Beiträge von void im Thema „Was versteht man im Buddhismus unter Unwissenheit“

    Neben avijja gibt es moha-avijja, es gibt sogar amoha-avijja (!) und meintwegen auch avijja-moha.


    Aber gibt es auch vijja-amoha? Ich meine: Nein.

    Vielen Dank lieber Elliot.


    Jetzt verstehe ich mehr.


    Aber - nur der Neugierde halber: Was ist denn Amoha-avija?


    Es wäre doch eine Form von Unwissenheit die nicht mit moha verbunden ist, oder? Da aber auch Lobha und dosa mit moha verbunden ist, würde dies - falls Amoha-avija eine Form der Verblendung ist, bedeuten, dass es so etwas wie

    ein "viertes Geistesgift" gibt? Dies ist aber ja eher unwahrscheinlich.


    Die andere Möglichkeit ist, dass es ein Begriff für eine Unwissenheit die eben nicht verblendet ist. Also eine ganz triviale Unwissenheit - z.B dass man nicht weiß wo Australien liegt. Was ja keinerlei Verblendung ist

    Laut dem Theravada ist dies nicht möglich. Es gibt kein unheilsames Bewusstsein ohne moha. Lobha und dosa können nicht gemeinsam auftreten, aber lobha muss gemeinsam mit moha auftreten, entsprechendes gilt für dosa. Moha selbst kann alleine, das heißt ohne lobha oder dosa, auftreten.

    Vielen Dank.


    Das heißt dann, dass die drei Geistesgifte nicht gleich berechtigt nebeinander stehen. Sondern wir haben sozusagen:

    • Lobha-moha
    • Dosa-moha
    • Moha allein

    Was aber prägnant viel weniger prägnant ist als "Lobha dosa moha"

    Angenommen, jemand würde sich der Verwirklichung des Heilsamen widmen:

    Und er würde für sich in Anspruch nehmen, dadurch also frei von Gier und Hass und auch Verblendung ( moha ) zu sein. Und somit, da moha und avijja gleichbedeutend sind, auch frei von Unwissenheit ( avijja ).


    Wäre dem Zuzustimmen? Ich meine, nein.

    Auch wenn moha und avijā als Wörter für Unwissenheit relativ gleichbedeutend sind ( und vielleicht an anderer Stelle des Palikanons so verwendet werden ) denke ich, dass das als buddhistischer Fachbegriff nicht so ist.


    Moha als eines drei Geistesgifte schließt ja die anderen beiden Geistesgifte eben nicht ein - es handelt kann sich also nicht um Verblendung an sich handeln - wie du richtig sagst.


    Während avijā als das erste Glied der Kette des Entstehens in Abhängigkeit eine "grundlegende Unwissenheit" bezeichnet, die Durst ( Taṇhā) und Anhaften ( Upādāna) hervorbringt.


    Diesen umfassenden Charakter hat moha als Geistesgifte nicht. Kann man sich nicht jemanden vorstellen, der das Geistesgift moha überwunden hat, nicht aber Gier und Hass? Von so jemanden könnte man ja kaum sagen, er habe avijā überwunden.


    ( Wenn du das Gefühl hast, das ich so ungefähr das gleiche wie du nur anders Rum formuliert schreibe, hast du recht)

    Verblendung und Unwissenheit sind doch zwei Aspekte der gleichen Situation. Wenn ich nicht weiß wie zu handeln ist bin ich blind ( verblendet) . Wenn ich verblendet bin, dann weiß ich nicht wie zu handeln ist. Ist die Unwissenheit überwunden kann man nicht mehr von Verblendung reden. Ist die Verblendung überwunden kann man nicht mehr von Unwissenheit reden.


    Aber auch wenn die Begriffe sich auf das gleiche beziehen, tun sie es auf unterschiedliche Art und Weise.


    So wie ja auch z.B das Wort Buddha und Tatagatha zwei Worte sind die das gleiche bezeichnen, aber dabei unterschiedliche Akzente setzen.

    Manchmal bedeuten Wort fast das selbe haben aber leicht andere Färbungen.


    Ich denke avijā hat von dem Wortherkunft Unwissenheit als Gegenteil von Wissen einen neutralern Klang.


    Während das Wort mohā nicht einfach ein mit einem "a"ins Gegenteil gesetzte Wort ist. Auf wiltionary steht für die eng Verwandte Sanskrt Variante moha die folgende Bedeutung und Herkunft:


    1. loss of consciousness, bewilderment, perplexity, distraction, infatuation, delusion, error, folly quotations ▼
    2. fainting, stupefaction, a swoon quotations ▼
    3. (in philosophy) darkness or delusion of mind (preventing the discernment of truth and leading men to believe in the reality of worldly objects)
    4. (with Buddhists) ignorance (one of the three roots of vice Dharmas. 139)
    5. a magical art employed to bewilder an enemy (= मोहन)
    6. wonder, amazement
    7. Infatuation personified (as the offspring of ब्रह्मा)


    From Proto-Indo-Iranian *máwǰʰas, from the root *mawǰʰ- ~ *mawgʰ- (to err, to be foolish, to deviate). Cognate with Avestan 𐬆𐬴𐬆𐬨𐬀𐬊𐬖𐬀(əṣ̌əmaoγa, teacher of false doctrines), Middle Persian 'hl-mwg'n (heretics).

