Beiträge von Bebop im Thema „Aufsatz: Die Übertragung außerhalb der Schriften“

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    Um zum Beispiel die vier edlen Wahrheiten tiefgründig zu verstehen, braucht es Praxis und Weisheit.


    Auch um sie zu falsifizieren braucht es Praxis und Weisheit.


    Danach wird klarer, was der Satz hier bedeuten soll, denn dann heißt es "zunächst lernt man, was die Wahrheiten sind", d.h. also es handelt sich um eine self fulfilling prophecy ("vertieft man, was man durch Lernen erlangt hat"). Die Wahrheit leitet sich aus Erklärungen ab, nicht aus eigener Erkenntnis. Das ist kein ergebnisoffener Prozess, sondern Religion. Man wird zum Erwachten, wenn man es genau so nachmacht.


    Ich halte dagegen: Tatsächlich erwacht man, wenn man auf seine eigene Weise zum Buddha wird. Nicht als Kopie, sondern als Original.


    Warum kann man dann immer noch davon sprechen, "zum Buddha zu werden"? Weil er es genauso machte: Original, keine Kopie. Ein Buddha ist einer, der das Leiden an falschen Vorstellungen und Ideen überwunden hat. Wenn einem das gelingt, wird man zum Buddha. Die "Wahrheit", die man dabei erkennt, soll eine eigene sein, nicht die eines anderen. Sie ergibt sich aus der Praxis (dem Leben) und ist nicht ihre Voraussetzung (Zirkelschluss). Jemand, der meint, er habe einen Weg, der für alle passt, ist in den Irrtum zurückgekehrt - oder wird missverstanden.

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    Es geht um nicht weniger als um die Frage: Wie kann ich Glück und Frieden erlangen und Leid vermeiden? Das ist das Thema der Buddhistischen Lehre, nicht die subatomare Physik.


    Ich mache ja beides. Wenn standardmäßig mit bedingtem Entstehen argumentiert wird (das kenne ich seit über zwanzig Jahren und halte genauso lange schon dagegen), kann man sich nicht damit rausreden, mit einer eher nicht mehr zeitgemäßen Vorstellung Philosophie zu betreiben. Der Philosoph - und auch der Psychologe - ist durchaus gezwungen, sich in anderen Wissenschaften umzuschauen, zumal er (der Philosoph) sowieso meist nicht allzu viel zu tun hat. Es kann bei diesen Themen - sowohl Fleischverzehr als auch "Übertragung" - nämlich einen ganz entscheidenen Unterschied machen, ob es eine Verwobenheit der Dinge und Kausalität gibt oder ob das ggf. anders aussieht. Dann nämlich kann es auch gut sein, dass die Fliegenklatsche sozusagen objektiv folgenlos bleibt, jenseits der physikalischen Zusammenhänge. Und es kann sein - und dass wurde im Zen oft berichtet - dass man sich z.B. keine Übertragung besorgen muss, indem man bei einem so genannten Meister lernt (sondern z.B. aus sich selbst drauf kommt). Diese Denke des "alles hängt zusammen" und "B setzt A voraus" schließt gerne bestimmte Vorstellungen aus, die eher auf Chaos, causa sui oder ähnlichem beruhen. Jedenfalls sollte sich jemand, wenn er den psychologischen Ansatz schon bevorzugt, fragen, wieso er für seine Identität an bestimmten Ideen festhalten will und wer da so hartnäckig festhält. Es müsste eigentlich zu erkennen sein, dass ein Problem wie das, Schweine vor dem Schlachten umarmen zu wollen oder irgendwie "ich und andere auszutauschen" im eigenen Kopf entsteht (genau wie jede Zuneigung: ich bin dafür verantwortlich, und ich kann davon auch loslassen, wenn ich es geübt habe), es existiert objektiv nicht (was sich daran zeigen lässt, dass andere es nicht mit einem gemein haben). Also warum denke ich so, wer oder was denkt so, das ist der rechte Ansatz der Übung, und nicht: Gut, dass ich so denke und nun Mitleid mit dem Tier habe. Das reicht m.E. bei weitem nicht.


