Beiträge von Helmut im Thema „Atman - Nagarjuna 18.Kapitel Mulamadhyamakavatarakarikas (MMK)“

    Indem der Yogi / die Yogini in der tiefen Meditation diese Ansicht eines inhärenten Selbst aufgibt und überwindet, befreit er / sie sich von der Fesselung an Samsara.

    Wollte hinzufügen... Und er befreit sich von den Fesseln der Dualität.... Welche Samsara und Nirvana als so wie "getrennt" betrachten. Tja, für diesen "Yogi" es ist dasselebe... ( keinen Unterschied), wenn ich es richtig erinnere... von Nagarjuna stammt.

    LG.

    Wobei ich es als wichtig ansehe das "sich von der Fesselung befreien" gesagt wird und nicht von "Befreiung" von Samsara gesprochen wird.

    Von den Fesseln befreien nicht von Dualität.

    Die Befreiung aus Samsara besteht ja darin, dass man durch Überwindung der Leidensursachen den Zustand der Leidensauflösung verwirklicht hat. Die Unwissenheit, die die Wurzel des Samsara ist, hat ja verschiedene Aspekte. Im wesentlichen läuft es auf bestimmte verkehrte Ansichten hinaus. Die wesentliche Wurzel des Samsara ist ja die Ansicht, dass die Person und die Phänomene ein Eigenwesen haben, weil es uns so erscheint und wir daran fest glauben.


    Indem wir diese Ansicht überwinden, geben wir auch andere nicht der Realität entsprechende Ansichten auf. Dazu zählen auch dualistische Ansichten. In A Study of Svatrantika nennt Lopez drei Arten von dualistischen Ansichten:

    • Die Erscheinung eines Objektes als verschieden vom Wahrnehmenden
    • die Erscheinung von wahrer Existenz
    • die Erscheinung von Konventionen.

    Mit der Befreiung aus Samsara befreit man den eigenen Geist also auch von dualistischen Ansichten. Damit wird auch die Ansicht überwunden, dass es zwischen Samsara und Nirvana keinen Zusammenhang gibt.


    Allein schon aus dem abhängigen Entstehen, das Buddha Sakyamuni gelehrt hat, ergibt sich ja auch, dass die Phänomene nicht zusammenhangslos existieren. Das bedeutet aber nicht, dass sie alle zu eins zusammenfallen. Für einen Yogi sind Samsara und Nirvana nicht generell identisch, sondern nur unter einem bestimmten Gesichtspunkt: sie gleichen sich darin, dass sie beide keinerlei Eigenwesen haben. Schauen wir uns ihre spezifischen Merkmale an, ergeben sich sehr viele Unterschiede.


    Samsara ist durch eine Vielzahl von Leiden und deren Ursachen charakterisiert, während Nirvana die Abwesenheit dieser Leiden und deren Ursachen ist. Trotzdem sind sie aufgrund des abhängigen Entstehen darin gleich, dass sie keine Eigenexistenz haben; aber nur in diesem Punkt sind sie gleich.

    Im ersten Vers von MMK 18 widerlegt Nagarjuna, dass das Selbst eine inhärente Existenz besitzt. Die Negation einer inhärenten Existenz ist ja sein Thema in den Mulamadhyamakakarikas.


    Der erste Vers hat meines Erachtens noch eine weitere, tiefere Bedeutung. Die Ansicht eines inhärenten Selbst (Atman) ist ja die Ursache des Samsara. Indem der Yogi / die Yogini in der tiefen Meditation diese Ansicht eines inhärenten Selbst aufgibt und überwindet, befreit er / sie sich von der Fesselung an Samsara.

    Die letze und endgültige , oder wie es noch heisst /Wirklichkeit/... man kann nur durch sehr tiefe meditative Versenkung erlangen....

    Denn die Leerheit negiert sich sozusagen selbst.

    Die tiefste Einsicht in die Leerheit (sunyata) erlangt man durch die Meditation. Durch sie wandelt man das begriffliche Verständnis der Leerheit in eine unmittelbare nicht begriffliche Einsicht um.


