Beiträge von Leonie im Thema „Zen Buddhismus & Christentum“

    Um zum eigentlichen Thema zurückzukommen. Ich kann mich an ein Video von Muho erinnern, wo er sagte (nach meiner Erinnerung), dass, selbst wenn man dem Zen eine Neutralität assistieren würde (was ich allerdings anzweifeln würde), er dann so wie Wasser sei, womit man sowohl Pfefferminztee als auch Kaffee aufgießen kann. Aber zu behaupten, Pfefferminztee sei dasselbe wie Kaffee, wäre doch unsinnig.

    Auf den Geschmack kommt es dann nicht mehr an, wenn man Durst hat. Deshalb ist Zen wie lebendiges Wasser, das den Durst löscht.

    Für mich funktioniert es sehr gut, wenn ich mir zur Lehre Buddhas zusätzlich "Hilfe" von außen von Jesus hole. Ich kann Jesus auch sehr gut visualisieren, da er zu meinem Kulturkreis gehört. Ich brauche einfach eine stark positiv besetzte Bezugsperson, die ich mir gut einprägen kann und immer abrufen kann. Der Mensch ist ein sozialen Gruppentier. Er braucht einen Gesprächspartner. Einsamkeit ist ganz schlecht. Deswegen tut es mir jedenfalls sehr gut. Vermutlich hat es auch mit meinem Naturell zu tun. Ich bin vom Naturell her eher ein weicher Mensch und spreche daher auf Jesus gut an.

    Da gibst du ja jede Menge vernünftige Erklärungen/Gründe für eine, der Vernunft nicht zugänglichen "Praxis". Wenn es dir hilft, dann ist das ok. Es gibt dir ein Gefühl der Geborgenheit und der Hilfe. Und es ist richtig, wenn man so ungeborgen ist und nicht in einer Gruppe sich verbergen kann, im sozialen Gemenge, dann steht man allein - wie Martin Luther oder so. Als ich einen Film über Martin Luther im Kino mir mal angesehen hatte, sprach das gesamte Publikum die berühmten Stelle -Luther vor dem Kaiser - Hier stehe ich - ich kann nicht anders. Ich kann mit dem ersten Teil gut leben - hier stehe ich - aber beim zweiten Teil denke ich anders: was heißt hier "kann" - es muss auch bei Luther heißen - ich will nicht anders.


    Und deshalb sind dein Gedanke, den du da am Anfang hier entwickelst, auch nicht das, was ich denke.

    Nur eine Sache, die eigentlich klar ist, aber mir vor kurzem wieder deutlich geworden ist: Im Buddhismus kommt nichts von außen, sondern alles kommt aus dem eigenen Innern. Wenn man aber Jesus visualisiert oder gedanklich ein Gespräch führt, kommt dabei quasi "Hilfe" von außen. Der ist nmM der große Unterschied zum Buddhismus, bei dem man sich nur selbst helfen kann.

    Diese Sache ist keineswegs klar, sondern der Buddhismus unterscheidet nicht zwischen innen oder außen - die Frage ist nicht, woher kommt etwas - z.B. im Gleichnis vom Pfeil - sondern wie kann dir geholfen werden. Wie kann der Pfeil entfernt werden? Das hat mit innen und außen nichts zu tun und auch nicht mit Selbst und andere - der Buddhismus besagt eben nicht, man könne sich nur selbst helfen. Es heißt, dass das Selbst, mein und ich Vorstellungen und Täuschungen sind.

    Deshalb heißt es auch: Begegnet dir Buddha, dann töte ihn.

    Was du machst, sind nichts anderes als die Pflege von "schönen" Vorstellungen über Jesus oder Buddha - dennoch: wenn es dir gut tut und hilft. Es ist nur nicht das, was Christus/Jesus als Erlösung vorgesehen hat. Es heißt bei ihm: Wer sein Leben retten will, der wird es verlieren - das ist eine präzise Beschreibung von Anhaftung und dukkha - . Im Christentum geht es aber, wie im Buddhismus um die Auslöschung der Selbst-Vorstellung und zwar jeder Selbst-Vorstellung. Und dazu sagte Jesus: Wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, der wird es gewinnen. Mt 16, 25

    Für sie ist Buddha Lehrer und Hirte. Für mich ist er aber "nur" Lehrer. Mein Hirte ist Jesus. Von meiner Kultur her ist diese Funktion schon mit einer anderen Person besetzt.

