Beiträge von Helmut im Thema „Wie steht der Buddhismus zum Altruismus?“

    Mhm. Ja, das Gefühl des Mitgefühls ist durchaus gegeben. Es fällt sicher leichter, jemanden gegenüber Mitgefühl zu entwickeln, der in einer schwierigen Lage ist und oder ohnmächtig etwas oder jemanden ausgeliefert. Ich kenne es auch so, dass genau diese Menschen, sich meistens aber auch eher helfen lassen.

    Und ich konnte dies auch eine gute Zeit lang für mich so empfinden. Wenn ich jetzt so überlege, klar ist "der habgierige" Mensch auch seinen Leidenschaften, wie Du schriebst, ausgeliefert.

    Was hat sich verändert? Nun, es ist ungreifbarer und diffuser geworden, das Handeln. Und es verstärkt sich, je weniger Reaktion kommt. Sollte das nicht eigentlich anders sein?

    Sicherlich ist es oft so, dass der Wunsch nach Leidfreiheit gegenüber Mitmenschen, die sich in einer schwierigen Lage befinden oder eine schwere Krankheit erleiden, eher entsteht als gegenüber Mitmenschen, denen es offensichtlich sehr gut geht. Dies ist aber noch ein recht

    oberflächliches Mitgefühl. Es ist deshalb aber nicht wertlos. Wir sollten es ausbauen indem wir uns verdeutlichen, dass auch diejenigen, die angeblich auf der Sonnenseite des Lebens stehen, ebenfalls Leiden verschiedenster Art ausgesetzt sind. Sie können ihre Stellung, ihren Besitz verlieren, sie werden letztlich genauso sterben wie wir anderen auch. Zum Zeitpunkt des Todes nutzt ihnen ihre gesellschaftliche Stellung, ihr Besitz dann nichts mehr und auch ihre Angehörigen können ihnen nicht mehr helfen.


    Wir können unsere Mitmenschen nicht verändern so lange sie selbst nicht den Wunsch, den Willen haben, sich verändern zu wollen, sich von ihren Leidensursachen befreien zu wollen. So hat der Buddha ja auch gelehrt, dass er uns die Leidensursachen nicht mit Wasser weg waschen kann und uns seine spirituellen Verwirklichungen nicht so überreichen kann wie man einem Kind ein Geschenk überreichen kann. Er kann uns nur den Pfad lehren, den wir selber üben müssen, wenn wir uns von unseren Leiden und deren Ursachen befreien wollen.


    Wir können im Prinzip nichts anderes tun. Auf der Grundlage unseres Wunsches nach der Leidfreiheit unserer Mitmenschen müssen wir uns fragen, ob wir die Fähigkeiten besitzen, ihnen den Weg aufzuzeigen, durch den sie ihre Leidfreiheit erlangen können. Wahrscheinlich werden wir feststellen, dass es uns noch an notwendigen Fähigkeiten mangelt und wir uns selbst erst einmal schulen müssen. Aber selbst wenn wir die erforderlichen Fähigkeiten besitzen anderen zu helfen, nützen sie uns nicht sehr viel, wenn sich unsere Mitmenschen nicht dabei helfen lassen wollen, sich von ihren Leiden samt deren Ursachen zu befreien. Sicherlich wird es andere Mitmenschen geben, die sich helfen lassen wollen und denen können wir dann mit unseren Fähigkeiten nutzen.


    Das ist für mich Altruismus im Kontext der Buddha-Lehre; auch wenn dieser Begriff in den Übersetzungen der Suttas / Sutras kaum auftaucht.


    Gruß Helmut

    Mitgefühl ist, wie es Phönix sagt und auch in vorherigen Beiträgen gesagt wurde, eine innere Haltung, die man zunächst in sich selbst entwickelt. Im Kontext der Lehre des Buddha bedeutet Mitgefühl, den Wunsch zu haben, dass die anderen fühlenden Wesen frei sein mögen von ihren verschiedenen Leiden. Je mehr man in sich selbst diese Haltung entwickelt und vertieft, wird sich die Einstellung zu den Mitmenschen verändern. Es verändert sich erst einmal nur bei einem selbst etwas und man verhält sich dann anders gegenüber den Mitmenschen. Man trägt das Mitgefühl nicht wie eine Fahne für alle sichtbar vor sich her. Es geht erst einmal nicht darum, bei anderen etwas zu verändern, aber das veränderte eigene Handeln kann bei den Mitmenschen etwas bewirken, muss es aber nicht. Entscheidend ist zunächst, die eigene Einstellung zu verändern und nicht andere verändern zu wollen. Wenn ich aufgrund meines Mitgefühls meine Haltung den Mitmenschen gegenüber verändere, bedeutet dies ja nicht, dass ich mich ausnutzen lasse.


