Beiträge von Rudolf im Thema „Bewußtsein“

    Das Ende der Lehre Gotamo Buddhos ist die Auflösung des Bewusstseins.


    Ich finde eher: Das Ende des Bewusstseins wäre die Auflösung der Lehre des Gotamo Buddhos.

    Die Frage stellt sich nun mir: Liest Du eigentlich richtig?


    Ich habe ja nicht behauptet, dass der Buddha den Bodhisattvaweg im Palikanon gelehrt hat.

    Das war nur ein Ausflug in andere Tradition, der sich aus dem Thema hier ergeben hat.

    Ich wollte nur sagen zuletzt, dass es vielleicht auch mal hilfreich sein kann, etwas mehr als nur den Palikanon zu beachten.

    Das kann jeder ja jederzeit ablehnen, dann überliest man es halt.

    Ne, natürlich nicht, denn etwas Älteres als den Palikanon gibt es ja auch nicht.

    Es wundert sich ja auch kein Christ, wenn aus der Bibel zitiert wird. Aber es gibt Christen, die kennen die Bibel nicht.

    Das ist noch etwas anders:

    Der Palikanon wurde nicht ins Tibetische übersetzt und nicht nach Tibet getragen, und auch heute ist diese Quelle nicht in die tibetische Tradition eingeflossen, mit Ausnahme des Dhammapada, den hat Gendün Chöpel (siehe Wikipedia) im 20.Jahrhundert ins Tibetische übersetzt.

    Die tibetische Tradition kennt den frühen indischen Buddhismus durch andere Quellen, die Schriften der Sarvāstivāda, eine frühe Abspaltung von Theravada. Sarvastivada – Wikipedia

    Das nur zur Info, wen es interessiert.


    Der Palikanon ist also unbekannt im tibetischen Buddhismus. Trotzdem gibt es keine Berührungsängste. Es wird immer untersucht, ob zur Gesamtlehre des Buddha passt.

    Vielleicht sollte er erst mal sich selber helfen bevor er glaubt

    anderen helfen zu müssen. Sonst leidet er wohlmöglich noch

    an einem Helfersyndrom.


    Deswegen ist der Wunsch eines Bodhisattvas ja auch:

    "Möge ich ein Buddha werden zum Wohle aller Lebewesen"


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    Das hatte ich schon geschrieben. Leider stelle ich auch in anderen Threads fest, dass ich (und andere auch) mich sehr oft wiederholen muss.

    Lest ihr die Beiträge zu schnell? Jetzt rein in den Kopf und gleich wieder raus? Oder degeneriert das Gedächtnis, wenn man sich hier zu lange aufhält und zu viel schreibt? :(

    Der Buddha hat mit seiner Wortwahl - meine ich - doch das Umgekehrte gemacht: er bezeichnet unseren Samsara-Zustand als eine Abwesenheit

    Kannst du bitte nochmal dazu schreiben wo er das macht?


    Das erste Glied des abhängigen Entstehens (paṭiccasamuppāda) : Nichtwissen

    Quelle: Palikanon, diverse Sutten

    Ich glaube, im tibetischen Forum wäre es nicht so.

    Da würde sich niemand wundern oder verirrt fühlen, wenn mal jemand aus dem Palikanon etwas zitiert.


    :)

    Zu Beginn ist da das Ego, das etwas will, z.B. Erleuchtung.


    oh, ich dachte ich hatte das ausführlich beschrieben, dass der Unterschied darin liegt, ob man für sein eigenes Glück oder für das Glück der anderen die Erleuchtung will, und ob man sie spontan will oder mit Überlegung.


    Es gibt in den Erklärungen der Lamas und in Büchern tatsächlich den Unterschied zwischen einem intellektuell erzeugten Wunsch zum Wohle aller Wesen ein Buddha zu werden ("wenn ich doch so handeln könnte wie ein Bodhisattva" usw.) und einem spontanen Wunsch zum Wohle aller Wesen ein Buddha zu werden. Das ist so wie wenn man morgens aufwacht und sofort Bodhicitta da ist. Oder jedesmal wenn man ein Lebewesen trifft, spontan Liebe oder Mitgefühl mit diesem Lebewesen entsteht. Und man keine Sekunde vom unermeßlichen Gleichmut (alle Wesen sind einem gleich lieb) abweicht.


    Hier sind die Vier Unermeßlichkeiten:

    Die vier unermesslichen Gedanken im Hinayana, Mahayana und Bon — Study Buddhism

    Was verstehst du hier unter egoistisch?


    "ist das nicht toll? ich bin jetzt ein Bodhisattva! Super!"