    Aus meiner Perspektive habe ich ja sogar in erster Linie argumentiert ("Falsifizieren"). Da bleibt dann eine Wahrheit übrig, die von der Überwindung des Leidens. Schon beim aufgezeichneten Weg, also einem anderen Teil der "edlen" Wahrheiten, finde ich Fehler. Ich kann jedoch verifizieren, dass ich mit leidhaften Erfahrungen anders umgehen kann, wenn ich Loslassen beherrsche. Bei mir macht der Fleischverzicht und das Fliegenmorden nichts aus. Ich argumentiere hier zwar heftigst über meinen Gedankenapparat, aber der funktioniert nicht so, dass er über die einfachsten Handlungen im Alltag grübeln müsste. Eher ärgerlich, dass mir gestern vorm Schlafengehen eine Stichmücke entwischte, aber ich hab da was in der Steckdose, was sie vielleicht (und hoffentlich) abmurkst. Im Vordergrund steht also nicht: "Gut, dass ich nicht getötet habe", sondern: "Besser töten als Dengue-Fieber" etc. Besser Ameisen beseitigen als morsches Holz (hier gibt es welche, die sich ins Holz bohren, das abdichten, dann irgendwann mit Flügeln wieder schlupfen und wenn man nicht aufpasst, in den Buchrücken hängen und die Bücher sukzessive zerstören). So funktioniert das Tier auch, das an sein eigenes Überleben zuerst denkt. Dann kann man sich Fragen der Koexistenz stellen.


    Über das Loslassen letztlich der eigenen Kategorien funktioniert dann diese Koexistenz. Es gibt keinen Grund, andere zu behelligen, weil ich sie schlecht finde, sondern aus rein pragmatischen Gründen. Genau wie das Tier aus rein pragmatischen Gründen jagt und tötet. Die Frage wäre hier zynisch zugespitzt, wer hier eigentlich den wahren Austausch von sich und den Tieren vollzieht und sie (ihre Natur) versteht.

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    Es wird aber klar, dass sie untrennbar sind, weil sie sich gegenseitig in jedem Augenblick, dynamisch und total bedingen.


    Diese Einschätzung von Thorsten, die später, wenn ich es richtig verstehe, von Helmut geteilt wird (der Bedingtes und Nicht-Bedingtes als voneinander abhängig bezeichnet), ist zwar für viele Teil der Überlieferung. Allerdings ist sie offensichtlich falsch, man sollte sie also als Glaubensinhalt erkennen, an dem man festhält. Insofern ist mit Nagarjuna kritischer umzugehen, dicht dran ist eben auch daneben. Seine Auffassung konnte sich im Westen auch deshalb halten, weil Philosophen wie Hume, Kant und Schopenhauer ähnlich dachten.


    Ich verlinke hier ein Video (Englisch), dass es über die Physik erklärt, statt Ursache und Wirkung ist auf der Mikroebene nur noch von "Mustern" die Rede, mit anderen Worten, es ist wissenschaftlich nicht so, dass wir permanent von gegenseitiger Bedingtheit sprechen können. Das erscheint uns nur auf der Makroebene so, wo wir Zeit (die Zeitachse) auf gewöhnliche Weise erfahren.


    Aus diesem Grund meine ich, kann man durch tiefere Versenkung/Erkenntnis, wo sich dann auch Zeit auflöst (die Verankerung in der Gegenwart vollzogen wird), das erfahren, was hier die Physik behauptet. Deshalb sehe ich mich auf einem Zen-Weg, weil ich die Erkenntnis nicht über das Glaubensdogma suche, sondern mittels Versenkung. Dort kann das erfahren werden. Davor, dass in der Versenkung buddhistische Dogmen widerlegt werden, sollte man keine Angst haben.


