Beiträge von Amdap im Thema „Magisch anmutende Praktiken und Skepsis“

    Ich finde es völlig in Ordnung, eigene Rituale oder Meditationsmethoden zu entwickeln, wenn einem sich das eine oder andere als nicht kompatibel erweist.

    Beispielsweise erlernte ich in den Neunzigern eine Vajrasattva-Methode, schwerpunktmäßig auf Erkenntnis basierend, beim Orden AMM, den Lama Anagarika Govinda gegründet hatte. Nachdem der Orden sich aufgelöst hatte und seitdem nur noch eine Karteileiche bei der DBU ist, bin ich ein paar Jahre später zu den Karma-Kagyüs gewechselt. Dort lernte ich bei dem leitenden Lama eine ganz andere, stark abweichende Vajrasattva-Methode, die als Reinigungsübung fungiert. Nach und nach vermischten sich dann beide bei mir, undzwar so, dass es wieder kompatibel war.

    Einige meiner Fragen an den Lama ließen sich nicht klären bzw. verstand er nicht; auch hier musste ich kreativ werden und meinen eigenen Weg gehen.

    So einfach ist das!

    Aber heute praktiziere ich Derartiges gar nicht mehr.

    Was ich praktizierte, kann man aber kaum als Ritual bezeichnen, es war vielmehr eine Visualisation, die höchste Konzentration erforderte (verbunden mit den fünf Bija-Mantras der Dhyani-Buddhas und der 100-Silben-Dharani).


    Man muss sich natürlich bewusst sein, was man da tut. Man sollte zugeben können, dass es nicht mehr originär das ist, was der Buddha gelehrt hat.

    Die Vajrasattva-Methoden hat der Buddha nicht gelehrt, denn als die Vorstellung des Vajrasattva aufkam, war der historische Buddha schon ein paar Jahrhunderte zuvor verschieden.

    Man muss diese Dinge von ihrer Magie befreien. Rituale sind nicht vom Himmel gefallen, sie wurden von Menschen konzipiert, wenn auch zugegebenermaßen nicht jeder dieses Talent hat.

    Das passt ganz einfach zusammen. Denn du bist es selbst und allein, der das zusammen passt. Ohne die Ermächtigung der Schülers gibt es keine Macht des Lehrers. Deshalb wählt der Schüler nach eingehender Prüfung seinen Lehrer - und damit liegt auch die ganze Verantwortung beim Schüler.

    Wenn du nicht daran glaubst, hat es keine Wirkung. Da aber magisches Denken in unserem limbischen System wurzelt, werden wir zunächst davon bestimmt, bis wir dann darüber zu reflektieren beginnen und uns "nach reiflicher Überlegung" davon dann lösen.

    Und darum fragte ich wiederholt, ob Ihr Euch schon mal individuelle Rituale ausgedacht habt.

    Aber darauf hat bis jetzt keiner geantwortet.

    Wenn man sich vorstellt, dass es eine Fortsetzung gibt der Bewusstseinsformationen, die im Wesentlichen den Verstorbenen ausmachten, "Wiedergeburt" genannt, was es ja im engeren Sinne nicht ist, dann gehört auch dazu, dass man sich jetzt als Fortsetzung ein Kind vorstellt. Sofern es sich in der Fortsetzung um einen Menschen handelt - das weiß man ja nicht. Doch wenn man sich das Zweitbeste vorstellt, dann ein menschliches Kind.

    Das muss man sich klarmachen.

    Und das ist wohl der Hauptgrund, warum es sich für mich falsch anfühlt, das Foto eines nahestehenden Verstorbenen aufzuhängen oder zu -stellen.


    Liebe Monika, ich kann mir zugleich vorstellen, inwiefern es Dir nicht guttut, das Foto Deines verstorbenen Mannes aufgehängt zu sehen. Doch zu Asche wurde die Person nun auch wieder nicht. Die Elemente, aus denen sich ein Körper mal zusammengesetzt hat, waren auch nur geliehen. Sie können in der Vorzeit genausogut einem Neandertaler, einer Alge oder einem Dinosaurier angehört haben und trotzdem nachher Teil eines kürzlich Verstorbenen gewesen sein. Das ist alles nicht entscheidend.

    Mir kommen ab und zu Gedanken an eine junge Familie mit einem Kleinkind, und dann denke ich, ob sie es wohl gut behandeln und es zu einem selbstbewussten, lebenstüchtigen Menschen erziehen. Es beruhigt mich, weil diese Vorstellung sich richtig anfühlt.


