch "schreit" oder wegen diverser Suchtstoffe wie Zucker oder dem durch Fett intensivierten Geschmack, genau weiß man es doch gar nicht. Mir hat einmal ein Buddhist erklärt, dass der Körper an sich verlangenslos ist, jedoch nicht bedürfnislos. Der Körper schere sich nicht darum, wo seine Nährstoffe herkämen, Verlangen hingegen entstünde dann, wenn Anhaftung an Sinneslust da sei.

    hiri Das Rauchen habe ich aufgegeben, da war ich glaube ich 25 oder 26. Heute bin ich 33, also schon ein Weilchen her. Ich habe dann eine Weile starken Husten bekommen, weil die Ablagerungen in der Lunge sich lösten. Irgendwann hörte das aber auch auf und seitdem hab ich nie wieder eine Zigarette auch nur angefasst. Ich finde es schön so, dieses Verlangen nicht mehr zu haben.

    Zum Ende der Umgewöhnungsphase regte sich der Drang Fleisch zu essen nochmal mächtig, das war wie so ein Aufbäumen, aber nur kurz und vergänglich. Danach gab es kein Problem mehr. Fleischessen war für mich absurd.

    Interessant, genauso ist es bei mir auch gerade. Als würde die alte Gewohnheit nochmals mit aller Macht hervorkommen. Auf jeden Fall gut zu wissen, dass andere ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Das gibt mir Zuversicht, dass auch ich es schaffen kann.

    Später habe ich als Gärtnerin in einem biologischen Gemüsebaubetrieb mit Tierhaltung (Schafe, Enten und Kaninchen) gearbeitet. Im Laufe der Zeit sah ich in Bezug zur Tierhaltung ganz andere Aspekte: Ohne Schafsmist hätte es einige Gemüsesorten gar nicht gegeben, ohne Tierhaltung hätte es die ganze Herde nicht gegeben. Ohne Enten hätten die Gemüsesetzlinge, Kohlrabi und so, nicht überlebt, weil Schneckenplage war. Die Enten haben sich über die Schnecken als Zusatzkost sehr gefreut.


    Nach fünf Jahren in dem Betrieb hatte ich diese Zusammenhänge zwischen Tier, Mensch und Gemüse verinnerlicht. Ich konnte es nicht mehr so sehen, dass für pflanzliche Nahrung kein Tier getötet würde. Damit war dann die Motivation für fleischlose Ernährung pfutsch. Nach 13 Jahren hörte ich mit dem Vegetarismus auf.

    Man kann nicht auf der Erde wandeln, ohne auch nur einen einzigen Grashalm umzuknicken.

    Tierleid wird es wohl solange geben, wie es Tiere gibt. Das ist nicht zu ändern. Aber der Verzicht auf Tierprodukte macht schon eine Menge aus. Allein die Tatsache, dass man rein flächenmäßig 12 Milliarden Menschen ernähren könnte, würde man die Ackerflächen nicht zur Tiermast nutzen. Aber die westliche Welt will 3x am Tag Fleisch auf dem Teller. Am liebsten jeden Tag.

    Heißhungerattacken können ja auch immer einen ganz praktischen körperlichen Grund haben, weil einem bestimmte Nährstoffe fehlen. Vegane Ernährung ist sehr anspruchsvoll weil man alle möglichen Sachen sehr gezielt ersetzen muss, die der Körper braucht. Achtest Du auf sowas?

    Ja. Ich passe auf, dass ich nötige Vitamine usw. aufnehme.


    du glaubst, es wäre ein wichtiger Schritt für Dich, vegan zu leben ? Ich glaube eher, das Du ganz andere Probleme hast, da Du dich zu Dingen zwingen willst.

    Dabei ist es gerade die Lehre, die mich dazu gebracht hat, über eine Veränderung meiner Ernährung nachzudenken und aktiv daran zu arbeiten. Und sich zu etwas zu zwingen, muss nicht negativ sein. Das kann auch Disziplin sein, wenn man sich bewusst etwas eine Weile vorenthält, um dann vielleicht zu merken, dass man es gar nicht braucht. Dass es kein generelles Fleischverbot im Buddhismus gibt, weiß ich und selbst wenn, dann wäre es lediglich ein Dogma und von Dogmen halte ich nichts.

    Ich unterscheide zwischen dem, was ich als Buddhas Lehre ansehe und dem Buddhismus als Religion mit den zahlreichen Strömungen. Von Religion möchte ich mich fernhalten, denn sie ist ein Irrweg. Wo immer in der Geschichte eine bedeutende spirituelle Lehre ist, da haben sich die Anhänger nach dem Tod des Lehrers zerstritten. Heute bemühen sich zwar einige Menschen, die Religionen zu einen und auf Gemeinsamkeiten hinzuweisen, doch das Wesen einer jeden Religion beinhaltet auch immer die Abgrenzung zu etwas. Daher haben diejenigen Menschen, die es nach weltlicher Macht dürstet, sich immer auch der Religionen bedient, um die Menschen untereinander zu spalten und Zwietracht unter ihnen zu sehen. Teile und herrsche.