    Zudem gibt es in der Überlieferung der Tathagatagarbha-Sutren auch die Buddha-Natur, die eher einer causa sui gleicht, also einer Ursache aus sich selbst. Ich kann nicht sehen, dass sie (noch) von etwas abhängig wäre. Das heißt auch hier wieder ist es sogar innerhalb der Überlieferung möglich, auf einen Widerspruch der Texte hinzuweisen, bzw. auf einen Ausweg, der in der Übung womöglich bestätigt werden kann: Da findet sich etwas, das in keiner Abhängigkeit ist und nicht bedingt entsteht/entstanden ist. Aus diesem Grund wird die Idee jedoch auch von vielen Buddhisten abgelehnt, sie erinnert zu sehr an einen "Gott".

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    Ich glaube, Dir ist nicht klar, was Leiden im Buddhismus für eine Bedeutung hat.


    Doch, und das ist ganz entscheidend. Es ist das Leiden am Dualismus und an den Kategorien. Dieses Leiden können wir überwinden.


    Du aber sprachst von Empathie mit Tieren und dem Verzicht auf Fleisch, um ihnen Leiden zu ersparen, das (nicht Leiden an Dualismus ist, sondern ...) durch Massentierhaltung etc. entsteht. Und dieses Leiden verglich ich mit dem Leiden, das in der Tierwelt ausgelöst wird - ein Leiden, das wie ich schon sagte, Teil der Natur ist (frühzeitiger Tod, qualvoller Tod, qualvolles Leben).


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    mein Geist, ich brauche, ich brauche


    Ja, und die Buddhisten, die sich da was vormachen, sind diejenigen, für die das genauso gilt: Ich brauche Leibwächter (Dalai Lama), ich brauche Land (Thich Nhat Hanh), ich brauche einen Vinaya (Buddha).

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    Es bedeutet, dass die eine Kategorie nur in Abhängigkeit zu einer anderen existieren kann.


    Solange es Kategorien gibt ...


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    Instinkt ist da ein sehr schlechter Ratgeber. Informationen, vernünftiges Abwägen, Reflexion und Empathie sind da schon weit maßgeblicher.


    Das eine schließt das andere nicht aus. Ich gebe die folgenden Beispiele nur zur Illustration von Instinkt, nicht um da eine politische Diskussion aufzumachen, denn es ist klar, dass Meinungen gerade da auseinandergehen: Dass ich z.B. in den frühen Interviews mit dem Biontech-Chef erkannte, dass er mir was vormachen will, ist eher Instinkt, dass nimmt mir in dem Moment keiner per Information ab (dazu ist der investigative Journalismus zu schlecht geworden). Und dieser Instinkt war der beste Ratgeber in den letzten zwei Jahren, und das nicht zum ersten Mal, auch wenn das nicht Instinkt allein ist, sondern natürlich auch Erfahrung im Lesen von Mimik etc. Man hat nicht immer Informationen, und Empathie kann einen über wesentliche Sachverhalte hinwegtäuschen. Mir tut auch einer wie Lauterbach mit seinen Ängsten leid, aber ich bekomme keine Information darüber, ob er bereits offiziell eine Angststörung attestiert bekam (ärztliche Schweigepflicht), also ist viel wichtiger, dass mir mein Instinkt sagt, jemand müsse ihn seines Amtes entheben, und wenn ich das könnte, würde er meine ganze Mitleidlosigkeit zu spüren bekommen und in aller Öffentlichkeit zur Sau gemacht. Was ich damit sagen will, ist, dass Instinkt für manche Menschen - wie für mich - auch im Nachhinein ein recht guter Ratgeber war, und man lernt darauf zu vertrauen und fragt sich eher, warum man es an dieser und jener Stelle versäumt hat, auf den Instinkt zu hören. Mir wird allerdings zuweilen im Freundeskreis gesagt, einen solchen Instinkt empfände man nicht, also kann man damit auch nicht operieren. Meine Kumpels hören den L. und den CEO auch reden und schauen ihnen zu, aber bei denen schrillen keine Alarmsignale, damit finde ich mich ab, das ist im Übrigen sogar in der Überlieferung vorhergesagt, also womöglich einer der Punkte, dem ich zustimmen könnte. Eine Frucht der Übung. Man durschaut die Gauner. Dankeschön. Aber auch ein undankbarer Job. Es geht hier nicht um eine politische Wertung, sondern darum, dass es sehr viele Menschen gibt, die nicht bemerken, wenn sie verarscht werden, weil es ihnen eben an Instinkt mangelt (und vielleicht anderen Zutaten, mit denen diese Verarsche durchschaut werden könnte).


