Beiträge von xiaojinlong im Thema „Glaube nicht jedem Gedanken?“

    Im Zen sagt man aber ja auch (zumindesten manche) im Zweifel liegt ein weg.

    Nicht jeder Zweifel ist aber auch ein "guter Zweifel". Bringt uns der Zweifel auf dem Weg voran, weil wir dadurch z.B. einen Antrieb haben uns weiter mit der Lehre zu beschäftigen und nicht schludrig mit der Sitzposition werden ist das durchaus etwas hilfreiches. Ist es aber ein immer währender Zweifel darüber, ob / wie man gerade angestarrt wird während man Sport macht, dann ist das nichts konstruktives, sondern schränkt uns viel mehr ein; nur zu leicht kann das dazu führen, dass man sich zurück zieht.

    Loslassen der Gedanken bedeutet für mich nicht, dass ich sämtliche Gedanken verwerfe, sondern dass ich sie weiterziehen lasse. Auch heißt das ja nicht, dass bewusstes Denken weggelassen wird. Gedanken die Aufkommen können genau in diesem Moment hilfreich und nützlich sind.


    Durch das Loslassen, stellt man sich letztlich den Ängsten auch. Viele Ängste, zumindest ist das bei mir so, will ich dann ganz reflexhaft durchdenken um alle Situationen abzudecken und somit eine Sicherheit zu schaffen. In dem ich den Gedanken vorbei ziehen lasse gehe ich diesem Durchdenken nicht nach. Mir bleibt also nichts anderes übrig als mich ganz in die Situation zu geben, intuitiv und bewusst - nicht reflexhaft / impulsiv - zu handeln. Mit jedem mal, in dem man etwas loslässt samelt man eine Erfahrung, und diese Erfahrung trägt man mit sich immer weiter.

    Dass man von Gedanken "gezielt" getäuscht wird würde ich nicht sagen. Da ein "gezieltes Täuschen" einen bewussten Akt mit Zielsetzung voraussetzen würde. Gedanken sind einerseits Teil von einem, andererseits aber auch nicht. Gedanken kommen unwillkürlich und auch das denken selbst ist sehr oft auch unwillkürlich. Man springt einfach auf den Gedankenzug auf und fährt in weiter. Die Ergebnisse dieser Prozesse sind - würde ich mal behaupten - in den allermeisten Fällen sinnlos. Jahrelang habe ich unter einer aktiven Depression gelitten. Die Gedanken aus dieser Depression waren den ganzen Tag über aktiv da und haben mich gelähmt. Dadurch konnte ich mich kaum um mich selbst und meinen Alltag kümmern. Diese Gedanken die dabei aufkamen haben keinerlei Sinn ergeben, aber haben mich so übermannt, dass ich nichts anderes tun konnte und ihnen komplett unterworfen war. Viele Gedanken dabei haben sich um ähnliches gedreht wie du in deinem Fitnessstudio-Beispiel genannt hast. Mittlerweile sehe ich, dass das wunderbare Beispiele für Ich-zentriertes denken ist. In vielen dieser Gedanken habe ich mich - ohne es bewusst zu wollen - in den Mittelpunkt gestellt, so als hätten die anderen Menschen nichts anderes zu tun als mich zu beobachten, zu bewerten und was weiß ich noch alles.


    Durch das Ausseinandersetzen mit dem Buddhismus konnte ich diese Denkmuster erkennen und durch das Zazen erfahren, dass eben nichts passiert, wenn man diese Gedanken einfach ziehen lässt. Zwar ist "mein Körper" die Quelle, aber es liegt auch an mir zu sagen: "Jap, lass ich so stehen ist eh nicht weiter relevant". Dieses Stehen-Lassen ist das Los-Lassen der Gedanken, ohne auf den Zug aufzuspringen und ihn anzutreiben. Somit lässt sich erfahren wie man zwar eins, aber auch nicht eins mit dem Gedankenprozess ist und es erstmal ok ist, wenn da etwas aufkommt. Was wir dann daraus machen ist die nächste Sache. Hierbei dann Recht zu handeln gibt uns das Dharma viele Mittel an die Hand.


    Auch jetzt sind solche Gedanken noch da und das ist auch vollkommen normal. Sie bekommen von mir nicht mehr aus Reflex heraus eine hohe Gewichtung und verweilen immer kürzer, bevor sie weg ziehen.