    Man lernt durch die Entwicklung des Mitgefühls auch immer mehr, zwischen dem handelnden Menschen und seinen Handlungen zu unterscheiden. Es geht ja nicht darum, den Menschen zu verurteilen, sondern zu sehen, dass sein Handeln von Leidenschaften wie Unwissenheit, Gier, Hass usw. bestimmt ist. Die so motivierten Handlungen sind zu kritisieren, aber nicht der Mensch, der sie ausführt, weil dieser eben unter der Macht seiner Leidenschaften steht und dementsprechend handelt.


    Gruß Helmut

    Um noch mal wieder auf Ravenas Eingangspost zurückzukommen. Die lieblose Mutter sollte doch ein Objekt unseres Mitgefühls sein, denn ihre Lieblosigkeit ist ja nicht vom Himmel gefallen, sondern Ausdruck dessen, dass sie von Unwissenheit und Leidenschaften beherrscht ist. Ihr liebloses Verhalten hat sie ganz bestimmt nicht glücklich gemacht.


    Gruß Helmut

    Ausgehend von Ravena Eingangspost haben wir es doch mit folgenden Punkten zu tun:


    1. Wie können sich zwei Töchter einer lieblosen Mutter so diametral entwickeln?
    2. Ist deren jeweilige Entwicklung eine extreme, weil sie beide nicht die Mitte gefunden haben?
    3. Warum haben sich in der Familie der altruistischen Tochter die in Beitrag 7 von Ravena genannten Verhaltens- und Erlebensweisen ergeben?
    4. Sind die Mütter an allem Schuld was wir erleben und erfahren und spielen unsere Väter demnach für unser Leben keine besondere Rolle?


    Daraus ergibt sich für mich, dass das was ich und andere in ihrem Leben erfahren und erleben, was sie erreichen und nicht erreichen sich aus einem komplexen Ursache-Wirkungs-Zusammenhang ergibt. Deshalb hilft es nicht weiter, alles auf eine einzige Ursache zu reduzieren.


    Gruß Helmut

    Hallo Ravena,


    dein Beitrag in Wie steht der Buddhismus zum Altruismus? (7) ist doch ein gutes Beispiel dafür, dass unsere Mütter gar nicht alleine daran Schuld sein können wie wir uns als Menschen entwickeln. Wenn die Mütter an allem Schuld wären wie wir es oft von Psychologen hören, dann müssten wir auch unsere Großmütter dafür verantwortlich machen wie wir sind, denn unsere Großmütter wären dann ja Schuld daran wie unsere Mütter sind und dadurch auch indirekt Schuld daran wie wir sind und was wir erleben. Diese Kette würde sich unendlich in die Vergangenheit fortsetzen. Dass zeigt schon wie irrelevant diese Vorstellung ist. Erstaunlich ist, dass unsere Väter in diesen psychologischen Theorien so gut wie nie vorkommen.


    Gruß Helmut

    Ich beziehe mich jetzt mal nur auf das von mir als Fettgedrucktes markiert im Zitat. Ich halte diese Analyse für ziemlich oberflächlich. Sie ist auch logisch nicht haltbar, weil einer Ursache nicht zwei völlig konträre, gegensätzliche Wirkungen entstehen. Dass diese beiden Schwestern sich so unterschiedlich entwickelt haben, kann also nicht allein an der lieblosen Mutter liegen. Da müssen also noch andere Faktoren für diese unterschiedliche Entwicklung eine bedeutsame Rolle gespielt haben.


    Erstaunlich ist auch, dass diese psychologisch geschulten Leute die beiden Lebensweisen der Schwestern als Extrem auffassen. Wieso ist denn eine altruistische Lebensweise ein Extrem? Was ist denn deren Meinung nach die Mitte, die beide Schwestern verfehlen?


    Gruß Helmut