Beiträge von void im Thema „Wie könnte ein westlicher Buddha aussehen?“

    Yoda (wg. Copyright kein Bild).

    Es ist höchst seltsam, wie im Star Wars Universum, das ja aus tausenden bewohnten Welten besteht - geschafft wird Yoda zu exotisieren und zu orientalisisieren.


    Während bei fast allen anderen Personen recht klar ist woher sie kommen, stammt er von einem "unbekannten Planet" und auch durch seinen Sprachfehler werden kulturelle Unterschiede angedeutet. Zudem wird er durch sein extrem hohes Alter zu einem Relikt vergangener Zeiten entfremdet.


    In einer Welt die so vielfältig ist, dass jeder irgendwie Alien ist, schafft er es dennoch als "exotischer Fremder" konnotiert zu werden.


    Aber dabei stellt sich die Frage , ob man als "weiser Alten" nicht immer irgendwie exotisch ist - sogar in der eigenen Kultur. Das "Erhabene" schafft ja immer so eine Distanz die nahe bei der Fremdheit ist. Der Weise ist immer leicht unheimlich. Weil da was Sperriges ist - eine innere Hauslosigkeit die sich der Heimeligkeit entzieht.

    Meine Erfahrung ist: Buddhismus fordert – selbst in seiner säkularsten Variante – Konsequenzen, die das herrschende Weltbild und die zugrunde liegenden Glücksvorstellungen ernsthaft hinterfragen müssen.

    Genau. Während die Transzendenz des Natürlichen hin zum Übernatürlichen verzichtbar ist, es also auch einen naturalistischen Buddhismus geben kann, gehört die

    Überwindung von Dukkha - zum Kern.


    Und sowohl in einem säkularen als auch in einem nicht säkukaren Buddhismus gibt es eine Gefahr der "Verweltlichung". Die im traditionellen Buddhismus natürlich perfekt mit allen möglichen übersinnlichen Vorstellungen verbunden sein kann.


    Aber eben in einem modernen Buddhismus wäre eine Verweltlichung, wenn man sich auf sekundäre Ziele ( Geistesfrieden) beschränkt und dabei kommodifiziert.


    Das übersinnliche kann im buddhistischen Sinne weltlich sein und etwas was ganz nüchtern und naturalistisch beschrieben werden kann ( die Aufhebung von Gier und Hass ) ist es nicht. Das heißt es braucht auch im säkukaren Buddhismus einen Begriff von "Verweltlichung".


    Dieser ist aber schwerer zu formulieren, weil man sich nicht an den üblichen Gegensätzen Überweltlich/Weltlich , Übermenschlich/Menschlich, Sakral/Profan entlanghangeln kann.

    Ist denn der Wunsch "anzueignen" etwas positives? Ist es gut, wenn Jesus als blonder Knabe mit lockigem Haar in der Wiege liegt oder wäre es besser er bliebe ein Stück weit fremd? Jemand der eher den syrischen Flüchtlingen ähndelt statt dem durchschnittlichen Mitteleuropäer?


    Die Japaner haben ja bei Bodhidharma nie vergessen, dass er aus dem Westen kam und so ein haariger Barbar war - ein Inbild der Sperrigkeit und Fremdheit mit der die Hauslosgkeit unsere Heimeligkeit radikal in Frage stellt.


    Ist es also erstrebenswert ist, die Fremdheit zu erhalten? "Entfremdung" klingt ja erstmal nach etwas unangenehm aber das Gegenteil von "Ich und mein" - dem Angeeigneten - ist ja gerade das Fremde, das Nicht-Ich. Von daher ist ja eben das Bilderverbot im Judentum oder im frühen Buddhismus gerade etwas, das so eine Aneignung verhindern soll.


    Von daher geht es vielleicht nicht wirklich um den Unterschied zwischen Ist und West sondern um eine Angleichung und Aneignung in der Buddha zum "Menschen wie ich und du" gemacht wird?

    Wenn es um Mentalitätsunterschiede geht, besteht ja leicht die Gefahr in pauschales Denken zu verfallen. Von daher ist es ja nett, dass es Leute gab, die versuchten diese zu quantifizieren. Die

    "Kulturdimensionen nach Hofstede sind da ein prominentes Beispiel. Vergleichen wir da mal Deutschland mit den Ländern, wo der Buddhismus am häufigsten ist:


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    Das erste was auffällt ist die Dimension "Power Distance" ( Machtdistanz):


    Machtdistanz beschreibt das Ausmaß der Machtverhältnisse in einer Kultur und wie sie verteilt sind, sowie die Frage „Wie viel Ungleichheit darf und kann zwischen den Menschen herrschen?“ Anhand von hierarchischen Beziehungen, wie Eltern-Kinder, Lehrende-Lernende, Führungskraft- Mitarbeitende oder formalen Strukturen innerhalb von Organisationen wird die Ausgestaltung der Machtdistanz verdeutlicht. In Kulturen mit hoher Machtdistanz ist es üblich, dass Entscheidungsprozesse von „oben nach unten“ verlaufen und diesen Entscheidungen nicht widersprochen wird

    Ich denke für den Buddhismus ist keine hohe Machtdistanz nötig. Es kann ihn in hierarchischer oder weniger hierarchischer Form geben.