    Aber ich kann mir nicht wirklich vorstellen, dass da gewisse Rituale noch einen Einfluss haben könnten. Das ist inzwischen zu weit entfernt. Auch eine Amitabha-Puja zielt ja auf die vergangene Form ab, nicht auf ein Kleinkind als Fortsetzung.


    Interessanterweise habe ich aber ein paar sehr alte Fotos an der Wand hängen: meinen Vater inmitten von Kollegen in einer Munitionsfabrik, meine Mutter in einer riesigen Kindergruppe, stehend an einer Stadtmauer. Da ist sie etwa 7 Jahre alt. Mein Vater als Fünfjähriger, in Matrosenanzug, neben einem Schaukelpferd, mit Peitsche in der Hand. Eine Uroma in Tracht... undsoweiter. Das kann ich betrachten, ohne dass es sich falsch anfühlt. Denn das ist Geschichte.


    Ich habe an anderer Stelle gesagt: meine Vergangenheit kommt mir vor, als hätte ich sie nur geträumt. Darum kommen mir diese alten Fotos auch wie ein Traum aus der Vergangenheit vor.

    Vielleicht ist das der Schlüssel. Vielleicht ist die Traumpraxis die einzige Praxis, die einen Sinn macht, und auch Rituale diesbezüglich.


    Ich wiederhole meine Frage:

    Habt Ihr Euch schon mal individuelle Rituale ausgedacht?

    Lieber Igor07,


    ich glaube, Du hast da etwas missverstanden, aber ganz sicher bin ich mir nicht.

    Wenn ich sage, dass ich da einfach keine Verbindung fühle, dann bezieht sich das auf die vorausgegangenen Sätze. Darum zitiere ich das hier im Zusammenhang noch mal:


    Wie kann es sein, dass nach - sagen wir mal - vier Jahren eine Amitabha-Puja für eine(n) Verstorbene(n) irgend etwas ausrichten soll, obwohl sich die Bewusstseinsformationen längst ganz anders wieder formiert haben und ein völlig anders zusammengesetztes "geistiges Produkt" daraus eine ganz neue materielle Erscheinung, missverständlicherweise "Wiedergeburt" genannt, in die Welt eingetreten ist?

    Ich fühle da einfach keine Verbindung.

    Daher kann ich entsprechende Rituale wirklich auch als "magisch anmutende Praktiken" empfinden, die ich entweder sehr neugierig betrachte oder mich peinlich berührt fühle.

    Genau gesehen gehören sie eigentlich gar nicht zum essentiellen Buddhismus. Sie sind viel älter, kommen aus dem Schamanismus, und wurden einfach vom Buddhismus absorbiert.

    Gleichzeitig nenne ich es auch einen "krassen Widerspruch" (s. Anfang von Beitrag #23), diese Gegenüberstellung von grundlegender Auffassung im Kernbuddhismus einerseits, und Ritualen, die auf Beeinflussung des "Seelen"lebens eines Wesens bzw. dessen Geschlossenheit abzielen, andererseits.

    Also hier nochmals:

    der Buddhismus kennt ursprünglich kein Weiterleben als geschlossene Seeleneinheit, so, wie es im Hinduismus gelehrt wird (doch ich denke, es gibt auch im Hinduismus davon abweichende Auffassungen, denn den Hinduismus gibt es ja gar nicht, vielmehr ist er religionsphilosophisch sehr heterogen).

    Ich habe auch nie gesagt, dass ich an ein weiterexistierendes Etwas nicht glaube. Zugleich muss man skeptisch sein, sofern es nur um Glauben geht. Das sagst Du selbst, denn Du sprichst von dem, was Du spürst. Dabei kommt es zu mir so rüber, als ob Du meinst, dass ich gar nichts verspüren würde, aber das Gegenteil ist der Fall. Gerade weil ich mich mit meiner Mutter verbunden fühlte, genau deshalb konnte und kann ich kein Porträtfoto von ihr aufhängen.

    Meine Mutter war ein sehr nachgiebiger, defensiver Mensch, ließ sich alles gefallen und machte, was andere von ihr wollten. Ihr einziger Anker war ich. Zuletzt war sie sehr schwer dement, doch erstaunlicherweise war sie innerlich immer bei mir und ich war die einzige Person, welche sie noch erkannte.

    In den ersten Stunden nach ihrem Versterben sprach ich darum ganz eindringlich zu ihr, sie solle sich nicht zu mir umschauen, sie schaffe es, in das strahlende rote Licht allein zu gehen. Sie sei stark.

