Beiträge von Leonie im Thema „Was ist säkularer Buddhismus?“

    Ebenso wenig, wie ich davon halte, den Buddhismus zu verwissenschaftlichen (die Gefahr seh ich bei Batchelor), alles unlogische auszuschließen, so unsinnig halte ich es auch, Ethik zu vermechanisieren. Denn das macht der Karma-Ansatz aus meiner Ansicht.

    Nee klar.


    Aus meiner Ansicht gibt es Handlung und Wirkung und es gibt Absicht und Wille. Was man beim sB vorliegen hat ist eine "neue" Lehre, also eine Sammlung von Ansichten bzw. Vorstellungen. Die könnten einen Rahmen bilden, durch den ich meine Handlungen bewerte - aber da nehme ich dann doch lieber "paticcasamuppada". Und da steht dass aus Unwissenheit die Gestaltungen entstehen, d.h. die Formen, die bereits karmisch, weil unterscheidend, sind.


    Und in MN 74 heißt es da:

    Zitat

    "Aggivessana, was jene Mönche und Brahmanen betrifft, die die Lehrmeinung und Ansicht vertreten 'einiges ist für mich annehmbar, einiges ist für mich nicht annehmbar' - ihre Ansicht ist bezüglich dessen, was für sie annehmbar ist, nahe der Begierde, nahe dem Gefesseltsein, nahe dem Ergötzen, nahe dem Festhalten, nahe dem Anhaften, während ihre Ansicht bezüglich dessen, was für sie nicht annehmbar ist, nahe der Nicht-Begierde, nahe dem Nicht-Gefesseltsein, nahe dem Nicht-Ergötzen, nahe dem Nicht-Festhalten, nahe dem Nicht-Anhaften ist."


    6. "Aggivessana, ein Weiser unter jenen Mönchen und Brahmanen, die die Lehrmeinung und Ansicht vertreten 'für mich ist alles annehmbar', erwägt so: 'Wenn ich stur an meiner Ansicht >für mich ist alles annehmbar< festhalte und erkläre, >Nur dies ist wahr, alles andere ist falsch<, dann könnte ich mit den zwei anderen in eine Meinungsverschiedenheit geraten: mit einem Mönch oder Brahmanen, der die Lehrmeinung und Ansicht vertritt >für mich ist nichts annehmbar< und mit einem Mönch oder Brahmanen, der die Lehrmeinung und Ansicht vertritt >einiges ist für mich annehmbar, einiges ist für mich nicht annehmbar<. Mit diesen zwei könnte ich in eine Meinungsverschiedenheit geraten, und wenn es eine Meinungsverschiedenheit gibt, gibt es Streitgespräche; wenn es Streitgespräche gibt, gibt es Zank; wenn es Zank gibt, gibt es Verdruß.' Weil er Meinungsverschiedenheiten, Streitgespräche, Zank und Verdruß für sich vorhersieht, überwindet er jene Ansicht und nimmt keine andere Ansicht an. Auf diese Weise kommt das Überwinden dieser Ansichten zustande; auf diese Weise kommt das Aufgeben dieser Ansichten zustande."


    Also diese Unterscheidungen, was annehmbar ist und was nicht, sind bereits karmisch bedingt und entstehen aus Unwissenheit. Die Absicht einen westlichen, dem westlichen Geist passenden Buddhahut zu basteln, ist schon das Problem. Als Wissenschaftler, geistes-wie natur, braucht es Unterscheidungen, schließlich wird so Wissen generiert.

    Aber Wissen ist bedingt und jeder weiß, dass die Unwissenheit mit dem wachsenden Wissen mitwächst. Sie wird immer größer, hat man so den Eindruck. Was ja für das Arbeitsprogramm in den Wissenschaften auch wieder nützlich ist.