    Der nächste Punkt ist der Unterschied Individualismus -Kollektivismus. Hier haben all die betrachteten Länder einem viel kleineren kleineren Wert als Deutschland.


    "masculinity" gibt an wie wichtig der Unterschied zwischen Männern und Frauen genommen wird. Hier sind die genannten Länder viel "weicher" als Deutschland. Muss man als Buddhist ein Softie werden? Muss der Buddhismus wenn er westlicher wird, "härter" werden. Nichts von dem: Die Ost- West Einteilung wird aber dadurch in Frage gestellt, dass da z.B China und Japan viel höhere Werte haben. Buddhismus scheint also mit beidem vereinbar.


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    Bei "Long Term Orientation" und "Indulgence" ergibt sich kein klares Bild.


    Von daher denke ich, dass vor allem die Kulturdimension "Individualismus" diejenige über die man am meisten reden muss.

    Die zweite Dimension beschreibt das Verhältnis von Individualismus und Kollektivismus in der jeweiligen Kultur. Bezeichnet wird dabei das Ausmaß, inwiefern die Interessen eines Individuums denen der Gruppe untergeordnet sind (Kollektivismus, Wir-Gruppen Identität/traditionelle Gesellschaften) bzw. die Interessen eines Individuums über denen der Gruppe stehen (Individualismus, Selbstverwirklichung). In kollektivistischen Kulturen sind Gruppen und Familien in der Regel sehr groß und die Gruppenbindungen entsprechend stark ausgeprägt: Gegenseitige Treue wird erwartet und ist erwünscht. In individualistischen Kulturen steht hingegen die individuelle Selbstverwirklichung und die Kleinfamilie im Vordergrund. Kinder lernen in der Ich-Form zu denken (Kollektivismus in der Wir-Form).

    Die Karte des Westens entspricht sehr gut der Karte des Individualismus ( Quelle) auch wenn man sich fast berührt ( So Spanien 51 , Indien 48, Japan 46)


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    Was sagt uns das über den westlichen Buddha?

    Lustigerweise war es ja Chögyam Trungpa, der - als er in Schottland weilte - die Idee förderte in die Darstellung von Buddhas westliche Einflüsse aufzunehmen und Bill Burns bei seinem Ideen einer Synthese von keltischer und tibetischer Ästhetik unterstützte.Passt ja ganz gut zusammen.


    Aber ich denke in dem Artikel von Henrik geht es eigentlich nicht um östliche oder westliche Traditionen sondern mehr der Übergang vom Transzendeten zur menschlichen Ebene. "westlich" ist hier also einfach eine Chiffre für "humanistisch" und "säkular":


    Zitat

    Es geht darum, dass der Buddha nicht etwas Außergewöhnliches, Unerreichbares, Vergöttlichtes ist, sondern im besten Sinne einfach ein Mensch in der Auseinandersetzung mit sich selbst und seiner Umwelt. So kann der Betrachter erfahren: Das ist nicht weit weg oder außerhalb von mir selbst.


    Ich würde es so sehen, dass ein Befreiter jemand ist, der sich eben nicht in "Auseinandersetzung mit sich selbst und seiner Umwelt" befindet sondern ganz im Frieden. Und einer Statue kommt es gerade zu dieses Ruhen in sich selbst und der Welt auszudrücken.

    Ich habe mich gefragt, wo im Westen es Darstellung des "friedvoll in sich Ruhens" gibt das ich in Buddhastatue ausgedruckt sehr.


    Im Christentum gibt es ja viele Darstellungen von Jesus - als Lehrender, als Leidender oder als siegreicher "Salvator Mundi" - aber sie haben alles etwas ernstes. Die Darstellung die ihn aber friedvoll in sich selber ruhend darstellt ist die Darstellung als Jesuskind in der Krippe.


    Gerade weil das Christentum ja oft etwas strenges und patrarchales hatte war es mehr die Gottesmutter Maria die das Friedfertige, Sanfte und Mitfühlende ausdrückte:


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    ( Hinrik Funhof "Maria im Ährenleid" 1480)


    Da bräuchte es nur ein paar Änderungen an der Haltung und man hatte etwas, was einer Buddhastatue nicht so unähnlich wäre - zumindest an Avalokiteshvara in seiner Form als Kwannon käme man gut ran.


    Das ist natürlich nicht sehr säkular, aber

    man könnte den Tip rausziehen, dass man bei der Darstellung Buddhas vielleicht gut ist, ihn nicht so sehr männlich festlegen zu wollen. Weil viele der mit Buddhaschaft verbundenen Attribute ( Geduld, Freundlichkeit, Anmut, Sanftheit, Gewaltlosigkeit) in unserer Kultur mehr mit dem Weiblichen assoziiert wird als mit dem Männlichen.

    Ich glaube die meisten Buddhastatuen zeigen nicht Shakyamuni als Mensch und als historische Person mit individuellen Attributen.