    Die Leerheit negiert sich aber nicht selbst, denn dies würde ja bedeuten, die Leerheit widerlegt sich selbst und die Leerheit sorgt dafür, dass sie sich selbst auflöst. Das geht aber nicht, weil die Leerheit ein beständiges Phänomen ist, das nicht dem Entstehen und Vergehen unterliegt.


    Ich wollte damit so hinweisen, dass die relative und "letzgültige " Wirklichkeit stehen so auch füreinander in der reziproken Beziehung, wie Sohn/ Vater. Ansonsten es wäre denn der Widerspruch zum Bedingten Entstehen. Oder?

    Über den Zusammenhang von relativer und letztgültiger Wahrheit gibt es in den philosophischen Schulen des Buddhismus unterschiedliche Auffassungen. Gemeinsam ist ihnen, dass die beiden Wahrheiten eine Einteilung aller Phänomene ist und sie sich gegenseitig ausschließen. Ein Phänomen kann nicht gleichzeitig beide Wahrheiten sein. Die inhaltlichen Definitionen sind aber recht unterschiedlich. Die Prasangika-Madhyamikas sagen zum Beispiel, dass die letztgültige Wahrheit die Leerheit ist und dies die Eigenschaft eines jeglichen Phänomens ist, weil diese in Abhängigkeit (pratityasamutpada) existieren.

    Der tibetische Meister Gendün Drub unterteilt in seinem Kommentar das 18.Kapitel des MMK in fünf Abschnitte:

    1. die Methode, die korrekte Ansicht der letztgültigen Wirklichkeit zu verwirklichen (Verse 1 - 5)
    2. die Zurückweisung von Einwänden, dass die Lehre von der Leerheit (sunyata) im Widerspruch zur Lehre des Buddha stünde (Verse 6 und 7)
    3. die Stufen mittels derer der Buddha die Schüler zur Erkenntnis der letztgültigen Wirklichkeit führt (Vers 8)
    4. die charakteristischen Merkmale der letztgültigen Wirklichkeit (Verse 9 und 10)
    5. die korrekte Ansicht der letztgültigen Wirklichkeit muss geübt und verwirklicht werden (Verse 11 und 12)

    Ich finde, dass diese Struktur hilfreich ist für das Durchdringen des Themas des 18.Kapitels, denn indirekt zeigt es auch den Weg zur Befreiung aus Samsara auf.

    Ursache und Wirkung sind nicht identisch, weil die Wirkung nicht in der Ursache enthalten ist.

    Ist das denn auch tatsächlich so? Ich meine nur den zweiten Teil des Satzes. Ist eine Wirkung nicht eine transformierte Ursache, und somit in ihr enthalten?

    Ist der Apfel nicht in gewisser Weise bereits im Frühlings-Apfelbaum vorhanden, aber noch nicht sichtbar und ausgereift, sondern erst im Herbst-Apfelbaum? Ist er nicht insofern im Apfelbaum vorhanden, nicht aber im Pflaumenbaum?

    Wenn die Wirkung eine transformierte Ursache ist, bedeutet dies ja, dass sich die Ursache in etwas anderes, nämlich die Wirkung umwandeln muss. Deshalb kann die Wirkung noch nicht zum Zeitpunkt der Ursache bestehen, weil der Transformationsprozess da noch nicht stattgefunden hat.


    Wenn der Apfel bereits in gewisser Weise im Frühlings-Apfelbaum vorhanden ist, müsste man ihn ja mittels Analyse in diesem Frühlings-Apfelbaum finden, selbst wenn er für uns noch nicht unmittelbar sichtbar ist wie im Herbst. Du wirst ihn in diesem Baum nicht finden., weil du zu diesem Zeitpunkt nur die Blüten des Apfelbaumes findest. Und ob aus diesen Blüten dann Äpfel entstehen hängt von sehr vielen Ursachen und Umständen ab.

    Man kann MMK 18.9 und 18.10 als Verspaar lesen. Der erste Vers zeigt die korrekte Sichtweise der Aryas auf die Wirklichkeit; der zweite Vers die korrekte Sichtweise derjenigen, die noch keine Aryas sind.


