Der Begriff 'pratyekabuddha' in den MMK ist ein philologisches Problem, bei dem man sich hüten sollte, den durch doktrinäre Definition erst deutlich später festgelegten Inhalt des Begriffs (der mithin eine Begriffsgeschichte hat) ohne Hinterfragung auf seine Bedeutung in den MMK zurück zu projizieren. Nun ist eben diese Begriffsgeschichte schwierig (wenn nicht unmöglich) bis auf Nagārjuna, also die frühe Formationsphase dessen, was dann das Mahāyāna werden sollte, zurückzuverfolgen. Dass es da Inkongruenzen zwischen heute gängiger Deutung und der Verwendung bei Nagārjuna gibt, zeigt ziemlich unmissverständlich MMK 17.13.
Es mag ein philologisches Problem sein für die westlichen Sprachwissenschaftler. Aber es gibt doch indische Kommentare zu Nagarjunas Text, die zweifellos bis zum Einfall des Islam auf mündlicher Erklärungstradition beruhen. Diese ununterbrochene Tradition hat sich bis heute in Tibet erhalten.
Wenn für dich also gilt: "Nun ist eben diese Begriffsgeschichte schwierig (wenn nicht unmöglich) bis auf Nagārjuna,....... zurückzuverfolgen." - dann halte dich doch an die noch lebende Tradtion der Madhyamikas in Tibet, wenn es um Nagarjunas Begriffe geht. (Von Bodhidharma, dem ersten Chan-Patriarchen ist mir eine spezielle Verbindung zu MMK nicht bekannt)
Wie willst du es sonst machen? - Dir fehlt wohl das Vertrauen zur tibetischen Tradition? Oder vielleicht zur mündlichen Tradition überhaupt?
In dieser Tradition ist der Begriff 'pratyekabuddha' in MMK kein Problem. Der stimmt gut überein mit dem was du hier findest:
Dort steht auch, dass "beziehungslos" (asaṃsargāt) - Kalupahana übersetzt: "without contact or association" - sich auf Lehrer bezieht. Die wörtliche Übersetzung von 'pratyekabuddha' ist ja "Allein-Erwachter". So ist es auch in der tibetischen Tradition.
Ich persönlich habe den Verdacht, dass der 'pratyekabuddha' insbesondere in MMK 17.13 eine Bedeutung hat, die auf den Bodhisattva in der historisch späteren 'Dreiteilung' Buddha/Bodhisattva/Śravaka vorausweist. Aber wegen der nicht rekonstruierten (vielleicht auch nicht rekonstruierbaren) Begriffsgeschichte ist das natürlich genau so spekulativ wie jede andere Deutung.
Deine Deutung ist äußerst spekulativ, eigentlich ganz ohne Anhaltspunkt.
Wenn es dagegen eine lebende ununterbrochene Tradition von Nagarjuna bis heute gibt, ist das nicht spekulativ.
Was nun MMK 18.11 angeht, so gibt dieser eine Parallele für das 'beziehungslose' - anders ausgedrückt: akausale - Erwachen in 18.12. So, wie der Dharma ohne kausale Ursachen und Bedingungen ist, ist auch das Erwachen des pratyekabuddha ohne kausale Ursachen und Bedingungen möglich. Was selbstredend nicht heisst, dass Akausalität des Dharma Bedingung der Akausalität des Erwachens ist oder umgekehrt - genau dem widerspricht Nagārjuna explizit. Aber 18.12. ist halt die Pointe ... und im Übrigen das Samenkorn der Zazen-Übung.
Wie schon gesagt finde ich es sehr wunderlich, dass du 'beziehungslos' = akausal setzt.
Weil MMK 18.11 und vorherige Verse zeigen, um welche 'Beziehung' es hier geht: um die bekanntgewordene Lehre des Buddha. Pratyekabuddhas erwachen auch ohne dass ihnen die überlieferte Lehre des Buddha in ihrem aktuellen Leben bekannt ist.
Aber 18.12. ist halt die Pointe ... und im Übrigen das Samenkorn der Zazen-Übung.
Das witzigste ist, dass man Zazen üben muss, wenn man akausal erwachen will.