Das Konzept von Außen und Innen ist jedoch immer ein Modell. Eine Art evolutionäre Arbeitshypothese, um als biologisches Wesen mit vielen Bedürfnissen in einer komplexen Umwelt bestehen zu können. Außen und Innen sind so wie die unsichtbaren Dreiecke, die wir vermeindlich sehen können. Wir erschaffen sie in gewisser Weise. Auf einer relativen Ebene sind sie jedoch völlig richtig und unbedingt notwendig.
ja, das verstehe ich.
"Auf einer relativen Ebene sind sie jedoch völlig richtig und unbedingt notwendig." bedeutet dann aber auch, dass "Innen" und "Außen" völlig gleichberechtigt und gleich wichtig sind. Weil sie ja nur in gegenseitiger Abhängigkeit existieren können, so wie kurz und lang und links und rechts.
Dabei spielt es für das Außen keine Rolle, ob du es mit subjektiven Projektionen überziehst oder nicht: das Außen, so wie es ist, ist halt das Außen.
Und davon (so wie Außen ist) bist du völlig, ganz und gar, 100 prozentig abhängig. Du bist von Anderen und Anderem abhängig entstanden und bestehst nur abhängig: von der Luft, die du atmest, von der Nahrung, vom Wasser. Selbst deine Gedanken und dein Wissen und deine Sprache usw. hast du von anderen!
Und deine Gefühle und dein Bewusstsein?
16. "Ihr Bhikkhus, ein wohlunterrichteter edler Schüler, der die Edlen beachtet und in ihrem Dhamma bewandert und geschult ist, der aufrechte Menschen beachtet und in ihrem Dhamma bewandert und geschult ist, betrachtet materielle Form so: 'Dies ist nicht mein, dies bin nicht ich, dies ist nicht mein Selbst.' Er betrachtet Gefühl so: 'Dies ist nicht mein, dies bin nicht ich, dies ist nicht mein Selbst.' Er betrachtet Wahrnehmung so: 'Dies ist nicht mein, dies bin nicht ich, dies ist nicht mein Selbst.' Er betrachtet Gestaltungen so: 'Dies ist nicht mein, dies bin nicht ich, dies ist nicht mein Selbst.' Er betrachtet das, was gesehen, gehört, empfunden, erfahren, erlebt, gesucht und geistig erwogen wird, so: 'Dies ist nicht mein, dies bin nicht ich, dies ist nicht mein Selbst.'
Auf der nicht-relativen Ebene, d.h. in der Sicht des Buddha, ist es sogar so: es gibt tatsächlich kein "Inneres" im Sinne von Ich und mein.
Wie Thích Nhất Hạnh mal prägnant gesagt hat: "Ein Ding besteht aus lauter Sachen, die nicht dieses Ding sind" - dieses gilt auch für uns Lebewesen.
Wir bestehen also nur aus Anderem. Wo ist denn da etwas "Inneres"?
Mit diesen Überlegungen (und wohl in der Meditation darüber) kommt man zur Einsicht in die Leerheit des Ich, oder die Leerheit des Innern.
Zu dieser Einsicht kommt man eher als zur Einsicht in die Leerheit des Äußeren, denn wer weiß was da tatsächlich existiert, eventuell unabhängig von uns?
Es sind jedenfalls Überlegungen, die weg von der Egozentrik führen. "Ich denke, also bin ich" (alles andere ist zweifelhaft).
Es war früher schon schwierig, Egozentrik zu überwinden. Aber heutzutage kommen auch noch - o weh - die neumodischen Spiegelneuronen dazu. Die verstärken nochmal die Tendenz zur Egozentrik.
Wie gesagt kann man auf relativer Ebene allerdings von "mein Inneres" sprechen, insbesondere wenn man Gier, Haß und Verblendung betrachtet und sie eliminieren möchte.
Aber wie kann man die Gier nach Geld und Besitz z.B. reduzieren, wenn man nicht auf das Äußere, was man anstrebt, schaut, es möglichst objektiv, vorurteilsfrei untersucht, und dessen Unbeständigkeit, Leidhaftigkeit und Leerheit feststellt?