    Dann ist man halt doch keiner.


    Bodhicitta entsteht, wenn man über Mitgefühl, Liebe und Gleichmut und Mitfreude meditiert und darüber dass man selbst nur einer ist und die anderen viele, viele und dass man selbst jetzt den Pfad gefunden hat und andere noch nicht und dass man geschickte Mittel erwerben will, um den anderen in richtiger Weise zu helfen, nicht für sich selbst sondern um den anderen zu helfen.

    Bodhicitta entsteht, wenn man schon durch vorherige Leben sich vorbereitet hat, eine Charakter-Tendenz entwickelt hat, die es nicht ertragen kann, wenn sie andere Wesen Leiden sieht, eben weil es Leiden ist, und wenn spontan der Wunsch aufkommt, etwas zu tun, um dieses Leiden zu mildern, zu beseitigen.


    Bodhicitta ist ein Impuls, der aus vielen und langgehegten Ursachen entsteht, unweigerlich, ohne raffinierte Absicht mit Hintergedanken. Dies letztere ist vielmehr die Natur des Egoismus. Bodhicitta ist der Gegenpot zum Egoismus. Beides ist nichts Intellektuelles. Beide sind, wenn sie da sind, eingefleischte, spontane Verhaltensweisen.

    Der Mensch ist ein Egoist. Warum sollte er die Buddhaschaft anstreben, wenn es ihn nicht glücklich macht?


    Das widerspricht vollkommen dem Mahayana-Geist, der Mahayana-Motivation. Das ist einfach falsch. So wird man kein Buddha.

    Entschuldigung.

    Ich habe auch nicht die Weisheit mit Löffeln gegessen.

    Aber das ist doch klar: die Mahayana-Motivation (Bodhicitta) ist nun mal so definiert (Am Anfang von Abhisamayalamkara und an vielen Stellen der Mahayana-Sutren). Ein Bodhisattva möchte ein Buddha werden zum Wohle aller Lebewesen. Dafür würde er auch unabsehbar lange in den Höllen verweilen, wenn das anderen Lebewesen helfen würde. Sonst gibt es keine Motivation für ihn. Sonst wäre er kein Bodhisattva.


    Das ist ja gerade das großartige am Mahayana.

    Ich weiß, das ist schwer zu glauben und noch schwerer zu erlangen - die Bodhicitta Motivation.

    Einem säkularen Denken ist diese Motivation völlig unverständlich.


    Ich werde diese Motivation in diesem Leben jedenfalls nicht erzeugen können.

    Trotzdem ist es schon mal gut davon gehört zu haben und noch besser wenigstens daran zu glauben, dass diese Motivation möglich ist.

    Meine Erfahrung ist, dass in der Erleuchtung das Ego verschwindet.


    :angel:



    Ein Buddha der elften Stufe hat keinen Wunsch mehr nach einer Inkarnation auf der Erde. Er ruht einfach in seinem erleuchteten Bewusstsein und strahlt Frieden, Glück, Liebe, Weisheit und Erleuchtung in alle Welten aus. Ich glaube, dass er noch seiner selbst bewusst ist, aber er hat keinen Handlungsimpuls mehr.


    Soweit ich den Tibetischen Buddhismus kenne, ist es eher so: aufgrund seiner Wunschgebete, seines ununterbrochen intensiven Denkens "Mögen alle Wesen glücklich werden. Möge ich ein Buddha werden zum Wohle aller Wesen" (Bodhicitta, sems bskyed) stellt sich bei Erlangen der Buddhaschaft die sogenannte Spontane Buddha-Aktivität (phrin las) ein. Das bedeutet er manifestiert sich in der Welt ganz spontan da wo es sinnvoll ist. Es ist eine Aktivität, die aus seinem Wesen entspringt, ohne dass er noch überlegen oder Pläne machen und sich anstrengen muss.

    Das höchste Glück der Erleuchtung ist nebenbei immer dabei.

    Aber ein Buddha ist ein Wesen, das diesen Zustand angestrebt hat zum Wohle aller Wesen, und nicht um Glück zu erlangen, wie auch immer.

    Macht nicht das Wünschen die Individualität eines Menschen aus?


    Ein Freund hat mir mal erzählt, dass Immanuel Kant in einem Spätwerk geschrieben hat: Das höchste Glück dessen der Mensch fähig ist, ist die Ruhe nach der Arbeit.

    Das könnte auch von anderen stammen, insbesondere, wenn man etwas älter geworden ist.

