Beiträge von void im Thema „Jesus? Aus der buddhistischen Sicht?“

    Jesus wurde aber als Gefahr gesehen von den Pharisäern. Und damit hatten sie ja auch recht.

    Die Priesteraristrikratie die die Hohepriester stellten, die Jesus verurteilten waren alles Sadduzäer. Während die Pharisäer ja sozusagen theologisch die Opposition bildeten zu der ja auch Jesus gehörte.


    Kritiker, die die Entstehung des Neuen Testaments nach dem Bruch zwischen Judentum und Christentum ansetzen, vermuten eine verzerrte Darstellung der Pharisäer, die zur Zeit der Entstehung jener Schriften zur dominanten jüdischen Richtung geworden waren. Sie weisen darauf hin, dass Jesus pharisäische Positionen der Schule des Hillel (Nächstenliebe) oder der des Schammai (zur Ehescheidung) vertreten habe. Seine Auffassung von einem Leben nach dem Tod sei ebenfalls bei den Pharisäern zu finden. Auch die Anrede Rabbuni (= Meister, Lehrmeister) weise Jesus als in der pharisäischen Tradition stehend aus

    Gerade weil Jesus dem Pharisäertum so Nahestand, war es für das frühe Christentum wichtig, sich von diesen zu distanzieren und sie als kleinkarriert zu brandmarken. Aber die Pharisäer waren ja das aus dem später das rabbinischen Judentum mit seiner breiten Tradition entstand. Aber im Gegensatz zu der herrschenden Priesteraristrikratie die eher an Macht interessiert war ( und Jesus verurteilten) waren es halt eben die Gläubigen Juden - die denen Speisevorschriften und Sabbat wichtig war. Weswegen sie ja in Opposition zur Machtelite standen.

    Glaubst Du Jesus meinte mit „Gott“ das was die Buddhisten meinen, was man nicht mit der Wahrnehmung und Vorstellungen usw. erfassen kann?

    Insofern das was in dies Gottesvorstellung eingeht, individuelle Gier und Hass negiert und übersteigt, ergibt sich eine Gemeinsamkeit. Übersteigung für Gier und Hass ist mit Freundlichkeit und Frieden und Geduld und Freude verbunden.


    Aber insofern dass dann wieder mit ganz anderen Vorstellungen zusammen gemischt wird nicht. Mit der Idee eines Gesetzgebers, eines Schöpfers, eines Richters und eben eines Vaters. Bevor wir zu einem Ich werden, das sich als eigenständig und getrennt von der Welt empfindet, sind wir ein kleines Baby das ganz auf seine Eltern angewiesen, von ihnen gefüttert , geschützt und getragen und hoffentlich geliebt wird. Von daher ist es ja nachvollziehbar, dass man das was das beschränkte Ich und seine Wünsche übersteigt, das was einen trägt, erzeugt und erhält, sich "elternhaft" vorstellt und sich dazu als Person in Beziehung setzt.


    Ich habe mal die Predigt eines Pfarrers gelesen, der versucht seinen Zuhörern den ganz anderen Zugang der Buddhisten zu erklären. Er erklärt das anhand des Beispiel der Beziehung eines ungeborenen Babies im Bauch zu seiner Mutter und eines geborenen Kindes zu seiner Mutter. Letzteres nähert sich ihr als Person aber ersteres hat eine fast nicht größere Nähe ohne dass ein Ungeborenes seine Mutter als Person wahrnehmen müsste. Ich fand das zwar eine eher gewöhnungsbedürftige Metapher aber sehr anerkennenswert, wie sehr da der nicht-personelle Gottesbezug als gleichwertig gewürdigt wird.


    Einerseits habe ich das Gefühl, dass es freundlich wäre, sich dafür zu revanchieren, dass man Gott als ne Art "verkleidetes Nibbana" darstellt, das sich einen Bart umgehängt hat. Aber da habe ich das Gefühl, dass das zu einem ganz schlechten "kleinstem Gemeinsamen Nenner" führt - einem windigen Kompromiss der nicht nur dem Buddhismus sondern auch dem Christentum und der Gottesvorstellung Gewalt antut. Ein liebender Vater ist keine Vogelscheuche mit falschen Bart.

