Beiträge von Doris im Thema „Hat schon mal jemand probiert die Mönchsregeln beim Essen einzuhazlen?“

    mag sein, dass ich unter einer wahrnehmungsstörung leide, aber ich habe in den ganzen post keine aggressionen und angriffe herauslesen können, bis dann auf einmal das jemand den kommentatoren vorgeworfen hatte.

    da war auch nirgendwo mara am werk, sondern der austausch über die eigenen essgewohnheiten und was geht und was nicht geht, was für sinnvoll erachtet wird und was nicht. ganz nach den kalamern.


    ich vermag keinen sinn darin zu erkennen, die ordensregeln nicht unter die lupe zu nehmen und ihre sinnhaftigkeit, ihre aktualität, ihre regionale verortung, ihren historischen und gesellschaftlichen hintergrund usw. zu untersuchen. sogar für hausleute sollte das kein tabu sein. haben doch die zeitgenossen des stifters sicher damals schon gemacht. so was hilft einem nicht nur selbst in der privaten praxis, sondern immunisiert gegen leute in roben, die nur so tun als ob.

    die frage für mich ist immer: geht es nur um regeln oder haben die auch einen sinn? wie kann ich heute, in meinem lebensumfeld, mit meinen bedingungen, aus dem sich mir erschließenden sinn, das für mich machbare herauspicken?


    ich picke heraus:

    mäßigung

    bescheidenheit

    dankbarkeit für das gegebene (und zwar allen wesen gegenüber)

    zufriedenheit

    wertschätzung

    achtsamkeit auch gegenüber den körperlichen bedürfnissen

    gemeinschaftssinn

    rhythmus

    ich habe früher jedes jahr zwei wochen gefastet.

    es ist wirklich so. fastenbrechen ging dann z.b. mit einer scheibe knäckebrot. ich benötigte ewig um dieses aufzuessen. der geschmack, der sich in meinem mund entfaltet, war vielfältig. und dann die dankbarkeit darüber, eine scheibe knäckebrot essen zu dürfen.

    ich vergesse auch nie die erfahrung, als ich mal nach einer op, nach der ich unter extremen durst litt, versehentlich lange nichts zu trinken bekam (damals gab man nicht so viel infusionen, die das hätten kompensieren können) und nicht einmal den mund feucht machen durfte, einen schluck kamillentee zum auspülen bekam. allein die zunge in feuchtigkeit tauchen zu dürfen! ich vergesse nie mehr, was durst wirklich bedeutet.

    das ist richtig. wobei das verlangen nach süßem angeboren ist. weil süße bedeutet kohlehydrate, und die sind überlebenswichtig. kohlehydrate werden bereits im mund aufgespalten und schmecken süß. das signaliert uns: iss das! hier ist energie drin!

    die milch ist süß, also das erste nahrungsmittel überhaupt. die künstlichen zuckerzugaben machen süchtig.


    um so eine störung wieder aufzulösen, isst man über eine längere zeit möglichst unverarbeitete und unvermischte lebensmittel. achtsam und gut kauen. das trainiert die geschmacksnerven und bringt die übersteigerte insulinproduktion wieder ins gleichgewicht.

    wenn man die geschmacksnerven wieder sensibilisiert hat, dann kann man nicht viel milchschokolade verdrücken. selbst ein stück erscheint einem schon viel zu süß. ein einfacher apfel wird hingegen zur sensation und man ist nach dem genuss gesättigt. das verlangen nach stark verabeiteter nahrung nimmt ab, und statt gier nach mehr, tritt gesättigtsein und zufriedenheit mit wenig ein.

    was sagt der dalai lama: auch nach der erleuchtung schmeckt scheiße noch nach scheiße.


    abneigung und zuneigung, wenn damit gemeint ist, man soll auch dinge essen, vor denen man sich ekelt oder die uns durch ihren geschmack anzeigen, dass sie schädlich, verdorben und gar giftig sind? soll das der mitfühlende rat des buddha sein? das kann ich nicht glauben.

    ich denke eher, dass es dabei darum geht, sich nicht zu verkünsteln. also zu meckern, wenn es spaghetti gibt statt der bevorzugten tortellini. oder aus den klosterküchen gourmettempel zu machen. wenn ich irgendwo zu gast bin und erhalte nur reis, dann soll ich damit zufrieden sein und nicht nach sauce verlangen oder mich darüber beschweren, dass es nicht der kostbarste basmati ist.


    es gehört zur gesunderhaltung, dass wir dinge essen, die den speichelfluss anregen, also die geschmacksnerven zumindest nicht beleidigen.