    Die Empathie findet jedenfalls in solchen Fällen genau wie beim Fleischkonsum ihre Grenze in dem, was angebracht ist. Es ist nicht angebracht, dass ich mir etwas spritzen lasse, was Heuchler und Paranoide mir aufdrängen wollen. Eine Ernährung mit Fleisch ist für mich hingegen angebracht, ich merke, wie sie meinem Körper gut tut. Die Evolution ist die größere "Wahrheit" als ahimsa, sie ist insgesamt stimmiger (man beachte, dass im Buddhismus auf das gute Zeitalter mit dem Buddha schlechtere angekündigt wurden, tatsächlich hat sich die Menschheit aber zu Höherem entwickelt, in vielerlei Hinsicht), und von daher ist prinzipiell ein Recht da, Fleisch zu essen. Wahlweise finde ich persönlich es jedoch besser, Tiere, die schon frei sind, nicht zu jagen, sondern sich eigens welche zum Verzehr zu züchten. Das ist auch bloß ein Ausdruck der Evolution. Mir hat noch keiner schlüssig nachgewiesen, dass bei meinem geringen Fleischkonsum keine anständige Tierhaltung möglich ist. Später mag es dann sozusagen evolutionär bedingt der Fleischersatz sein, wenn er sich durchsetzt.


    Die Empathie, von der du sprichst, hat keine Maßeinheit. Jemandem Empathie abzusprechen bedeutet nur, dass man sich auf einen Ausschnitt konzentriert, ohne das Gesamtbild zu sehen. Ich käme nicht im Traum darauf, dass ich jemandem besonders große Empathie unterstelle, weil er sich vegetarisch ernährt. Genausowenig spreche ich jemandem Empathie ab, weil er Metzger ist. Ich spreche sie nicht mal ganz einem Arzt ab, dessen unklaren Geist ich durchschaut habe und der Menschen mit sich in den Abgrund zieht. Denn entscheidender ist dieser verwirrte Geist, der erfordert ein Eingreifen, und seine potentielle Empathie darf darüber nicht hinwegtäuschen und nicht höher anzusiedeln sie als seine Verwirrung.


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    Das eigentliche ethische Axiom im Buddhismus, das man vielleicht moralisch nennen könnte und das der jeweiligen Einzelentscheidung im Buddhismus zugrunde liegt, ist die Erkenntnis, dass alle Wesen Leid vermeiden und Glück erleben wollen, und dass es sinnvoll ist, das Leiden der Wesen zu mindern, wo immer es geht. Dieses Axiom findet seinen Ausdruck in ahimsa. Ich teile es.


    Das ist mir zu einseitig. Man kann beobachten, dass Wesen auch "gern" Leid erzeugen, vor allem in der Tierwelt. Und dass sie vor allem gern Lust ausleben und sich vermehren. Da stimmt es also schon nicht mehr mit den buddhistischen Idealen überein, sondern das Konzept ahimsa wird über eine Welt gestülpt, die tatsächlich ein Überlebenskampf der Wesen ist. Wir an der Spitze der Evolution können da natürlich schöngeistig daherreden und uns aus diesen Strukturen zeitweise herausnehmen.