    Liest man den 10.Vers für sich, kann man ihn auch als Widerlegung lesen, nämlich als Widerlegung einer Eigenexistenz der Ursache und der Wirkung.


    Nagarjunas Thema in den Mulamadhyamakakarikas ist ja die Widerlegung der Eigenexistenz der Phänomene, die seine Kontrahenten postulieren.


    Dabei verwendet Nagarjuna verschiedenen Argumentationen. Das Hauptargument gegen die Eigenexistenz ist das abhängige Entstehen. Im 18.Kapitel verwendet er eine andere Argumentation mit der er untersucht, welche Beziehungen zwischen Phänomenen, die aufgrund ihres Eigenwesens existieren, bestehen können. Diese Argumentation verwendet er in MMK 18.1 und 18.10.


    Die Struktur der Argumentation ist:

    Wenn Phänomene ein Eigenwesen haben, dann sind sie entweder identisch mit anderen Phänomenen, fallen mit ihnen zu eins zusammen, oder sie sind völlig verschieden von anderen Phänomenen und es besteht keine Beziehung zwischen ihnen.


    In Bezug auf MMK 18.10 bedeutet dies:

    Wenn Ursache und Wirkung ein Eigenwesen haben, dann müssten sie identisch miteinander oder völlig verschieden voneinander sein.


    Wenn sie identisch sind, fallen sie in eins zusammen und könnten nicht voneinander unterschieden werden. Wenn sie völlig getrennt voneinander wären, gäbe es keine Beziehung zwischen ihnen. Beides trifft nicht zu.


    In MMK 18.10 formuliert Nagarjuna es von der Wirkung her. Ursache und Wirkung sind nicht identisch, weil die Wirkung nicht in der Ursache enthalten ist. Deshalb sind sie nicht identisch. Daraus folgt, dass die Wirkung kein Eigenwesen hat. Die Wirkung ist aber auch nicht völlig verschieden von der Ursache. Wäre es so, dann gäbe es keinen Einfluss der Ursache auf die Wirkung und dann gäbe es keine Kausalität. Deshalb trifft auch dieser Fall nicht zu.


    Weil eine Ursache, die Eigenwesen besäße, und eine Wirkung, die Eigenwesen besäße, nur als identisch oder völlig verschieden voneinander existieren könnten, aber beide Fälle nicht haltbar sind, folgt daraus, dass sie kein Eigenwesen besitzen.


    Damit wird aber nicht die Existenz der Ursache und der Wirkung negiert. Sie existieren, aber nur in Abhängigkeit. Negiert wird nur das Eigenwesen von Ursache und Wirkung, aber nicht, dass es Ursachen und Wirkungen gibt.

    In MMK 18.9 beschreibt Nagarjuna anhand der fünf charakteristischen Merkmale der Soheit die Sicht der Heiligen (Aryas) auf die Realität. Die Aryas sind diejenigen, die den Stromeintritt verwirklicht haben. Im Zusammenhang mit dem Bodhisattvapfad im Mahayana sind es diejenigen, die den Pfad des Sehens realisiert haben.


    Diejenigen, die noch keine Aryas sind, haben eine andere Sicht auf die Wirklichkeit. Diese beschreibt Nagarjuna in MMK 18.10:


    Die Wirkung, welche in Abhängigkeit von jener Ursache entstanden ist, ist nicht mit jener Ursache identisch;

    auch ist sie nicht verschieden von jener Ursache. Deshalb ist die Realität weder unzusammenhängend noch ewig.


    Das abhängige Bestehen, das Nagajuna hier anhand der Produkte erklärt, können auch diejenigen korrekt erkennen, die noch keine Aryas sind. Indem sie korrekt den Zusammenhang von Ursache und Wirkung erkennen, verstehen sie, dass die Wirklichkeit weder zusammenhangslos noch unveränderlich ist. Indem sie dies verstehen, fallen sie nicht in die Extreme von Nihilismus noch Eternalismus. Oder anders ausgedrückt: sie fallen nicht in das Extrem des Vernichtungsglaubens und das Extrem des Beständigkeitsglaubens.

