Beiträge von Thorsten Hallscheidt im Thema „Samsara“

    In diesem Fall, lieber Sudhana, fehlt Dir leider komplett der Kontext, sofern Du das verlinkte Video nicht anschaust. Ich trinke keinen Lillet, weder mit Erdbeeren noch ohne. Ich trinke gar keinen Alkohol. Aber die junge Dame in dem Video liebt ihn offenbar und viele Dinge mehr. Ein süßes Stück Pop-Samsara hat sie da produziert. Darum steht es da. Leiden in seiner verlockendsten Form: Jugend, Reichtum, Schönheit, Ruhm, Erfolg – und Wild-Berry Lillet.


    8)

    Anna Panna-Sati


    Die Sichtweise, die Ajahn Chah formuliert, ist sicher keine, die man anderen als Trost darbieten könnte. Nur für mich selbst kann ich sie annehmen. Bezüglich der krebskranken Mutter, die um ihr Leben kämpft, wäre es zynisch, ihr von außen diese Sätze nahezubringen. Sie selbst könnte aber für sich durchaus profitieren, wenn sie auf diese Lehre treffen würde oder getroffen wäre, bevor sie so schlimm krank wurde. Ich hoffe, die schafft es, den Krebs zu besiegen.


    Nebenbei: Die buddhistische Antwort auf die Frage, ob das Glas halbvoll oder halbleer ist, ist schon frappierend: Es ist bereits zerbrochen.

    Ajahn Chah hat ein treffendes Bild formuliert:

    Das Glas, das ich in der Hand habe, ist bereits zerbrochen.


    Quelle


    Das lässt sich auf die gesamte Wirklichkeit übertragen:

    • Das Gefühl von Trauer ist bereits vergangen.
    • Das Gefühl von Freude ist bereits vergangen.
    • Der Körper, den ich meinen nenne, ist bereits zu Staub zerfallen.
    • Der Mensch, den ich liebe, ist bereits fortgegangen.
    • Der Erfolg, den wir erlangen, ist bereits zu einem Misserfolg geworden.
    • Die Krise, in der wir uns befinden, ist bereits überwunden.
    • Die überwundene Krise beinhaltet bereits neue Krisen.
    • Der Krieg, der gerade tobt, ist bereits zu einem Frieden geworden.
    • Der Frieden, in dem wir uns sicher fühlen, ist bereits von einem Krieg zerstört worden.
    • Der Staub, über den ich gehe, ist bereits Tier oder Pflanze oder Sonne.

    Die Wahrheit zu kennen, sie anzunehmen, zu akzeptieren und dennoch glücklich zu sein, was sollte das anderes sein als Weisheit und Lebenskunst?

    Ich denke, solange Glück auch noch mit der kleinsten Faser angestrebt wird, ist man sofort wieder in Samsara. Samsara ist der Schatten der Wirklichkeit, den wir uns auf der Basis von Begehren, Abneigung und Unwissenheit, konstruieren.

    Samsara ist leidhaft. Glück erzeugt Leid, Leid erzeugt Leid, Stagnation erzeugt Langeweile und Leid. Darum ist der buddhistische Weg auch ein Weg der Enttäuschungen. Samsara ist kein Bereich, in dem es je – weder persönlich noch gesellschaftlich – auf lange Sicht irgendwie "besser" werden könnte. Wird ein Problem gelöst, kommen zehn neue zutage. Die Krisen unserer Tage sind die Konsequenzen der vergangenen Handlungen. Unsere jetzigen Handlungen evozieren künftige Krisen und Probleme: Karma. Und daran wird sich auch nichts ändern. Ist eine Krise scheinbar bewältigt, folgen zehn weitere nach. Menschen eben.