    Wer also für seine Praxis einen ideologischen Rahmen braucht und nichts passendes findet, der bastelt sich eben selbst einen. Das ist aber dumm, weil die Lehre, also der Rahmen als Floss betrachtet wird und nur dem einen Zweck dient, Leiden zu beenden - warum also selbst ein Floß bauen, wenn doch eines schon da ist. Und ist Buddha nicht zum Ziel gekommen? Oder hat da einer Zweifel?

    Es gibt im Zen die Neigung genau zu diesen beiden "falschen" Ansichten, dass es kein Karma und keine Wiedergeburt gäbe. Vom Standpunkt der höchsten Wahrheit ist das tatsächlich so - es gibt nur Jetzt - weder Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft, niemand zu Hause oder wie das alles so gesagt wird. Wo alles ausgelöscht ist, gibt es kein Karma, keine Wiedergeburt, keine Ansicht, kein Gedanke - da gibt es keine Empfindung und kein Leben. Da ist auch kein Bewusstsein.

    Dafür gibt es dann Pai-changs Fuchs

    Zitat

    Damals, als Pai-chang eine Reihe von Vorträgen hielt, war immer ein bestimmter alter Mann dort, der zusammen mit den Mönchen zuhörte. Als sie gingen, ging auch er. Eines Tages, jedoch, blieb er zurück. Pai-chang fragte ihn: "Wer bist du, daß du hier vor mir stehst?" Der alte Mann antwortete: "Ich bin kein menschliches Wesen. In weit entfernter Vergangenheit, zur Zeit von Kasyapa Buddha, war ich erster Priester auf diesem Berg. Eines Tages fragte mich ein Mönch "Fällt eine erleuchtete Person unter das Gesetz von Ursache und Wirkung oder nicht?" Ich antwortete: "Solch ein Mensch fällt nicht unter das Gesetz von Ursache und Wirkung." Daraufhin wurde ich fünfhundert Mal als Fuchs wiedergeboren. Sag mir bitte ein Kehrwort und befreie mich vom Körper eines Fuchses." Dann fragte er Pai-chang: "Fällt ein erleuchteter Mensch unter das Gesetz von Ursache und Wirkung oder nicht?" Pai-chang sagte: "Solch ein Mensch umgeht nicht das Gesetz von Ursache und Wirkung."


    Ein bedingtes Wesen, wie der Mensch, lebt unter dem Gesetz von Ursache und Wirkung und erkennt auch Wiedergeburt, wenn er dafür ein Auge hat.

    Zitat

    Wir können mit einem säkularen, naturalistischen Buddhismus weite Kreise der säkularen Gesellschaft erreichen, weil er der Deutung dessen, was die Gesellschaft Wirklichkeit nennt, nicht nur entspricht, sondern diese Sicht konstruktiv erweitert. Säkularer Buddhismus kann all jene ansprechen, die geprägt sind durch einen modernen Skeptizismus, die aber dennoch ein spirituelles Bedürfnis und die Sehnsucht nach Befreiung verspüren. Ich denke dabei auch an die vielen Menschen, die durch ihre religiöse Sozialisation oder aus punktuellen Erfahrungen mit christlichen Kirchen traumatisiert sind. Ihnen bietet ein Buddhismus, der erst einmal frei von allen Elementen einer konkreten Tradition ist, ihrer Rituale, einer bestimmenden Ästhetik, vor allem aber frei vom Ballast einer 2.500 Jahre währenden Religionsgeschichte, einen Anknüpfungspunkt.


    Ich denke, da sollte man doch dann konsequent sein und jeglichen Ballast abwerfen. Im Kern geht es ja auch im klassischen Buddhismus darum: jegliche Ansicht(en) fallen zu lassen.

    Solange Menschen aber noch Sehnsucht haben, nach besseren Zukünften, sind sie in Gefahr Heilslehrern und deren Versprechen hinterher zu gehen. In unserer säkularen, also weltlichen Welt gibt es diese Heilsversprechen wie Sand am Meer und da findet jeder das für sie/ihn passendes. Ist alles fake.