    Sondern dass was dargestellt wird ist eher der Zustand von Befreiung und tiefer Meditation. Aber nicht von Außen betrachtet sondern so wie er sich anfühlt.


    Der Rücken ist gerade, die Züge sind entspannt, man ist ganz in sich ruhend. Wie ein Berg oder eine Stupa bei der alles optimal geschichtet ist.


    Von daher muss das was die Funktion einer Buddhanatur einnimmt nicht unbedingt das Abbild eines Menschen sein. Ich finde da z.B in japanischen Ansichten des Berg Fuji - wie er da in sich ruht, während gleichzeitig Vegetation, Fujiseen, Menschen und vorbeiziehende Vögel passieren, eine gute " Buddhastatue".


    Gibt es solche Bilder im Westen?

    Im Bezug auf kulturelle Verbindungen, gefällt mir die Geschichte, wie es die Buddhalegende über verschlungene Wege ins europäische Mittelalter schaffte:

    The story of Barlaam and Josaphat or Joasaph is a Christianized and later version of the story of Siddhartha Gautama, who became the Buddha.[3] The tale derives from a second to fourth century Sanskrit Mahayana Buddhist text, via a Manichaean version,[4] then the Arabic Kitāb Bilawhar wa-Būd̠āsaf (Book of Bilawhar and Budhasaf), current in Baghdad in the eighth century, from where it entered into Middle Eastern Christian circles before appearing in European versions.

    ...

    The name Josaphat is derived from the Sanskrit bodhisattva.[11][3][12] The Sanskrit word was changed to Bodisav in Middle Persian texts in the 6th or 7th century, then to Būdhasaf or Yūdhasaf in an 8th-century Arabic document (Arabic initial "b" ﺑ‎ changed to "y" ﻳ‎ by duplication of a dot in handwriting).[13] This became Iodasaph in Georgian in the 10th century, and that name was adapted as Ioasaph (Ἰωάσαφ) in Greece in the 11th century, and then was assimilated to Iosaphat/Josaphat in Latin.[14]

    "Josaphat" ist also die westliche Form von "Bodhisattva". Werke würde z.B 1200 von Bischof Otto von Freising übersetzt und auch wenn es natürlich durch die Übertragung in einen christlichen Kontext sehr verzerrt würde, ist Buddha noch erkennbar:


    Die Rahmengeschichte handelt von einem in Indien herrschenden heidnischen König namens Abenner, dem bei der Geburt seines Sohnes Josaphat geweissagt wird, dass dieser zum Christentum übertreten wird. In der Hoffnung, dieser Vorsehung zuvorkommen zu können, lässt Abenner einen Palast errichten und seinen Sohn darin einsperren, damit er mit dem Leid dieser Welt nicht konfrontiert wird. Dennoch gerät Josaphat bei einem Ausritt mit dem Leid der Menschen in Kontakt, als ihm ein Kranker, ein Greis und ein Blinder entgegenkommen. Josaphat realisiert die Vergänglichkeit des Menschen und beginnt seine Lebensverhältnisse in Frage zu stellen.

    Die Geschichte ist anscheinend so universell, dass sich das da auch ein mittelalterlicher Mensch vergegenwärtigen konnte. Hier sieht man den heiligen Josaphat auf seinem Thron:


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    Von daher könnte das also die älteste westliche Buddhadarstellung sein.

    Obwohl die Kunst des indischen Subkontinents in jener Zeit bereits auf eine lange Tradition auch figürlicher Darstellungen zurückblicken konnte, wurde der Buddha anfangs nicht in menschlicher Gestalt gezeigt. Stattdessen wurden er und die Inhalte der Lehre durch verschiedene Symbole repräsentiert

    ....

    In den Regionen Gandhara (heute: östl. Afghanistan, nordwestl. Pakistan zeitweise bis in den Punjab) und Mathura (südlich des heutigen Delhi) entstanden etwa zeitgleich und sich gegenseitig beeinflussend die ersten künstlerisch-religiösen Darstellungen des Buddha

    ...

    Im Stil Gandharas sind hingegen die damals bereits seit mehreren Jahrhunderten bestehenden engen Kontakte mit dem hellenistischen Kulturkreis deutlich zu erkennen. Während seines letzten Feldzuges hatte Alexander der Große (356–323 v. Chr.) im Jahr 326 v. Chr. auch Taxila (nahe Peschawar), seit der Zeit des Achämeniden Darius I. (549–486 v. Chr.) Hauptstadt des Landes, erobert. Gandhara wurde zu einem Teil des Weltreiches Alexanders und verblieb auch nach dessen Tod im Einflussbereich hellenistischer Reiche (siehe auch Baktrien). So vermischte sich in dem Land die buddhistische Glaubenswelt mit der künstlerischen und ästhetischen Tradition des antiken Griechenland

    Zur Darstellung Buddhas wurde also an die ästhetische Tradition Griechenlands angeknüpft. Und ich denke, das sieht man doch den Gandhara Buddha doch an:


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    Quelle