    Das fünfte charakteristische Merkmal der Soheit, dass sie ohne Vielfalt ist.


    Die Soheit aller Phänomene ist gleich; sie ist immer das Leer- oder Freisein von Eigenwesen. In ihrer letztgültigen Bestehensweise unterscheiden sich die Phänomene nicht. Deshalb gibt es nicht viele verschiedene Soheiten, sondern nur eine und die ist die Abwesenheit von Eigenwesen.

    Als viertes charakteristisches Merkmal der Soheit nennt Nagarjuna in MMK 18.9, dass sie "frei von Gedanken" ist.


    Mit Gedanken sind die Bewegungen des Geistes gemeint. Während der unmittelbaren Erkenntnis der Soheit ist der Geist frei von Gedanken, den Bewegungen des Geistes. Ein unmittelbare Wahrnehmung ist immer frei von Begrifflichkeit.


    Der tibetische Meister Je Tsongkapa führt hierzu in meinem Kommentar zu den Mulamadhyamakakarikas ein Sutrazitat an:


    Was ist die endgültige Wahrheit? Sie ist die Sphäre, in der es keine Bewegung des Geistes gibt, geschweige denn Buchstaben. (1)


    So lange man keine unmittelbare Einsicht in die Soheit hat, kann man sie nur vorläufig, nämlich nur begrifflich mit Allgemeinbildern erfassen. Dies ist aber keine vollständige, sondern nur eine begrenzte Erkenntnis der Soheit.


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    (1) Endgültige Wahrheit und Soheit sind Synonyme

    Als drittes charakteristisches Merkmal der Soheit nennt Nagarjuna in MMK 18.9, dass sie "nicht von Begriffsgebilden begrifflich konstruiert" ist.


    Das bedeutet meines Erachtens, dass die Soheit nicht durch sprachliche Begriffe konstruiert worden ist. Sie ist kein Konstrukt des begrifflichen Denkens und kann nicht durch begriffliches Denken und Sprache beeinflusst oder verändert werden.


    Weil das so ist, ist die Soheit ein beständiges Phänomen. Es musste von Buddha Sakyamuni nicht konstruiert werden, denn die Soheit der Phänomene hat schon immer existiert. Der Punkt ist, ob man sie erkennt oder nicht.

    Was das zweite charakteristische Merkmal der Soheit anbelangt: Dieses Merkmal besitzt zwei Aspekte. Einer bezieht sich auf die Subjektseite und das andere auf die Objektseite.


    In Bezug auf die Subjektseite bedeutet beruhigt, dass die unmittelbare Wahrnehmung der Soheit durch einen Heiligen (Arya) nicht mehr durch Begrifflichkeit gestört oder beeinträchtigt wird. Diese unmittelbare Wahrnehmung wird nicht mehr durch begriffliches Denken beeinflusst.


    In Bezug auf die Objektseite bedeutet beruhigt, dass alle Phänomene von jeher frei von Eigenwesen sind. Alle Phänomene sind schon immer frei von einem Eigenwesen gewesen. Sie sind beruhigt, weil sie noch nie ein Eigenwesen hatten.

    Nachdem Nagarjuna in MMK 18.8 beschrieben hat wie Buddha Sakyamuni fortschreitend gelehrt hat in Abhängigkeit von dem Entwicklungsstand der Schülerinnen und Schüler, beschreibt er in MMK 18.9. die charakteristischen Merkmale der Soheit:


    "Von den Worten anderer her nicht zu erkennen, beruhigt, nicht von Begriffsgebilden begrifflich konstruiert, frei von Gedanken, ohne Vielheit - dies sind die charakteristischen Eigenschaften der Soheit."

    In Mulamadhyamakakarika 18.8 sagt ja Nagarjuna: "Alles ist wirklich, unwirklich, wirklich und unwirklich, weder unwirklich noch wirklich. So hat der Buddha fortschreitend gelehrt."


    Hier beschreibt Nagarjuna vier Stufen der Art und Weise wie Buddha Sakyamuni gelehrt hat. Die Stufen bauen aufeinander auf; so wie der Lehrstoff der zweiten Klasse in der Schule auf dem Lehrstoff der ersten Klasse aufbaut usw.