    Bevor jetzt wieder der Einwurf der Beliebigkeit kommt - ich sagte schon, ich nehme nichts als Glaubeninhalt an, und wenn es gelehrt wird und nicht stimmig ist, dann verwerfe und kritisiere ich es. Du kannst dich an ahimsa orientieren, aber wenn es ein anderer nicht macht, schlägt er dir den Schädel ein (oder jagt dir einen Impfstoff in den Arm, den du nicht brauchst und der deinem Immunsystem - im Einzelfall - mehr schadet als nutzt). Ich habe da gern die Möglichkeit, ihm zuvorzukommen (als bei uns. also in Deutschland, die Impfpflicht drohte, habe ich die Vorbereitungen für eine andere Staatsbürgerschaft eingeleitet, mir ist aber lieber, dass es dazu nicht kam). Ich modifiziere überlieferte Schlauheiten so lange, bis sie meiner Erkenntnis der Realität nahe kommen, und ich sage nicht, weil einer meinte, alle Wesen würden Leid vermeiden, das müsse dann auch so sein - ich beobachte da noch was anderes. Die Tierwelt erzeugt mehr Leiden als die Menschenwelt. Genausowenig lasse ich mich von Leuten verarschen, wenn um mich herum die Geimpften kränker sind als die Ungeimpften. Deren Impfreligion nehme ich auch nicht ungeprüft an. ahimsa ist keine passende Antwort auf solche Fragen, mein Körper sagt nein zum Fleischverzicht, mein Geist sagt nein zur mRNA-Spritze. Ich brauche einen geklärten Körper und Geist wesentlicher als Empathie, ich brauche Versenkung, Einsicht, Weisheit also wesentlicher als sila. Das ist ein ganz entscheidender Punkt in meiner Argumentation und auf meinem Erkenntnisweg.


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    Denn es ist ja auch so, dass Inhalte über viele Jahrhunderte gerade auch deshalb weitergegeben werden, weil sie Menschen mit ihren Erfahrungen bestätigen können


    Ich lebe in einem Theravada-Land. Da gibt es Fernsehsender mit Dauerbequatschung von Mönchen, eine Weile auch noch von der Dharmakaya-Sekte, die den größten Unsinn erzählte, wenn ich den Untertiteln folgen durfte. Da wird eigentlich gar nicht viel weitergegeben als Dinge, die die Leute permanent ignorieren (außer Geld bei Dharmakaya zu lassen). Wo man hinschaut, wird im Volk von Kohle und Genuss geredet, die junge Generation lebt am Handy und durchs Gamen. Die Mönche reden zuweilen gegen Mauern, können sich aber darauf verlassen, nicht zu verhungern, ja sogar, wenn sie korrupt sein wollen, zu Millionären zu werden. Die meisten Mahlzeiten enthalten hier Fleisch. Bei den Veggie-Tagen gab es an den vegetarischen Ständen meist auch Fleischgerichte. Gemordet wird, gestohlen wird etc. pp. Das Modell, das man sich irgendwas vorfaselt wie "ich mache dies und das nicht, denn es ist nicht gut", funktioniert nicht recht. Meines Erachtens hat sich recht wenig bestätigen lassen, und das fand ich im Zen. Das allerdings hat es in sich. Hat aber so gut wie nichts mit dem zu tun, was üblicherweise dem Volk gelehrt wird. Man könnte es auch die Dekonstruktion des Glaubens nennen, aber Religionen machen das Gegenteil, die bessern ständig ihr Glaubensfundament aus. Im Zen heißt es darum letztlich auch, dass gar nix weitergegeben werden kann. Es brachte mich neulich darauf, dass auch mal deutlich in eigenen Beiträgen zu sagen. Denn selbst die meisten Zennies sitzen irgendwo rum und warten mehr oder weniger auf Bestätigung. Statt sich einfach das zu nehmen, was sie vom Zen brauchen, und die anderen hocken zu lassen. Was sie brauchen, ist die Freiheit eines Bankei, eines Ikkyu, eines Wuzhu, eines Yünmen. Und dann darüber hinaus gehen, statt zu kopieren (und wieder bloß im Tempel zu landen).