    Selbst Schafe brauchen keinen Hirten, sondern ein paar wehrhafte Widder, die die Herde vor Fressfeinden schützen und verteidigen können.

    Das Hirtenbild hat weniger mit unserer Kultur zu tun, als mit der Kultur des Judentums und der Hirtenvölker - übertragen auf Menschengruppen, sind das Stämme, die Stammesgötter hatten und die sich dann auf einen festgelegt haben - schließlich braucht es ja eine Art übergeordnete Einheit, auf die man sich berufen kann, wenn es mal Streit gibt. entsprechend seiner Kultur hat Jesus die Bilder und Metaphern seiner Zeit und Welt verwendet - der gute Hirte - im übrigen auch ein Gottesbild - Psalm 23 - und Priester ziehen sich gern dieses Gewand an und bilden sich diese Rolle ein.

    Von Jesus gibt es aber eine sehr kritische Haltung zum Lehrer oder Rabbi - lasst euch nicht Lehrer, Vater, Rabbi nennen - und ebenso die Aussage, dass alle Schüler Gottes sind, bzw. sein werden. Er wusste um die Eitelkeiten von geistigen Führern.


    Buddha hat diese Form der Beziehung - Lehrer, Hirte - nicht weitergegeben - seid euch selbst eine Insel - er hat den Dharma hinterlassen und den haben dann viele personifiziert, weil sie damit wieder Hierarchien bilden konnten - oder an bestehende Herrschaftsverhältnisse anknüpfen konnten.

    Das hat eher was eben mit Spiritualität zu tun und nicht so sehr mit Christentum, weil Jesus im Christentum gar nicht so eine große Rolle spielt wie auch Mohamed im Islam nicht so eine große Rolle spielt.

    Das ist mir aber recht neu - welches Christentum kennst du denn, in dem jesus gar keine große Rolle spielt und welcher Islam, in dem Mohammed auch nicht so eine große Rolle spielt?

    Aber vielleicht bin ich da nicht mehr auf dem Laufenden -.

    Zitat

    Die Einübung in MU, die Versenkung ins wu, schliesst einen derartigen metaphysischen Urgrund von vornherein aus, und deshalb kann es ein christliches Zen prinzipiell nicht geben. Solange wir glauben, in MU Gott zu erfahren, ist dieses MU kein MU. Da helfen auch keine Taschenspielertricks wie der, Gott als das Bodenlose auszugeben, weil dann eben das Bodenlose nicht bodenlos, sondern Gott und damit Urgrund aller Dinge ist.


    Dietrich Roloff

    Das gilt auch für "buddhistisches" Zen, denn solange wir glauben, in MU Buddhanatur oder Buddha zu erfahren, ist dieses MU kein MU. Der entscheidende Punkt liegt in dem Erfahren - alle Erfahrung ist bedingt und kann das Unbedingte nicht erfahren. Auch Leerheit lässt sich nicht erfahren. Das Bewusstsein, das erfährt, hat da keinen Zugang.


    An solchen Aussagen lässt sich also allerhöchstens das persönliche Problem des Autors erkennen, das er mit dem Etikett "christlich" haben mag. Die Identifikation mit etwas nicht-christlichen, wie buddhistisch, ist dann eben auch nur wieder eine weitere Identifikation. Es geht aber im Zen um die Auflösung jeglicher Identifikation und im buddhadharma, um das Verlöschen jeglicher Ansichten. Andererseits braucht es zur Weitergabe des Dharma ein In-Erscheinung-Treten von Person und Ansicht. Name und Person sind aber keine Wirklichkeiten und das erkennt dann auch wiederum nur einer, der sich bis zur Auflösung von Identifikation durchgeschlagen hat.

    Für den ernsthaft Praktizierenden ist es völlig gleich, welches Etikett da an seiner Praxis hängt.