Beiträge von Sudhana im Thema „Die nur bedingte Nützlichkeit buddhistischer Gebote am Beispiel Brahmanetzsutra“

    Hier der Hinweis auf jene Mahayana-Tradition, in der Buddha-Natur Eigenschaften hat: Beständigkeit, Glückseligkeit, Selbst (!) und Reinheit.

    Ja, das ist ein direkter Verweis auf das 'nitya, sukha, ātman' des Nirvanasutra. Wobei dieser dualistische Ansatz - Nirvana bzw. der Tathāgathagarbha als das 'ganz andere' und mithin Umkehrung von Samsara bzw. von dessen Merkmalen anitya, duhkha, anatman - eher nicht zum Zen passt. Da wird vielmehr auf die nonduale Interpretation von Aśvaghoshas Daijōkishinron ('Vertrauenserweckung in das Mahayana') oder Vasubandhus Busshōron ('Abhandlung über die Buddhanatur') Bezug genommen - beide wesentlich beruhend auf der Verschmelzung von Tathāgathagarbha-Doktrin (wie sie im Hōshōron / Uttaratantraśāstra aus verschiedenen Sutren zusammengefasst wird) und Weishi (Yogācāra). Der korrespondierende kanonische Text dieser Synthese ist das Lankāvatārasūtra.


    Die Autorzuschreibungen Aśvaghosha und Vasubandhu sind zwar fiktiv, aber man kann durchaus annehmen, dass gerade diese zugeschriebenen Texte dafür gesorgt haben, dass die beiden in der (natürlich ebenfalls fiktiven) Liste der indischen Zen-Patriarchen aufgeführt werden (unter den Nummern 12 und 21).


    Die genannten 'Merkmale' (wie auch ihr jeweiliges Gegenteil) stehen natürlich auch im Widerspruch zu der vom Mahāprajñāpāramitāsūtra gelehrten 'Zeichenlosigkeit' (ānimitta). "Śāriputra, alle Dharmas sind leer. Ohne Entstehen und ohne Vergehen, ohne Befleckung und ohne Reinheit, ohne Zunahme und ohne Abnahme ..."

    Nur wegen der Kuriosität ... ;)

    Zitat

    Die Gemara erklärt das nächste aufgeführte Gebot: Und dass man am Schabbatabend Knoblauch essen soll. Das liegt daran, dass Knoblauch die sexuelle Potenz steigert, und die Freitagnacht ist eine geeignete Zeit für eheliche Beziehungen. Wie es über den Gerechten geschrieben steht: "Und er wird sein wie ein Baum, gepflanzt an Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit" (Psalm 1:3); und Rabbi Yehuda sagt, und einige sagen, es war Rav Naḥman, und einige sagen, es war Rav Kahana, und einige sagen, es war Rabbi Yoḥanan, der sagte: Dies bezieht sich auf jemanden, der an jedem Schabbatabend Geschlechtsverkehr hat.

    (Jerusalemer Talmud, Bava Kamma 82a)

    Die "fünf scharfen Kräuter" (五辛, Skt. pañca-parivyaya; Tib. spod lnga) sollten aus drei Gründen gemieden werden: roh gegessen verursachen sie Reizbarkeit, gekocht steigern sie den Geschlechtstrieb - und der Atem vertreibt alle guten Geister, sofern man nicht eh schon von allen verlassen ist. Sie kommen übrigens nicht nur in diesem, sondern auch anderen Mahāyāna-Sutren vor, wobei die genannten 'Kräuter' nicht immer völlig identisch sind. Manchmal wird die Fünfergruppe auch auf sieben Pflanzen ausgedehnt.


    Zum Grund des Verbots und zur allgemeinen Erheiterung (wer's denn braucht ...) zitiere ich mal das Śūraṅgama Sūtra; den Beginn des Abschnitts 'Die drei graduellen Schritte zur Auslöschung von saṃsāra':

    Zitat

    Was sind diese drei allmählichen Schritte? (Sie sind:) die mitwirkende Praxis, um alle Nebenursachen zu beseitigen; die Hauptpraxis, um die Hauptursachen auszulöschen und die fortschreitende Praxis, um das Wachstum des karma zu stoppen.