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    Manchmal macht es wirklich Sinn, dass bestimmte Lehren – wie im tibetischen Buddhismus – für die Adepten so lange unzugänglich bleiben, bis sie über eine solide Basis in Sachen ethischer Lebensführung und Meditationspraxis verfügen.


    Da kann man dann ein paar recherchieren, die sich einfach nach dem Offenbaren "bestimmter Lehren" an ihren Schülerinnen vergriffen. Weil das so nicht funktioniert. Man hat nicht irgendwann mal Perfektion im ethischen Verhalten erlangt, so dass man nie mehr Fehler machen könnte.


    Dieses Vorenthalten von "Wahrheiten" ist auch ein Machtspiel. Ich lehne das ab. Es braucht da immer einen, der schon irgendwie etabliert ist und zu dem die Adepten aufschauen, damit der überhaupt entscheiden darf, wie weit einer ist. Ich gab schon ein Beispiel, und ich kann noch drastischer werden, um dir das vor Augen zu führen:


    Nehmen wir an, es gäbe ein himmlisches Gericht wie in manchen romantischen Vorstellungen von Christen. Da steht dann also Petrus mit seinem Buch in der Hand. Ich stehe hinter Buddha Shakyamuni und Thich Nhat Hanh. Entgegen dieser anderen Vorstellung, dass Gott alles verzeiht (auch noch im letzten Augenblick), nehmen wir also nun mal an, dass die genaue Buchführung entscheidet. Leider ist es nun so, dass der Shakyamuni so lange in seinem Palast auf Kosten anderer lebte und rumhurte (ich kann ja nix dafür, dass das in die Geschichte mit eingebaut wurde), dass sich in der Gesamtsumme nur noch eine halbwegs bequeme Hölle für ihn finden lässt. TNH werden seine ganzen Flüge zum Verhängnis und die Heuchelei, es anders gepredigt zu haben (und hey, in Plum Village fährt man sogar Auto, da reibe ich mir hinten in der Reihe schon die Hände, denn Autos kann man ja auch nicht herstellen, ohne Leid zu erzeugen, und ich hatte keins ...). Also, TNH bekommt es etwas dicker, und dann bin ich an der Reihe, ein unbedeutendes Lichtlein, das sich an mindestens zwei, drei ganz peinliche Vergehen erinnert und all dieses Fleisch aß, es aber nie auf Buddhas Harem brachte - und siehe da, Petrus' Buchhaltung ist unbestechlich, ich darf mir als Bonus sogar aussuchen, ob ich in die Hölle von Shakyamuni oder in die von TNH mitgehe. Auf dem Weg dorthin sehen wir dann noch den Dalai Lama. Petrus hatte da eine Notiz, nach der es dicke Minuspunkte für die Behandlung einer gewissen Sekte gab und das Versäumnis, sich nicht genügend auf den Angriff der Kommunisten vorbereitet zu haben. Ich hätte das gern mit Petrus ausdiskutiert, aber der DL hat sich schon gleichmütig mit seinem Schicksal abgefunden, und von unten her kommen Anfragen, ob er sich nicht doch noch mal reinkarnieren könnte ...

    Das sind nur deine Vorstellungen davon, wie das zu sein habe. Dualität zu überwinden bedeutet nicht, dass es kein dukkha mehr gäbe, denn wie ich schon an anderer Stelle sagte, sind unter dukkha selbst laut diesem Buddha Krankheit, Alter und Tod zu fassen (um nur ein paar Beispiele zu nennen), und diese bleiben objektiv bestehen. Das heißt auch, dass ich mich als ein Erwachter jedes Mal neu mit dem Tod eines nahestehenden Menschen auseinandersetze, jedes Mal neu loslasse, jedes Mal neu eine Krankheitserfahrung mache, der Vergänglichkeit ins Auge blicke.


