Beiträge von Martin_1980 im Thema „Wieso meditiere ich kaum?“

    Wie schön du es ausdrücken kannst, Martin_1980 . Ich bin immer wieder fasziniert. _()_


    Das halte ich für einen entscheidenden Punkt. Genau so komme ich an Stellen, wo Meditation / Zazen beginnt, ans Eingemachte zu gehen und einen nächsten Schritt zu ermöglichen. Weil da eben etwas verborgen liegt, dem ich unbewusst lieber ausweichen möchte. Man scheint sich paradoxerweise nicht selten zu sträuben, ein neues Tor zu öffnen.

    🙏🙏🙏

    Hallo,

    ich stelle mir oft die Frage wieso ich so wenig meditiere. Es tat mir immer so gut aber stadtdessen schaue ich mir YT Videos an oder hänge am Handy.... Mich ärgert es selber wieso ich so bin.

    Ich wähle anstadt der Freiheit das Leid....wie blöd muss man sein?

    Hinsehen tut manchmal weh.


    Warum möchte man eigentlich Meditieren, und loslassen?


    Egal ob religiös oder nicht, wissen die meisten von uns, dass etwas nicht stimmt.

    Irgendwas passt nicht.


    Wir essen leckere Speisen, haben viel Spaß im Bett. Wir machen was wir wollen, und trotzdem passt was nicht.


    Warum und wann wenden wir uns der Meditation zu?

    Wenn es meine lieblingsspeise gab, oder ich mit einem hübschen Mädchen Sex hatte, habe ich selten daran gedacht, dass ich jetzt Meditieren muss und soll.


    Während der Sonnenuntergänge auf Rarotonga, mit einem kalten Bier in der Hand , umgeben von neuen Freunden am Lagerfeuer , habe ich selten gedacht : "Loslassen, nicht ergreifen, rauf aufs Kissen!"


    Wenn das aber vorbei war, dann war ich traurig.

    Wenn meine Familienmitglieder starben, und der Doktor meine Katze einschläfern musste, heulte ich tagelang.


    Wie bringt man diese innere Stimme, dass alles vergänglich und mit Leiden im Gepäck kommt, zum Schweigen ?


    Anicca und Dukkha wollte ich nicht akzeptieren, und anatta konnte ich nicht verstehen.


    Musik, Videos, Essen, TV, Drogen usw lenken uns ab.

    Hinschauen tut manchmal weh.

    Meistens geben wir auf, bevor wir jene Bereiche in der Meditation kennen lernen, wo wir das Herz in seiner natürlichen Form erleben können.


    Wir glauben dass das lange Sitzen nichts bringt. Aber wir können gleichzeitig stundenlang ein Spiel auf der Playstation spielen, oder mehrere unserer lieblingsserien hintereinander anschauen.


    Die ersten 5 oder 10 Minuten auf dem Kissen bringen manchmal ein wenig Ruhe, aber dann kommen Dinge hoch, die man sonst nicht sieht.

    Man möchte es nicht sehen.


    "Diese faulen Menschen im Kloster tun ja nichts"


    In Wirklichkeit tun sie sehr viel.

    Sie gehen in jene Bereiche, wo der Kopf nichts mehr zu sagen hat, und das Herz durch die Stille spricht.


    Meditation ist nicht ein müssen, sondern ein dürfen.

    Sie führt uns zu einem Frieden und einer Freiheit, die nicht mehr bedingt ist, durch die äußeren Umstände.

    Ohne die unzähligen Stunden auf dem Kissen (die manchmal die Hölle waren), wäre ich heute immer noch der unsichere Rechtsradikale, der Frauen ausgenutzt hat, und ständig Ärger gemacht hat.


    Selbst wenn ich keine Freiheit erlangt hätte, so hätte die Welt trotzdem von meiner Praxis profitiert. Ein Mensch der viel weniger aggressiv ist, und viel weniger Ärger macht

    Die Praxis hilft nicht nur uns, sondern auch unserem Umfeld.


    Ich bin später dann, fast einmal am Leiden der Welt zerbrochen.

    Ich habe Geld und essen gespendet, aber trotzdem wurde es nicht besser.

    Ich konnte und kann die Welt nicht retten. Aber auf dem Kissen kann ich dafür sorgen, dass ich weniger Schaden anrichte, und ich kann durchs ruhig werden, untersuchen/ verstehen, durchs Lieben und loslassen, eine Art von Freiheit in meinem Herzen finden.