    Dies ist natürlich nicht die buddhistische Fachbedeutung sondern die allgemeine Bedeutung.


    Mir kommt es so vor, als würde

    avijā die grundlegende Unwissenheit nüchtern und neutral ausdrücken, während mohā dies mit einem emotionalen Unterton ( Verblendung, Umnachtung, Narrheit , Dunkelheit) tut.


    Was da für ihre Verwendung als buddhistisches Fachwort tut ist natürlich es anderes. Mohā ist vielleicht ein Korrektiv dagegen sich dazu verleiten zu lassen, es rein auf der kognitiven Ebene zu betrachten Unwissenheit als Mangel an Wissen aufzufassen.

    Und nach welcher Art von Unwissenheit in welchem Kontext sich die Ausgangsfrage bezog (die einfache Frage: 'Was bedeutet Unwissenheit im Buddhismus?,' muss anscheinend spezifiziert werden), weiß ich immer noch nicht.

    Unwissenheit (avidyā) als Gegenteil von Wissen (vvidyā über das was wichtig ist,kommt mir relativ klar vor.


    Was mir nicht so klar ist, ist Unwissenheit ( moha) als eines der drei Gristesgifte und sein Verhältnis zu den beiden anderen Geistesgiften.


    Die Grundbedeutung von moha scheint ja eben auch nicht "Unwissenheit" zu sein.


    Moha appears in the Vedic literature, and has roots in early Vedic word mogha which means "empty, unreal, vain, useless, foolish

    ...

    The term means "delusion, confusion, dullness".

    ...

    In Hinduism "Moh" means attachment to people or things.


    In the Mahayana tradition moha is identified as a subcategory of avidya. Whereas avidya is defined as a fundamental ignorance, moha is defined as delusion, confusion and incorrect beliefs. In the Theravada tradition, moha and avidya are equivalent terms, but they are used in different contexts; moha is used when referring to mental factors, and avidya is used when referring to the twelve links

    Ich verstehe das so, dass bei avidyā der Fokus auf das Mangelnde "Wissen über" liegt, also eben das Wissen über das Entstehen in Abhängigkeit, über Leiden und seine Überwindung, der Fokus bei "moha" auf den verblendeten Geisteszustand liegt. Es ist die grundlegende Verblendung die wir erfahren. Und also solche steht sie dann bei den anderen grundlegenden verblendeten Geisteszustände Hier und Hass. Gleichzeitig steht aber "moha" so eng bei "avidyā" dass es als dessen Subktategorie oder dessen Synonym behanelt wird und mit dem gleichen Wort "Unwissenheit" übersetzt wird.

    Unwissenheit soll das Grundübel auch für die anderen Geistesgifte sein.

    Ist irgendwo erklärt was sich darunter versteht.

    Ich denke, die drei Geistesgifte sind nicht gleichartig.


    Zwischen "Gier" und "Hass" gibt es noch eine Symmetrie: Beides sind Kräfte die dahin drängen einen Sollzustand aufrechtzuerhalten. Einmal soll etwas her das andere Mal etwas weg.


    Das dritte Geistesgift "Unwissenheit" scheint mir anderer Art als die beiden anderen. Nicht so sehr die Wirkung selbst sondern eher die aufgezogene Feder die sie antreibt.


    Ich verbinde "Unwissenheit" als Geistesgift mit der Grundillusion eines Spalts zwischen Ich und Nicht-Ich. Und da sich aus der Aufrechterhaltung dieser Spaltung setzten sich die beiden anderen Geistesgift "Gier" und "Hass" in Gange setzten bildet es mit diesen eine Einheit.

    Die größte Gefahr besteht wohl darin, dass man Unwissenheit rein als einen Mangel an intektiuellen "wissen über" versteht.


    Aber während es ja gar nicht so schwer ist, intelektuell nachzuvollziehen, das alles vergänglich ist, dass das ich eine Illusion ist oder das Hier verhängnisvoll ist, ist sehr schwer ein so tiefes Verständnis zu gewinnen, dass das in Fleisch und Blut übergegangen ist


    Von daher ist das Korrigieren falscher bewußter Ansichten nur die Spitze des Eisbergs. Und drunter ist Unwissenheit mehr so etwas wie ein falsches Handlungsmuster. Es gibt ja das Bild des Zähmen und Anbinden eines wilden Elefanten.