    Ich suche auch nicht die Nähe von Menschen, die sich mit Titeln wie Meister oder Guru schmücken. Ich denke dann immer, da ist noch Anhaftung bei diesen Menschen an Status, Ego usw.

    Ich weiß, dass ich nur mein eigener Schüler sein kann.

    Für mich ist der Verzicht auf Fleisch- und Tierprodukte eine logische Folge von wachsendem Mitgefühl. Wenn man denn die Option hat, auf diese Dinge zu verzichten. Nicht alle haben den Luxus, in einer Region zu leben, wo das möglich ist.

    Tiere wollen ja auch leben und glücklich sein, wie wir Menschen. Warum sollte ich für sie also eine Quelle des Leids sein? Aufgrund eines nur kurz andauernden sinnlichen Genusses ein Leben auszulöschen, oft unter Qualen, scheint mir ein ziemlich schwacher Grund zu sein, wenn es auch andere Möglichkeiten gibt, dem Körper die nötigen Nährstoffe zu geben.

    Und deswegen ist es mir ziemlich einerlei ob das Dhamma ist oder nicht. Ich habe das für mich so entschieden und wenn ich klar bin, lebe ich danach und wenn ich manchmal in die Unbewusstheit zurückfalle, dann vergesse ich das. Ich bin nicht perfekt. Aber ich kann daran arbeiten, damit ich seltener unbewusst werde.

    hiri Ich handhabe es genauso, wenn man mir etwas anbietet, dann esse ich es, egal ob mit Fleisch oder Tierprodukten. Ich hab auch gemerkt, dass es mir unangenehm ist, wenn zu Hause Fleisch gekocht wird und dann was liegen bleibt. Dann esse ich es meist trotzdem, weil ich sonst immer denke, da ist jetzt ein oder gar mehrere Lebewesen gestorben, weil die Menschen Fleisch wollten und jetzt landet es im Müll. Der Gedanke ist mir sogar noch unerträglicher, als das Fleisch zu essen. Dann lieber alles verwerten. So ehrt man das Tier wenigstens und weiß das Opfer zu schätzen. Irgendwie zumindest.

    Ansonsten versuche ich aber gar nicht erst Fleisch oder Tierprodukte nachzufragen, also konsumtechnisch gar nicht erst die Nachfrage zu erzeugen.

    Der Grund für mein Post hier hat auch damit zu tun, dass ich diesen November eigentlich eine Reisdiät machen wollte, also eine kleine Challenge für mich selbst, ob ich es schaffe, 30 Tage mal nur 125g Reis am Tag zu essen. Hab nur 3 Tage durchgehalten, am dritten Tag kam dann eine irrationale Heißhungerattacke auf Fleisch.

    Ich versuche es erneut, aber diesmal in Verbindung mit Meditation. Hab auch schon lange Phasen hinter mir in denen ich mich komplett vegan ernährt hab, nur zeitweise unterbrochen von eben diesen Rückfällen in alte Verhaltensmuster. Denn nichts anderes ist es in meinen Augen. Ich find's einfach nur seltsam, dass es mir vergleichsweise einfach gefallen ist, das Rauchen sein zu lassen und es ja auch aus buddhistischer Sicht keinen Grund gibt zu rauchen, aber mir das bei Fleisch- und Tierprodukten schwerer fällt, davon los zu kommen. Zumal mir die Vorzüge einer rein veganen Ernährung nicht unbekannt sind und man sich nicht nur im körperlichen Sinne, sondern auch geistig irgendwie "leichter" fühlt.

    Aber ich gebe nicht auf. Habe mir letzte Woche eine Meditations-CD bestellt. Bin gespannt, ob es mir hilft, das Verlangen loszulassen.

    Eine vegane Ernährungsweise muss in meinen Augen nicht sein. Man kann - und muss - Tierleid nicht zu 100% vermeiden. Ein "Restleiden" wird es immer geben, bei Menschen und bei Tieren, und das ist auch in Ordnung. Verzichte für den Anfang auf Fleisch und Fisch und gehe sparsam mit anderen tierischen Lebensmitteln um - das kann jeder und damit ist schon mal ein großer Schritt getan. Verzichte vielleicht auch in anderen Lebensbereichen auf tierische Produkte wenn du sie nicht unbedingt brauchst (kleiner Tipp: Geldbörsen aus Kork oder Cellulose taugen leider nichts :grinsen:). Als zusätzlichen Schritt kann man sich genauer anschauen, wo beispielsweise Milch oder Eier herkommen. Auch Fleisch von Weiderindern könnte eine Option sein. Das sind alles nur Beispiele und Vorschläge, was ich damit aber sagen will: Versuche nicht, irgendwas mit der Brechstange zu erzwingen, denn so wird es nie von Dauer und auch nicht heilsam sein. Wenn du heute noch Fleisch essen willst, tu es, und mache dich nicht verrückt deswegen. Wenn dir irgendwann - auf ganz natürliche Art und Weise und ohne dass du es dir "vornehmen" musst - die Lust darauf vergeht, lass es bleiben.


