In unserem bescheidenen Rahmen bieten wir Meditation an, die säkular ist. Buddhismus spielt nur am Rande eine Rolle. Bei Nachfrage empfehle, verschenke oder verleihe ich Bücher, die einen leichten Zugang ermöglichen – säkulare, buddhistische, christliche. Das machen viele Dojos so: Sie schaffen leichte Zugänge und halten die Türe offen für Menschen, die sich weitergehend interessieren.
Dennoch gibt es eine riesige Schwelle: die allermeisten Leute haben große Probleme, regelmäßig eine halbe Stunde oder auch weniger in Stille zu sitzen. Buddhismus ist auf Praxis angewiesen, denn die Inhalte, die es zu verstehen gilt, sind nicht weiter kompliziert und sind in den vier edlen Wahrheiten gut zusammengefasst. Aber das Verständnis führt nicht weit, wenn es nicht durch regelmäßige Praxis im Alltag Wirklichkeit wird. Bei uns im Meditationsraum kann man im Liegen meditieren, auf einem Stuhl sitzend, jederzeit rausgehen, wenn es einem zu viel wird, man wird nicht mit Sujets aus "fremden" Kulturen belästigt. Die Widmung am Ende ist auf Deutsch und demokratisch abgestimmt. Die kurzen Texte beziehen sich auf sehr allgemeine und nachvollziehbare "Weisheiten" aus Buddhismus und Christentum. Das kommt ganz gut an. Und dennoch: eine regelmäßige Praxis ist für die meisten Besucher bei uns nicht vorstellbar. Das ist auch im MBSR nicht anders. MBSR als Programm ist natürlich relativ leicht zu absolvieren. Dennoch gibt es nur wenige, die nach noch einem halben Jahr eine regelmäßige Meditationspraxis in ihren Alltag integrieren wollen oder können. Die Befreiung von Dukkha – also das, was der Buddhismus im Kern leisten kann – ist nur für wenige Menschen überhaupt interessant. Dafür ist es für die Menschen in den Industrienationen einfach auch zu leicht, lange mit dem "Leid des Wandels" eine Erfahrung von Glück zu erzeugen. Meine Erfahrung ist: Buddhismus fordert – selbst in seiner säkularsten Variante – Konsequenzen, die das herrschende Weltbild und die zugrunde liegenden Glücksvorstellungen ernsthaft hinterfragen müssen. Das möchte aber kaum jemand. Die aber, die echte Befreiung wollen, die Dukkha wirklich überwinden wollen, sind mit den traditionellen Wegen sehr gut beraten. Für die anderen muss es ja vielleicht nicht unbedingt Buddhismus sein. MBSR mag da doch vollkommen ausreichen oder der Yogakurs zweimal in der Woche. Warum sollten wir Menschen den Buddhismus aufschwatzen wollen, für die Dukkha kein echtes Problem darstellt, und die eher ihre Lebensziele und "normales" Glück erreichen wollen (was nebenbei bemerkt völlig legitim ist)?