    Auf der ersten Stufe, die hier mit wirklich bezeichnet wird, hat Buddha Sakyamuni den Schülerinnen und Schülern nur die grobe Unbeständigkeit gelehrt. Also dass die Phänomene durch Ursachen und Umstände entstehen, eine gewisse Dauerhaftigkeit besitzen und dann vergehen. Nagarjuna bezeichnet diese Stufe als wirklich, weil der Buddha in den Lehrreden, die zu dieser Stufe gehören, so gelehrt hat, als würden die Phänomene erst am Ende ihres Kontinuums vergehen, aber sich nicht jeden Augenblick umwandeln. Wirklich bezieht sich also auf die Dauerhaftigkeit mit der uns die Phänomene während ihrer Existenz erscheinen.


    Auf der zweiten Stufe, die unwirklich benannt wird, hat Buddha Sakyamuni die subtile Unbeständigkeit gelehrt, nämlich dass die Phänomene sich von Moment zu Moment verändern, obwohl sie Kontinuität besitzen. Diese Stufe nennt Nagarjuna unwirklich, weil die Phänomene keine Dauerhaftigkeit besitzen, da sie sich von Moment zu Moment verändern und nicht erst am Ende ihres Kontinuums.


    Der Beitrag von Aravind bezieht sich meines Erachtens auf diese zweiten Stufe. Die momentane Veränderung eines Phänomens geht stets mit der Kontinuität dieses Phänomens einher. Dies zu erkennen, ist eine tiefgründigere Einsicht als die Einsicht in die grobe Unbeständigkeit, die aber Voraussetzung ist für die Einsicht in die subtile Unbeständigkeit.

    Das was du im Zitatkasten als Nagarjunas Aussage behauptest. hat Nagarjuna in keiner seiner Schriften behauptet. Deshalb ist auch deine Schlussfolgerung falsch.


    Nagarjuna negiert in seinen Schriften überhaupt nicht die vier edlen Wahrheiten. In Mulamadhyamakakarikas 18.8 geht es aber überhaupt nicht um die vier edlen Wahrheiten, sondern darum wie Buddha Sakyamuni seine verschiedenen Schülerinnen und Schüler mit seinen Belehrungen auf dem Pfad zum Nirvana entsprechend ihren Fähigkeiten angeleitet hat.

    Mulamadhyamakakarikas 18.8:


    "Alles ist wirklich oder unwirklich, wirklich und unwirklich zugleich, weder unwirklich noch wirklich. Das ist die Unterweisung des Buddha."


    Hier haben wir es mit einem catuskoti oder Tetralemma zu tun. Ein Argumentationsweise, die Nagarjuna in verschiedenen Zusammenhängen benutzt. Das Tetralemma besteht aus vier Aspekten, in diesem Fall sind es:

    1. Alles ist wirklich
    2. Alles ist unwirklich
    3. Alles ist wirklich und unwirklich zugleich
    4. Alles ist weder unwirklich noch wirklich.

    Hier benutzt Nagarjuna das Tetralemma, um die Art und Weise zu beschreiben mit der Buddha Sakyamuni seinen Schülerinnen und Schüler Unterweisungen gegeben hat.


    Diese vier Stufen haben jeweils zwei Aspekte wie man Kommentaren entnehmen kann: Erstens was er inhaltlich gelehrt hat auf der jeweiligen Stufe und wer die jeweiligen Schülerinnen und Schüler waren mit ihren jeweiligen spezifischen Veranlagungen und Qualitäten.

    Die Leerheit. Schon wieder so ein Luftballon ohne jeden Wert.

    Ich glaub den Begriff "Leerheit" nicht in dem Text gefunden zu haben, MMK 18, kann natürlich sein das ich ihn nicht sehen wollte in meiner Verblendung.

    Leerheit ist die deutsche Übersetzung des Sanskritwortes Sunyata. Sunyata ist nur so lange ein wertloser Luftballon wie man die Bedeutung des Sanskritwortes Sunyata nicht verstanden hat. In der deutschen Übersetzung des Mulamadhyamakarikas von Brosamer-Weber/Back taucht das Wort Leerheit in Vers 18.5 auf. Es geht aber auch nicht darum wie oft das Wort Leerheit in der Übersetzung auftaucht.