    Weil als Pelagius die Rechnung ohne den Wirt aller Wirte gemacht hatte, wurde er

    gerade vom Kirchenvater Augustinus erbittert verfolgt. Nach Augustinus geht es ja nicht darum geht was man tut oder nicht ...

    Dieses Problem ist natürlich dem Christentum inhärent, aber ich sage mal, dass man Gottesglaube nicht mit der Figur von Jesus vermischen darf. Natürlich wird genau das im Christentum gemacht. Aber die Figur Jesus selbst als solche hat seinen für sich stehenden Wert. Ich halte Jesus für eine sehr gute Sache, halte aber nicht viel von der christlichen Kirche. So denke vermutlich sehr viele Menschen.

    Wenn man Jesus fragen würde, was seine vier edlen Wahrheiten von der Entstehung des Leidens seiner Ursache und seiner Bewältigung sind,dann wird er die klassische Antwort des Judentums geben: Die Ursache des Leidens ist die Abkehr von Gott und die Überwindung des Leidens die Umkehr zu Gott. Jesus ist ein Gottesmann der Gottes frohe Botschaft predigt.


    Einen privaten Jesus jenseits des Propheten mag ich nicht zu erkennen


    Natürlich ist das Wort "Gott" ein großes Wort, hinter dem vieles Platz findet. Positives wie Liebe, Mitgefühl und Solidarität, aber auch bärtiges Patriarchtum mit der Tendenz zum Zündeln an sündigen Stätten sowie Überschwemmungen der selben. Fast wie diese Wegweiser wo "Alle Richtungen" darauf steht, die mich immer ganz verdutzt zurücklassen..

    Aber schade das man heute nicht sagen kann was Jesus meinte und bezwecken wollte und warum er die Dinge tat.

    Ich finde den biblischen Jesus ja eine durchaus plastische Figur. Und da ist doch das was er sagt und tut nicht so überraschend, das man über seine Motive und Gedankengänge rätseln müsste, sondern fügt sich gut in den Hintergrund jener Zeit:

    1. Er schließt ja direkt an Johannes den Täufer an - der wohl historisch belegt ist. Johannes war ein Bußprediger - der die Leute zur Umkehr und zum Glauben an Gott anhielt, weil er die Endzeit anbrechen sah. So wie auch schon vorher alle möglichen Propheten die Menschen ermahnten und zur "Umkehr zu Gott anhielten" Wahrscheinlich stammt Jesus also aus der großen Johannes-Bewegung.
    2. Was ihn da für seine Zeitgenossen hervorhob ist, dass er sich nicht nur als Prophet sondern als Messias sah. Ein Begriff der, angesichts der römischen Unterdrückung eine enorme politische Brisanz hatte. Damals hatte sich ja die paramilitärische Widerstandsbewegung der Zeloten gegründet die den Römern Widerstand leisteten und auf einen Erretter ( Messias) hofften.
    3. Im Gegensatz zu dem was die Zeloten wollte war Jesus aber vergleichsweise friedlich. Aber auch das mit der Nächstenliebe war ja kein Erfindung Jesu sondern eine Strömung im rabbinischen Judentum. Es war ja Rabbi Hillel der damals sagte "Was dir nicht lieb ist, das tue auch deinem Nächsten nicht; das ist die ganze Gesetzeslehre, alles Andere ist nur die Erläuterung, gehe und lerne sie"
    4. Ein weiterer Punkt dürfte sein, dass er sich in seiner Botschaft nicht auf traditionelle Juden beschränkte sondern auch griechisch/römisch beinflusste Juden ansprach, was dann später bei Paulus zu einer Erweiterung über das Judentum hinaus führen sollte.
    5. Ein weitere Besonderheit an Jesus ist, dass er auch viele margialisierte ansprach. In seiner Bewegung hatten Frauen eine große Rolle und er integrierte sogar "Zöllner" - also Inkasso-Schergen die für die Römer die diversen Steuern eintrieben.

    Aus diesem Hintergrund heraus ist doch das Handeln Jesus verstehbar. Umkehr und Taufe ( wie bei Johannes) Messiasanspruch (wie bei den Zeloten) und Nächstenliebe ( wie bei Hillel) kombiniert mit einer Erweiterung auf margialisierte und sogar Kollborteuere.


