Hallo und herzlich Willkommen Marcel,
ich werde dieses Jahr 72, und ich kann Deine Erfahrungen grundsätzlich nicht teilen. Ich selbst fühle mich nicht alt, sondern eher wie 40, obwohl ich mich schon lange nicht mehr so bewegen kann wie damals - und natürlich auch Falten schlage.
Als ich selber jünger war, waren Menschen meines Alters alt. Die Entwicklung der Gesellschaft in unseren Breiten geht einen Weg, dass man das Älterwerden schon mit 40 spüren beginnt. Dabei ist dies noch relativ jung. Am Arbeitsmarkt ist man schon alt.
Auch das kenne ich nicht.
Meine Beobachtung wie bei Familienfeiern mit den "Alten" umgegangen wird und auch sonst in der Gesellschaft vergleiche ich dem eines Kindes. Man wird oft einfach nicht mehr ernstgenommen. Gespräche werden nicht mehr gesucht.
Nö, kenne ich nicht.
Wenn ich sehe, wie man in Pflegeeinrichtungen, Krankenhäuser, im Medizinwesen, aber eigentlich überall mit alten Menschen umgeht, macht mir das Angst und die Frage stellt sich will man so alt werden? Hat dies noch mit einem würdevollen Leben zu tun?
Das kann ich verstehen - und ich werde, soweit es mir möglich ist, auch nicht in eine Pflegeeinrichtung "gehen", sondern mir zuvor die Abschieds-Pille geben lassen, wenn ich mir nicht mehr selbst helfen kann.
Um "würdevoll" dreht es sich für mich dabei nicht, sondern um sinnvoll.
Genauso wie Menschen aus welchen Gründen auch immer früher in Rente gehen oder zur Zeit wie es das Gesetz verlangt, spätestens hier beginnt man zu spüren, dass man nicht mehr gebraucht wird. Ich könnte es auch mit einer Stigmatisierung vergleichen, Menschen die keine Arbeit haben leiden ebenso, man nimmt sie ernst, aber sie sind in den Augen Vieler Menschen zweiter Klasse.
Deine Gedankengänge sind mir fremd. Ich will gar nicht mehr "gebraucht werden", ich bin seit 2006 zunächst im Vor- und dann im Ruhestand und genieße seither mein Leben. Wie schön ist es, nicht mehr zu einer bestimmten Zeit aus dem Haus zu müssen und alles so einzurichten, wie es mir am besten passt.
Ich bin noch nicht ganz Alt, aber die Zukunft wird mehr und mehr geprägt davon, dass die Leistungen, die "wir" Alten vollbracht haben um das Leben wie es bis vor kurzem war wertzuschätzen deutlich sinken. Ich vermisse den Respekt, welchen meine Generation gelernt hat vor dem Älteren, der schwindet markant.
Ich vermisse weder Respekt noch erwarte ich ihn, auch sehe ich keine Leistungen, die ich als "Alte" vollbracht haben soll. Ich habe gelebt, so wie ich meinte, mein Leben einrichten zu können, habe allein meine Tochter großgezogen, ohne zu erwarten, dass ich dafür einen Verdienstorden bekomme. Ich bin stolz (in Maßen) darauf, mein Leben gemeistert zu haben, ich brauche keine Bestätigung von außen.
Und Deine Generation (interessiert mich schon, wieviel älter Du bist als ich) hatte spätestens seit den 60er Jahren kaum Respekt vor der älteren Generation, denn die damaligen "Alten" waren noch vom Nationalsozialismus geprägt.
Auch aus buddhistischer Sicht sehe ich keinen Grund zum Jammern. Ich bin dankbar, in einem so gut organisierten und medizinisch gut dastehenden Land zu leben - trotz aller auch berechtigter Kritik daran.
Es tut mir leid, Dir keine positive Antwort geben zu können.
Ich hoffe, Du kannst Deine Perspektive - vielleicht mit Hilfe anderer Beiträge - ändern.
Monika