    über bestimmte gelüste werden vom körper auch signale ausgesendet, welche bestandteile einer nahrung er benötigt. nicht umsonst kommt es vor, dass schwangere unbändigen appetit auf steine haben ja kalk von den wänden kratzen. ihr körper signalisiert einen mangel und sagt instinktiv, was gebraucht wird. bevor meine schilddrüsenunterfunktion von den ärzten erkannt wurde, hatte ich ein unstillbares verlangen nach fisch. gekocht, roh, ungewürzt, war egal, am besten dauernd. das hörte sofort auf, als ich gut eingestellt war. kinder lehnen oft lange bestimmte lebensmittel ab. das ist ein angeborener instinkt, der sie davor bewahrt giftiges zu essen. allergiker haben oft einen ekel vor den nahrungsmitteln, die sie nicht vertragen.


    ich verstehe den dharma so, dass er uns zu bescheidenheit und mäßigung auffordert, nicht zur kasteiung. zur erhaltung des körpers gehört auch die angemessene ernährung. es darf schmecken. aber es soll nicht ständig gegessen werden ohne not, nur weil es gerade schmeckt und die gier so groß wird. wann die gier ins spiel kommt, dass muss jeder für sich durch achtsamkeit erkennen.

    nun zu mir …

    auch wenn man es mir nicht ansieht, ich esse nur, wenn ich hunger verspüre. der meldet sich meist ab ca. 11 Uhr vormittags. dann gibt es eine kleinigkeit. abends wird dann "richtig" gegessen, weil dann der axel von der arbeit ist. sollte der hunger zwischendurch mal bohren, dann esse ich ein paar happen, weil mir sonst der magen durchbrennt. aber naschen oder so, also essen weil da gier ist, ist nicht. von ca. 20.30 bis zum anderen tag am frühen mittag gibt es nichts. das ist mein persönlicher rhythmus und an den halte ich mich, damit es mir gut geht.


    ich mag gerne gutes essen, koche gerne und probiere aus. eine kartoffel oder reis mit etwas butter, etwas gekochtes gemüse oder obst oder haferflocken, also ganz schlichte und pure dinge, esse ich jedoch mit der gleichen freude. von mir aus wochenlang.

    ich denke so:

    indien ist heiß. es wird für das mittagessen gekocht. ich kann mir vorstellen, dass opfergaben für gewöhnlich auch morgens und vormittags dargebracht wurden. man beginnt den tag mit einem religiösen ritus. die gabe an die ordinierten gehört ebenfalls zu den riten, mit denen man den tag segensreich beginnt.

    also geht man morgens früh, wenn es noch nicht ganz so heiß ist auf den bettelgang. mittags wird dann gegessen. dann geruht. und da es am nachmittag heiß ist und man besser nicht umherwandert, ist das eine prima zeit, um im schatten zu sitzen, zu meditieren und belehrungen zu lauschen. die leute sind dann satt und denken nicht die ganze zeit, daran, wann es jetzt endlich was zu essen gibt.

    es heißt zwar, dass ein voller bauch nicht gerne studiert, aber ein hungriger bauch mit sicherheit auch nicht. also kümmert man sich zuerst darum, dass der körper erhält, was er braucht.


    alles in eine schale zu tun, halte ich für unnötige kasteiung. essen sollte auch schmecken, weil das wichtig ist für die bekömmlichkeit. genau dafür haben wir die geschmacksnerven, sie schützen uns und helfen bei der auswahl der nahrung, die ungiftig und gesund ist.