"Bald kam ich zu den Übersetzungen der Reden Buddhas von Karl Eugen Neumann. Zu erst erhielt ich die herrlich ausgestattete große Übertragung des Suttanipata, dann die des Wahrheitspfades (Dhammapada), und später habe ich mir alle anderen Bände gekauft, sogar zweimal, weil eine Ausgabe in Königsberg verbrannt ist. Natürlich war ich in der Jugend restlos begeistert. Je mehr ich jedoch die Pali-Sprache beherrschen lernte, desto mehr erkannte ich, dass Neumanns preziöse und teilweise unverständliche Ausdrucksweise der feierlichen, aber trotzdem einfachen Form der Originale nicht gerecht wird, und dass vor allem seine Wiedergabe der Termini wie 'Begriff und Bild' (nâma-rûpa) nicht den Vorstellungen entspricht, welche die Buddhisten selbst von der Lehre ihres Meisters hatten. Vor allem entbehren seine in den Anmerkungen weit ausgesponnenen Parallelen zur westlichen Geisteswelt oft der Begründung, und sein Versuch, Buddha im Sinne Schopenhauers zu erklären, übersieht trotz der Ähnlichkeit in einigen Punkten doch die großen Unterschiede, die zwischen dem modernen Denker und dem altindischen Meister bestehen. ...
Wenn ich im Verlauf der letzten vierzig Jahre auf Grund meiner andauernden Beschäftigung mit Buddhismus und Vedanta einerseits und mit Schopenhauer andererseits auch zu anderen Überzeugungen gelangt bin als der Gymnasiast, Student und junge Doktor, so muss ich doch gestehen, dass mir bis heute die Lektüre der damals studierten Werke immer wieder eine Freude bereitet, die objektive und kritische Einstellung, die Hermann Oldenberg in seinem mir um 1908 zuerst zugänglich gewordenen Buddha-Buch einnimmt und die mir anfangs allzu kühl und sachlich erschien, hat sich bei mir jedenfalls auf die Dauer als haltbarer erwiesen als die enthusiastischen Schwärmereien von Deussen und Neumann"