    Meditation empfinde ich persönlich als sehr hilfreich bei so ziemlich allem was du angesprochen hast.

    Okay, dann werde ich den Tipp mit der Meditation mal beherzigen.

    Ich denke, dass ich an meiner Disziplin arbeiten muss. Manchmal gelingt es mir schon, bewusst zu bleiben und mich nicht von Gier vereinahmen zu lassen. Erst neulich war ich mit ein paar Bekannten unterwegs, da wurde auch gegessen, aber ich habe nur Wasser bestellt, weil ich in dem Moment achtsamer war und zwar Hunger hatte, aber eben nicht das tierische Essen bestellen wollte. Manchmal tangiert mich das gar nicht, ich nehme die Gerüche von Fleisch oder anderen FastFood-Gerichten auf der Straße dann einfach nur wahr, ohne anzuhaften, aber manchmal überwältigt mich die Gier noch.


    Edit: Vielen Dank auch Lilli und Martin1980 für eure Tipps. :)

    Muss mich noch an die App gewöhnen, ist ein bisschen frikkelig am Smartphone.

    Hallo, liebes Forum.

    Ich habe ein Problem. Ich möchte vegan leben, schaffe es aber nicht, konsequent am Ball zu bleiben. Ich habe schon längere Phasen durchgehalten, mehrere Monate, aber in letzter Zeit werden diese Phasen immer kürzer. Der Buddhismus hat mein Leben bereichert. Seitdem ich mich mit der Lehre beschäftige, bin ich achtsamer, geduldiger und auch mitfühlender geworden. Ich merke jedoch, dass ich diese Qualitäten wieder zu verlieren beginne und mein altes unbewusstes Ich nach und nach wieder die Kontrolle übernimmt. Ich verstehe nicht, warum das passiert. Seit ich die Lehre kenne, habe ich das Rauchen aufgegeben. Mit dem Rauchen ist es ganz anders. Schon der Gedanke, mir eine Zigarette anzuzünden, erscheint mir heute unlogisch. Ich habe kein Verlangen mehr danach. Beim Veganismus ist es aber nicht so. Es gibt Momente, da ergreift mich eine Gier nach Fleisch oder Tierprodukten, die fast unerträglich ist. Wenn ich dann gegessen habe, bin ich von mir selbst angewidert. Ich möchte einfach nicht mehr so ein Mensch sein, der von Gier nach Sinnesgelüsten getrieben, durchs Leben torkelt.

    Meine Freunde verstehen mich nicht, denn sie sind Nihilisten.

    Der Buddhismus ermutigt zum Mitgefühl und daran mangelt es mir anscheinend. Sonst würde ich nicht immer wieder meinem Verlangen nachgeben. Aber es stört mich auch, dass ich jedes Mal danach von mir selbst angekotzt bin.

    Ich vermute, dass es daran liegt, dass ich überhaupt nicht meditiere. Ich habe das nie gemacht. Über die Lehre zu lesen oder Vorträge zu bestimmten Aspekten der Lehre zu hören, war mir immer genug. Doch nun glaube ich, dass ich lernen muss, zu meditieren. Ich habe nur überhaupt keine Ahnung wie das geht. In manchen Vorträgen, die ich gehört habe, wurde erwähnt, dass man durch Meditation bestimmte Qualitäten wie beispielsweise Mitgefühl gezielt herausbilden kann und das sich dadurch das Gehirn verändert. Könnte es damit zu tun haben? Dass mein Gehirn immer noch auf Fleisch und Tierprodukte programmiert ist, obwohl ich das gar nicht wirklich will? Ich habe fast mein ganzes Leben Fleisch gegessen, weil es mir so vorgelebt wurde und ich es lange Zeit einfach als normal angesehen hab. Als ich dann den Buddhismus kennenlernte, konnte ich mehr Mitgefühl für Tiere entwickeln. Ich habe dann auch irgendwann ein Video auf YouTube gesehen, in dem zu sehen war, wie Tiere in Schlachthäusern brutal geschlachtet oder vergast wurden. Da hab ich regelrecht Panik bekommen, so sehr konnte ich in dem Moment mitfühlen. Aber in letzter Zeit ist dieses Mitgefühl wie betäubt, wenn mich die Gier erfüllt. Mein Partner ist wieder Fleischesser geworden, obwohl er mich eigentlich auf den Buddhismus gebracht hat. Er ist damit durch, aber ich möchte nicht wieder so werden.

    Könnt ihr mir einen Rat geben, was ich tun kann? Ich möchte nicht mehr ständig diesen Zustand des Schwankens zwischen Gier und Klarheit haben. Ich möchte endlich diesen einen wichtigen Schritt machen, wo ich dann hinterher weiß, dass ich nicht mehr zurück gehe. So wie mit dem Rauchen, wonach es mich gar nicht mehr verlangt.


    Liebe Grüße

    Blinky