    Was sind die Nebenursachen? Ananda, diese zwölf Arten in der Welt verdanken ihre Existenz vier Arten der Ernährung: durch Essen, Berühren, Nachdenken über und Bewusstsein von Nahrung. Deshalb sagt der Buddha, dass alle Lebewesen für ihren Aufenthalt (in Samsara) auf Nahrung angewiesen sind.

    Ananda, alle Wesen leben, wenn sie gesunde Nahrung zu sich nehmen, und sterben, wenn sie Gift zu sich nehmen. Auf ihrer Suche nach Samadhi sollten sie sich des Verzehrs von fünf Arten von scharfen Wurzeln enthalten; wenn sie gekocht gegessen werden, wirken sie aphrodisierend, und wenn sie roh gegessen werden, verursachen sie Reizbarkeit. Obwohl diejenigen, die sie essen, die zwölf Abteilungen des Mahayana-Kanons lesen können, vertreiben sie die Seher (ṛṣi) in den zehn Richtungen, die den schlechten Geruch verabscheuen, und ziehen hungrige Geister an, die ihre Lippen lecken. Sie sind immer von Geistern umgeben, und ihr Glück wird Tag für Tag zu ihrem eigenen Nachteil schwinden. Wenn diese Esser von scharfen Wurzeln Samadhi praktizieren, kommt keiner der Bodhisattvas, Seher und guten Geister, um sie zu beschützen, während der mächtige König der Dämonen die Gelegenheit nutzt, um als Buddha zu erscheinen, als ob er sie den Dharma lehren wollte, wobei er die Gebote verleumdet und bricht und Fleischlichkeit, Zorn und Dummheit preist; bei ihrem Tod werden sie sich seinem Gefolge anschließen, und am Ende ihrer Zeit in seinem Reich werden sie in die ununterbrochene Hölle fallen. Ananda, Praktizierende von Samadhi sollten niemals diese fünf scharfen Wurzeln essen. Dies ist der erste Schritt der allmählichen Praxis.

    Ein wirklich gutes Beispiel für die historische und kulturelle Bedingtheit vieler 'Regeln' oder auch sonstiger Aussagen in den Sutren. Die Vorurteile speziell gegen die 'goshin' haben sich im Laufe der Zeit wohl - vom Mundgeruch mal abgesehen - als unzutreffend herausgestellt.


    Zweifellos gibt es auch unter Buddhisten Leute, die das ernst nehmen und befolgen. Das nennt man bei anderen Religionen 'Fundamentalismus'; wobei es sich hier zumindest um einen sozialverträglichen handelt. Nun ist Fundamentalismus nicht unbedingt kennzeichnend für Buddhismus. Als Zeichen dafür kann man nehmen, dass in den meisten ostasiatischen Schulen lediglich die 10 Hauptgelübde als Bodhisattvagelübde gelten - sie werden bei der Ordination empfangen. So ist es auch in der Sōtō-shu und der Rinzai-shu. In der Tendai-shu bei der Laienordination ebenfalls, nur Priester (Sōryo) empfangen/geben auch die 48 sekundären Gelübde. In der Jodo-shu werden nur die ersten fünf genommen, in der Jodoshin-shu gar keine (das wäre Vertrauen auf 'eigene Kraft'). Was Kegon und Shingon angeht, weiss ich nicht, ob die sich auf die 10 Hauptgelübde beschränken oder nicht.


    Wie auch immer - das Studium der 48 sekundären Gelübde mag nur "bedingt" nützlich sein. Jedenfalls findet man dort mE einige sinnvolle Verhaltensvorschläge. Die jeweiligen Begründungen des Sutra muss man ja nicht für voll nehmen - womöglich fällt einem beim einen oder anderen ja selbst ein einleuchtender Grund ein. Ob nun Waffen lagern, Brandstiftung, sich nicht um Kranke kümmern usw. usf. ...


    Jedenfalls - Danke Bebop für die Übersetzung Mullers ins Deutsche und das Bereitstellen.