    Ich meine damit, dass die Individulität nicht wegfällt, wenn wir mal so richtig ausruhen (können) und eine Zeit lang das Wollen ruht. Nocht nicht mal das ausruhen wollen darf da sein, sondern einfach ausruhen. Wenn wir das mal erleben ...... ausnahmsweise.

    Damit engt man doch schon wieder etwas ein, indem man so positiviert. Nüchtern gesprochen ist Abwesenheit von Nichtwissen und Begehren erreicht.


    Der Buddha hat mit seiner Wortwahl - meine ich - doch das Umgekehrte gemacht: er bezeichnet unseren Samsara-Zustand als eine Abwesenheit: Nichtwissen. Samsara ist das Negative: hier fehlt etwas.

    Nirvana dagegen ist tatsächlich das Positive: Wissen.

    Und es kommt darauf an, was man unter Bewusstsein versteht. Versteht man darunter das individuelle Bewusstsein. Oder das Bewusstsein des ganzen Kosmos (Quantenphysik: das höhere Informationsfeld hinter aller Energie, Amit Goswami : Das bewusste Universum.) Als vollständig Erleuchteter wird man eins mit dem Bewusstsein des ganzen Universums. Das meint im Hinduismus der Begriff Avatar.

    In

    Samyutta Nikaya 12 .01-10

    lesen wir

    3. Der Erhabene sprach also: "Welches ist aber, ihr Bhikkhus, das Gesetz von der ursächlichen Entstehung?

    • Aus dem Nichtwissen als Ursache entstehen die Gestaltungen;
    • aus den Gestaltungen als Ursache entsteht das Bewußtsein;
    • aus dem Bewußtsein als Ursache entsteht Name und Form;
    • aus Name und Form als Ursache entstehen die sechs Sinnesbereiche;
    • aus den sechs Sinnesbereichen als Ursache entsteht die Berührung;
    • aus der Berührung als Ursache entsteht die Empfindung;
    • aus der Empfindung als Ursache entsteht der Durst;
    • aus dem Durst als Ursache entsteht das Erfassen;
    • aus dem Erfassen als Ursache entsteht das Werden;
    • aus dem Werden als Ursache entsteht die Geburt;
    • aus der Geburt als Ursache entstehen Alter und Tod, Schmerz, Kummer, Leid, Betrübnis und Verzweiflung.

    Erst das dritte Glied ist Bewusstsein. Damit ist das Bewusstsein gemeint, das unter dem Einfluß von Unwissenheit und daraus folgenden Handlungen entsteht und das im weiteren Verlauf selbst die Bedingung für neue Handlungen ist (Empfindung, Durst, Erfassen). Dies ist unser individuelles Bewusstsein einer jeden Wiedergeburt, das entsteht aus unserem Karma (Gestaltungen, 2.Glied).


    Was passiert nun, wenn die Unwissenheit beseitigt wird?

    Dann fallen die folgenden Glieder alle weg. Also auch das individuelle Bewusstsein einer jeden Wiedergeburt, die Wiedergeburt überhaupt fällt weg.

    Und was bleibt übrig?

    Wenn Unwissenheit beseitigt wird, bleibt Wissen übrig. Das rechte Wissen. Die Weisheit eines Erleuchteten: Der Schleier der Maya (so steht's in den Upanishaden) löst sich auf. Dieser Schleier war die Unwissenheit. Nun ist der Blick frei auf unser wirkliches Wesen, auf Nirvana, unseren natürlichen Zustand, wenn wir die Realität so erfahren wie sie ist.

    Ob dann auch die Individualität wegfällt ist nicht gesagt. Das Ego fällt weg, weil das Wollen, der Durst wegfällt.

    Ich erinnere mich, dass der Dalai Lama mal ín einem Interview gesagt hat, er glaube, die Individualtät der Buddhas hört nicht auf im Parinirvana.

    Das wäre ja auch unlogisch, finde ich (wenn wir überhaupt was denken und auch glauben wollen, müssen wir und immer noch an unsere Art und Weise des Denkens halten, sonst wird es konfus und absurd und sinnlos) - denn wenn der Buddha erleuchtet ist und wir nicht, wie können wir dann Eins sein?

    Und irgendein Grundbewusstsein oder allgemeines undifferenziertes Sammelbecken für Erleuchtete oder eine Einheit außerhalb von uns Existierenden Wesen - das hat der Buddha nicht gelehrt und wäre auch an den Haaren herbeigezogen ohne jede Erfahrungsmöglichkeit für irgendein Wesen.

    Und nichts kann zu nichts werden (Nihilismus hat der Buddha auch nicht gelehrt).

    Also wird wohl in der Erleuchtung die Individualität bestehen bleiben.