    Ich leide (fast) nicht mehr mit, und durch die Welt.


    Manchmal kommt man auf dem Kissen in Situationen, wo man nicht mehr kann. Die Schmerzen scheinen unerträglich zu sein.

    Aber wenn man nicht sofort aufgibt und sich stattdessen ein Video auf Youtube anschaut, wird das(die ?) verhasste Anicca plötzlich zu einem Lehrer.


    Ich erinnere mich an meinen ersten Breakthrough.


    Es war sehr heiß und ich musste mit anderen Menschen Meditieren.

    Damals wollte ich lieber in mein Zimmer und vor dem Ventilator alleine sitzen.

    Aber mein zweiter Lehrer erlaubte das nicht.

    Ich hatte Schmerzen weil ich nicht über 30 Minuten sitzen konnte, und das schwitzen ekelte mich an.

    Ich konnte nicht einfach aufstehen und gehen, weil das sehr respektlos gewesen wäre, und ich diesen Lehrer irgendwie bewunderte.


    Plötzlich war dort nur noch dieser Schmerz und dieser Ekel.


    Der Lehrer sagte was auf thai zu mir, und ein anderer Mönch übersetzte es : "Du musst deine Probleme in deinem Herzen lösen"


    In diesem Moment schickte ich Liebende Güte an mein Knie und dem restlichen Körper.

    Ich habe die Situation akzeptiert und plötzlich verschwand meine Abneigung und der Schmerz war nicht das Problem des Herzens.

    Manchmal saß ich am Nachmittag deutlich über eine Stunde und konnte die Kontemplation gewissenhaft durchführen.


    Mein wichtigster Moment in der Praxis, war ein Moment wo ich innerlich aufgegeben habe.

    Nein, ich bin nicht einfach aufgestanden und habe mir ein Video angesehen (gab es damals eh noch nicht).


    Ich habe es aufgegeben, mich durchs Fasten, Schlafentzug, stundenlanges sitzen zu quälen, um etwas zu erreichen, dass aber eigentlich nur durchs loslassen, lieben und akzeptieren, zu erreichen ist.


    In diesem Moment ist der Hass und die Angst deutlich weniger geworden, und die Liebe in meinem Herzen wurde nur noch durch Upekkha übertrumpft.


    Damit möchte ich auch auf ein anderes Thema hinweisen.

    Meditation sollte zumindest einmal richtig erlernt werden.

    Sonst geben wir bald einmal auf.

    Eine Sangha ist hilfreich!


    Es ist kein Weg zum Glück, sondern eine Heimkehr zum Frieden, der jenseits von dem ist, was unser Kopf verstehen kann.

    Auch wenns nicht mit den Schriften konform geht, bin ich der festen Überzeugung, dass unsere wahre Natur ein stilles Glück ist, dass unter den ganzen Verwirrungen dieser Welt begraben ist.


    Die Ruhe am Anfang gibt uns einen Überblick über den Zustand unseres Herzens.

    Diese Ruhe gibt uns Zeit und Kraft.

    Schon ein wenig tiefer finden wir eine Liebe in uns, eine Liebe die heilt und nährt.

    Die Ruhe und die Liebe heilen das Herz.

    Aus dieser Ruhe heraus, können wir beobachten, erforschen und Einsicht in die Natur der Welt erlangen.


    Wir werden dann nicht unbedingt glücklicher sein, aber wir werden Frieden erfahren, der nicht mehr abhängig ist von den äußeren Umständen.


    Wenn dir jemand, der dich liebt, einen Schlüssel zu einem bankschließfach geben würde, wo ein unvorstellbarer Schatz drinnen ist, würdest du wohl auch nicht Videos anschauen, sondern zur Bank gehen und den Schatz anschauen bzw an dich nehmen.


    Der Buddha und die ganzen erleuchteten Menschen haben uns aus ihrer Liebe und Mitgefühl heraus, einen Weg zum Schatz hinterlassen.

    Dieser Weg endet dort wo er beginnt, nämlich in unseren Herzen.


    Wir erlangen nicht die Erleuchtung, sondern wir befreien das Herz von Angst, Hass, Unwissenheit,und lassen das Herz leuchten.



    Ich wünsche dir alles Gute!