    Wer soll denn bitte je ein "Ende" von Ablehnung erreicht haben? Der Buddha lehnte am Ende z.B. immer noch Sex ab, er lehnte auch das weitere Verweilen in der Welt ab, wenn man die Geschichte von seinem Ende so liest, alles Dinge, die er einst noch befürwortet hatte. Natürlich definierte er das vorher etwas um, aber es bleibt für den Betrachter die Tatsache, dass einer was nicht für sich annahm, was ihm die Natur mit in die Wiege gelegt hatte (komplexe Körperfunktionen der Fruchtbarkeit). Dieses Beispiel habe ich bewusst gewählt, weil gerade in diesem von dir so genannten/zitierten "Geistesgift" sich der Dualismus aufheben lässt, nämlich in der Vereinigung von zwei Menschen aus Lust. Das wird immer wieder von Menschen so erfahren und hat in diesem Augenblick, wo es erfahren wird, Gültigkeit, denn dann gibt es auch nur diesen Augenblick. Das ist die Soheit dieser Erfahrung, ihre Realität, einer der Gründe, warum es uns gibt. Und da ist sogar Leiden aufgehoben (das erst im Nachhinein wieder hineininterpretiert wird, weil der Vorgang wie alles veränglich ist). Und um solches Verankertsein im viel zitierten Hier und Jetzt geht es im Zen, dann werden auch diese Konzepte als solche durchschaut. Der Fokus auf dieses Ursache-Wirkung-Prinzip wie in deinem dukkha-Modell setzt immer einen Beobachter voraus, der nicht in der gelebten Gegenwart und nur da verankert ist. Das ist ein Reflektierender.

    Ja. Im Zen ist es das Abfallen jeglichen Dualismus. Anhaftung und Verblendung sind Ausdrücke, die ein Gegenteil erfordern, eine Vorstellung von richtig und falsch. Die muss abfallen. Das zeigt sich in unserer anderen Diskussion um den Fleischgenuss bzw. -verzicht, wo du automatisch annahmst, weil ich sagte: "Ich bin Buddha", ich hätte mir damit Vollkommenheit unterstellt. Das Abfallen solcher Kategorien bedeutet im weiteren Leben vor allem, dass man all diese letztlich leeren Kategorien angenommen hat, d. h. im Zen: Nirwana ist Samsara (oder umgekehrt), Anhaftung ist eben auch Erwachen, Verblendung ist eben auch Verwirklichung. Die Zustände sind koexistent oder im stetigen Wandel. Das wiederum wird für dich wohl zwangsläufig zu der Vorstellung führen, es gäbe dann kein ethisches Verhalten, was aber - und da unterscheide ich mich von den sila-Verfechtern, die es im Zen auch gibt - m. E. genau aus dieser Erfahrung neu erwächst (sila sind nicht Prämisse, sondern entstehen aus Versenkung und Weisheit). Das heißt es gibt kein besonderes Problem oder Grübeln über richtig und falsch, sondern einen verlässlichen Instinkt, was zu tun ist. Soweit jedenfalls meine Ansicht.

    Das Erwachen der Theravadin ist so lange unvollständig, wie sie glauben, sie müssten ihren moralischen Pfad dualistisch begründen. Einige wie Buddhadasa Bhikkhu stehen für ein bodhi, wie ich es im Zen sehe. Man möge begreifen, dass der eingeschlagene Weg - ob Mönch, ob Laie, ob zölibatär, ob mit Familie - nicht das ist, was darüber entscheidet, ob man erwacht.

    Der ehemalige Theravada-Mönch Piya Tan hat einen Abriss der früheren Zen-Geschichte anhand von Traditionen wie der "Übertragung außerhalb der Schriften" vorgenommen und bezieht sich in seinem langen Aufsatz auch auf akademische Werke von Buswell, Adamek, McRae und anderen. An manchen Stellen zwar redundant, aber insgesamt lesenswert mit einer Fülle von Fußnoten. Auch ein bisschen durch seine Theravada-Brille gefärbt - wenn er z.B. am Ende meint, das bodhi des frühen Buddhismus sei nicht das Erwachen von Chan-Meistern ... Eine Übersetzung findet sich nun online.

    Piya Tan - Transmission outside the scriptures-Endfassung.docx