    Es geht um die Bedeutung des Wortes Sunyata (Leerheit). Sunyata / Leerheit ist eine nicht-bestätigende Verneinung. Sunyata negiert das Eigenwesen ( svabhava) der Person und der Phänomene. Weil Sunyata eine nicht-bestätigende Verneinung ist trifft sie aber keine positiven Aussagen darüber wie die Personen und die Phänomene tatsächlich existieren. Sunyata sagt nur wie die Personen und Phänomene nicht existieren. Wie Personen und Phänomene existieren wird mittels des abhängigen Entstehens beschrieben.

    Welches Konzept kann schon in der Wirklichkeit bestehen.

    Die Leerheit. Denn die Leerheit beschreibt die tatsächliche Bestehensweise aller Phänomene, egal ob man es selbst schon erkannt hat oder noch nicht. Deshalb scheitert sie nicht an der Wirklichkeit wie all die vielen Projektionen mit denen wir die Phänomene unangemessen einschätzen. Mit der Erkenntnis der Leerheit besitzt man selbst die einzig korrekte Sicht auf die Wirklichkeit und überwindet so alle Leiden samt ihren Ursachen vollständig. Das ist ein wesentlicher Aspekt von MMK 18.

    In den Mulamadhyamakakarikas beschäftigt sich Nagarjuna nur mit der Weisheit, der Erkenntnis, dass alle Personen und sonstigen Phänomene leer von einem Eigenwesen (svabhava) sind. Diese Weisheit ist das direkte Gegenmittel gegen die Unwissenheit, die das erste Glied der zwölf Glieder des abhängigen Entstehens ist (H.Hecker übersetzt diese zwölfgliedrige Kette mit "Das Gesetz von der ursprünglichen Entstehung" in SN 12.1).


    Mit den anderen Aspekten des Pfades beschäftigt sich Nagarjuna in diesem Text nicht, aber in Ratnavali oder Suhrllekha gibt es auch zu diesen Aspekten des Pfades von ihm Erklärungen.


    Eine gute Ergänzung zu Mulamadhyamakakarikas ist Candrakirtis Madhyamakavatara, in dem er ausführlich die Übungen auf dem Bodhisattvapfad darlegt.

    Natürlich begeht Nagarjuna in Mulamadhyamakakarikas keine intellektuellen Spielereien. Sein Werk ist aber eine gründliche intellektuelle Analyse der Auffassung von einem Eigenwesen (svabhava) der Person und der Phänomene. Seine buddhistischen Kontrahenten hatten ja gerade mit dem abhängigen Entstehen, das alle Buddhisten akzeptieren, begründet, dass Personen und Phänomene ein Eigenwesen besitzen müssen. Die Fehlerhaftigkeit dieser Ansicht konnte er nur mittels Analyse aufzeigen. Deshalb spielt eben logische Untersuchung eine wichtige Rolle in diesem Werk. Aber er führt sie ja nicht als Selbstzweck durch


    Er widerlegt ja im 18.Kapitel den Atman, weil die Sicht eines Atman ein Hindernis für die Überwindung des Samsara ist. Er führt die logische Analyse also durch um aufzuzeigen, dass man Nirvana nur durch die Überwindung dieser Sicht verwirklichen kann.


    Deshalb schreibt er in den Versen 18.4 - 5 (Übersetzung Weber-Brosamer, Back, 2005):


    Wenn die Vorstellungen "Mein" und "Ich" vernichtet sind, hört auch das Ergreifen auf - sowohl hinsichtlich der äußeren Welt als auch der eigenen Person. Durch dessen (des Ergreifens) Vernichtung wird auch das Geborenwerden vernichtet.


    Erlösung kommt durch die Vernichtung von Karma und Anhaftungen. Karma und Anhaftungen kommen aus unterscheidenden Vorstellungen, sie kommen aus der begrifflichen Entfaltung. Die Entfaltung aber wird in der Leerheit vernichtet.