    Jesus ist eine spannende Gestalt die dadurch so integrierend wirken könnte, indem sie die an ganz unterschiedliche Strömungen jener Zeit andockte.

    In der Frühzeit der Kirche- so um 400- gab es den Theologen Pelagius. Dieser Lehrte, dass das was wichtig ist, die Taten der Menschen sind. Es geht schlicht darum, dass der Mensch das Gute tut - seinen Nächsten liebt - und das Schlechte läßt. Das klingt ja sehr gut. Und dann auch sehr parallel zu den ethischen Elementen des edlen achtfachen Pfad.


    Das Problem dabei ist, dass dabei die Gottesvorstellung und die Gottesbeziehung in ihrer Wichtigkeit geschmälert werden.


    Weil als Pelagius die Rechnung ohne den Wirt aller Wirte gemacht hatte, wurde er

    gerade vom Kirchenvater Augustinus erbittert verfolgt. Nach Augustinus geht es ja nicht darum geht was man tut oder nicht ( auch schlimmen Sündern wird vergeben) sondern sich der Gnade Gottes anzuvertrauen. Und die Rolle jesu liegt nicht so sehr in dem was er sagte, sondern dass er als Opferlamm starb um die Erbsünde zu tilgen. Was ja wiederum krass ist, weil es ja das was Jesus so sagte zum Blöcken reduziert und er erst am Kreuz seinen "wahren Job" erfüllt - die Erlösung der Menschheit


    Und während man Pelagius und den Jesus der zu ethischen Verhalten auffordert als Buddhist nachvollziehen kann, ist Jesus als Opferlamm - die Schuld und ihre Tilgung durch Blut viel archaischer und unnahbarer.

    Ich weiß nicht ob, diese Überwindung der Ich-Illusion eine Art höherer weiterentwickeltes „Ich“ schaft, eine weitere Intimität die eigenständigen existiert. Logik würde sagen nein, aber so tief konnte ich nicht sehen.

    Es geht ja eben nicht so sehr um bestimmte Vorstellungen. Wenn man da eine Vorstellung loslässt, tut sich sofort eine neue auf, sondern darum die Kräfte und Prozesse zu vermindern, die diese Vorstellungen erst erzeugen.

    Eben die Kräfte des Anhaftens - die Kräfte von Gier und Hass. Je mehr der Geist nichts dahabn will, was nicht da ist (Zuneigung) ) und nicht weg haben will, was da ist (Abneigung) desto mehr ruht er in sich selbst.


    Ein Christ würde so einen Zustand, vielleicht eines als einen der Seeligkeit sehen und als ein Ruhen in Gott interpretieren.

    Wenn man sich überlegt was für Jesus die "vier edlen Wahrheiten vom Leid , seinen Ursachen und der Überwindung" sind, dann könnte es so zusammenfassen, dass die Menschen Leiden, weil sie sich von Gott und seinem Plan abgewendet haben ( Sünde) und sie wieder zum Heil finden, indem sie sich Jesus und mit ihm Gott anvertrauen ( Bekehrung)


    Ein Beispiel dafür ist die Bekehrung von Simon Petrus. Jesus demonstriert Petrus durch Wunder, dass bei Gott das was sonst unmöglich ist, möglich ist und das Gott den seinigen ein "Leben aus der Fülle" jenseits von Vergänglichkeit und Tod bieten kann:

    Das alles klingt in sich logisch und hat auch so eine Schönheit.


    Was mir aber als Nachgeschmack zurückbleibt ist das Bild von den zurückgelassenen Booten voller toter Fische.


    Während der Nächste Liebe kriegt, der Feind wenigstens noch eine zweite Wange, sind die Fische total außen vor. Auch wenn das als Prequel zu den Kreuzzügen sicher überinterpretiert ist, muß man feststellen, dass sie -

    bei all dem Heil das zu suchen und zu vergeben ist - auf eine grundsätzliche Art und Weise nicht mitgemeint sind - sie sind Außen.


    Positiv ausgedrückt ist das Christentum sehr "menschlich" Der Mensch ist das Ebenbild Gottes und Gott ist in Jesus Mensch geworden. In dieser Menschlichkeit liegt sowohl eine Größe als auch eine gewaltige Beschränkung.