Ajahn Chah hat ein treffendes Bild formuliert:
Das Glas, das ich in der Hand habe, ist bereits zerbrochen.
Quelle
Das lässt sich auf die gesamte Wirklichkeit übertragen:
- Das Gefühl von Trauer ist bereits vergangen.
- Das Gefühl von Freude ist bereits vergangen.
- Der Körper, den ich meinen nenne, ist bereits zu Staub zerfallen.
- Der Mensch, den ich liebe, ist bereits fortgegangen.
- Der Erfolg, den wir erlangen, ist bereits zu einem Misserfolg geworden.
- Die Krise, in der wir uns befinden, ist bereits überwunden.
- Die überwundene Krise beinhaltet bereits neue Krisen.
- Der Krieg, der gerade tobt, ist bereits zu einem Frieden geworden.
- Der Frieden, in dem wir uns sicher fühlen, ist bereits von einem Krieg zerstört worden.
- Der Staub, über den ich gehe, ist bereits Tier oder Pflanze oder Sonne.
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Wie geht es dir mit diesen Sätzen? (Falls du antworten magst. Ich glaube, sie können Verzweiflung sinnlos befeuern und genug drauf rumgekaut erleichternd wirken.)
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Das Glas, das ich in der Hand habe, ist bereits zerbrochen.
Ganz egal, wie wertvoll das Glas ist, wenn ich es jetzt in meiner Hand als zerbrochen ansehe, wird es mir nur sehr kurz schmerzen, wenn es mir aus der Hand fällt. Es wird ein kurzer Schreck und die Beseitigung der Trümmer.
Leiden wird es, wenn ich bei der Beseitigung und in nachfolgenden Zeit immer noch an das Glas in meiner Hand denke, obwohl es schon lange in einer Deponie ist.
Das Bedauern oder das sich Erfreuen an einem nicht mehr vorhandenen Zustand ist Leiden, dabei ist es nicht von Bedeutung, ob es ein Zustand der Freude, der Trauer, der Verletzung, des Frieden usw. ist,
Mein Mann ist gestorben, er ist schon lange Staub, war es bereits, als ich ihn verstorben gesehen habe.
Alles ist schon geschehen.
Nichts davon kann repariert werden.
Alle meine liebevollen Gedanken an ihn sind vergeblich.
Doch wenn ich mir immer bewusst bin, dass ich vergangenes wiedergeboren lasse, ohne jede Substanz, kann ich mich sogar daran erfreuen, ohne an Vergangenem zu hängen, es wieder haben zu beabsichtigen, mich daran festzuhalten.
Das Glas in meiner Hand,
es ist schon zerbrochen,
an dem Glas in meiner Hand kann ich mich erfreuen,
weil ich es als schon zerbrochen erkenne,
mache ich mir keine Gedanken um Gesten oder morgen.
Das Glas in meiner Hand hat jetzt
keine Vergangenheit und keine Zukunft,
selbst seine Gegenwart kann ich kaum fassen.
Ist es zerbrochen? Ist es das Glas in meiner Hand?
Ja es ist jetzt das Glas in meiner Hand.
Keine Zeiten, keine Gedanken, kein Bedenken, kein Leiden.