    In diesem Kapitel weist Nagarjuna mittels logischer Argumente nach, dass es kein Atman, also kein aus sich selbst, aufgrund eines Eigenwesens, existierendes Ich oder Selbst gibt. Hat seine Argumentation denn heute noch eine Bedeutung für uns? Wer nimmt denn heute noch ein Eigenwesen der Person, des Ichs, des Selbst an? Wir wissen doch, dass es dieses nicht geben kann aufgrund des abhängigen Entstehens.

    Für Menschen die ein solches Selbst annehmen könnte so eine logische Argumentation den Weg zu rechter Ansicht weisen. Diejenigen die bereits dabei sind rechte Ansicht zu entwickeln könnten dadurch bestärkt werden und für diejenigen die bereits vollkommen davon überzeugt sind dass es ein solches Selbst nicht gibt könnte logische Argumentation eine weitere Inspiration für die Übungen des achtfachen Pfades sein.

    Das ist ein guter Gedankengang. Daraus ergibt sich dann die Frage, warum es notwendig ist, gerade diese Einsicht zu entwickeln.

    In diesem Kapitel weist Nagarjuna mittels logischer Argumente nach, dass es kein Atman, also kein aus sich selbst, aufgrund eines Eigenwesens, existierendes Ich oder Selbst gibt. Hat seine Argumentation denn heute noch eine Bedeutung für uns? Wer nimmt denn heute noch ein Eigenwesen der Person, des Ichs, des Selbst an? Wir wissen doch, dass es dieses nicht geben kann aufgrund des abhängigen Entstehens.

    In der Theorie können wir "immer alles sehr leicht erkennen". Trotzdem ist Leerheitserkenntnis für mich nicht nur ein intellektueller Prozess, sondern vor allem ein emotionaler. Wenn man als Person angegriffen wird und "man" (wer ist "man"?) fühlt sich verletzt und meint, sein eigentlich nicht vorhandenes Eigenwesen verteidigen zu müssen, der liegt schon falsch :grinsen:

    Oder im Sterbeprozess: Viele Menschen können nicht loslassen, weil sie die Vorstellung der "Bodenlosigkeit" nicht ertragen können. Sie haften noch dann an diesem Leben an.

    Ich wäre daher sehr vorsichtig zu behaupten, dass die Realisation von Leerheit alles easy ist wenn man "nur" das abhängige Entstehen durchschaut hat.

    Zu Beginn geht es schon vor allem um begriffliches Denken und Analysieren. Wir müssen erst einmal wissen, was bedeutet es denn, dass die Person kein Eigenwesen hat? Was wird denn mit der Negation des Eigenwesens der Person verneint und was nicht. Das erfordert eben auch, sich klar zu werden, wie erscheint uns unser Ich, wenn wir bedroht werden, stark kritisiert werden, stark gelobt werden? Existiert unser Ich so wie es uns in solchen Situationen erscheint? Das ist schon mal nicht ganz einfach.


    Dabei ist es auch notwendig zu unterscheiden, in welchen Punkten ist unsere Ansicht über unser Ich falsch, und wie unser abhängig bestehendes Ich wirklich existiert, damit man nicht zu viel und nicht zu wenig verneint durch die Negation des Eigenwesens der Person.


    Mit diesem gründlichen Verständnis gehen wir dann ja in die Meditation, um diese Einsichten zu vertiefen und ins Herz wandern zu lassen. Dann müssen wir eben auf dem Pfad diese zunächst begriffliche Einsicht / Erkenntnis schrittweise in eine unmittelbare direkte Einsicht transformieren.

    In diesem Kapitel weist Nagarjuna mittels logischer Argumente nach, dass es kein Atman, also kein aus sich selbst, aufgrund eines Eigenwesens, existierendes Ich oder Selbst gibt. Hat seine Argumentation denn heute noch eine Bedeutung für uns? Wer nimmt denn heute noch ein Eigenwesen der Person, des Ichs, des Selbst an? Wir wissen doch, dass es dieses nicht geben kann aufgrund des abhängigen Entstehens.