    Es heißt ja, in der unmittelbar ersten Zeit nach dem Sterben fühlt es sich für den Verstorbenen noch so an, als ob er eine Seeleneinheit sei. Das ist ja auch verständlich, denn die neue Situation ist völlig ungewohnt und der Verstorbene "muss sich erstmal sortieren". So wollte ich auch nicht, dass sie sich nun, da sich bald die Bewusstseinselemente auflösen, an mich klammert oder irgend etwas anderes sie behindert, und das kann z. B. auch so ein aufgehängtes Porträt des Betreffenden sein. Ihr Porträt anzuschauen war nur mein persönliches Bedürfnis, aber wie gesagt nach einer Woche empfand ich es als falsch und als behindernd für das Subtile, was wohl von meiner Mutter übrig geblieben war, darum steckte ich das Bild weg.


    Wie Du siehst, sind wir, was das Empfinden betrifft, also gar nicht so weit auseinander.

    Allerdings glaube ich nun, dass bei mir doch mehr vorherrscht, dass ich das alles nur träume, während Du erklärst, Dir käme Dein Erleben real vor.


    Ich kann mir gut vorstellen, dass schamanische Rituale da eine Verbindung zwischen einem selbst und dem, was das Ritual bewirken soll, schaffen können. Hilfsmittel sozusagen, damit man sich innerlich besser öffnen kann. Im alten Buddhismus dominierte aber eine Skepsis gegenüber solcher vielen bunten Rituale, ganz zu Recht.

    Und heute muss man sich wieder fragen: warum hat der Buddhismus immer dort, wo er hingekommen ist, die vorhandenen Riten absorbiert? Nun, es waren ähnliche Gründe wie beim Christentum. Das ist aber ein anderes Thema.

    Doch das ist der Grund, warum wir oft, wenn wir so etwas in fremden Ländern verfolgen, uns befremdet und befangen fühlen und uns gar nicht damit verbinden können.


    Warum sollte man nicht selbst ein Ritual erfinden, wenn einem danach ist?

    Was meint Ihr dazu, habt Ihr sowas schon mal gemacht?

    Ich beobachte hier stets einen krassen Widerspruch.

    Einerseits sagen die Lehrer, nichts, aber auch gar nichts kann einen Anderen beeinflussen. Da kann man noch so viele Fisimatenten machen: jeder ist für sich selbst verantwortlich, und jeder schreibt seine eigenen karmischen Muster. Auch kann niemand etwas von einem Anderen auf sich nehmen.

    Doch andererseits gibt es beispielsweise Medizinbuddha-Pujas für Kranke, und Amitabha-Pujas für Verstorbene (für diese auch noch nach Jahren). Ich nenne hier wirklich nur bescheidene Beispiele, denn tatsächlich ist die gesamte vajrayanische Ritualpraxis so gestrickt. Und die Lamas sind ja in dieser Kultur erzogen und stehen voll dahinter.

    Wie kann das zusammenpassen?

    Diesen krassen Widerspruch habe ich nie lösen können.

    Was mein persönliches Empfinden diesbezüglich angeht:

    Auch ich hatte natürlich eine intensive Trauerphase, als gerade meine Mutter gestorben war. Aber nach einer Woche fühlte es sich falsch an, ihr Foto aufzustellen und es zu betrachten. Ich musste es beiseite legen, denn ich fühlte, dass es den weiteren Werdegang ihrer Bewusstseinsformationen (stümperhaft ausgedrückt, aber ich kriege es nicht besser hin) behindern würde. Diese Transformation einerseits, und Festhalten am alten Porträt andererseits.

    Bis zum heutigen Tag bin ich nicht imstande, ihr Foto an einem guten Platz in der Wohnung aufzustellen, indem es dauerhaft dort seinen Ort hätte.

    Wie gesagt, es fühlt sich falsch an. Was nicht bedeutet, dass ich Erinnerungsfotos anzuschauen vermeide, nein, überhaupt nicht: ab und zu hole ich sie hervor und schaue sie an. Aber es kommt mir ganz verkehrt vor, so wie andere Leute es tun, Porträts von ihren Verstorbenen aufzuhängen oder hinzustellen. Dabei vielleicht auch noch zu denken: wenn ich selbst gestorben bin, sind wir wieder vereint! Ja, so denken doch Viele!

    Total schräg kommt mir das vor.

    Wir haben fast 40 Jahre zusammengelebt, mit kurzer Unterbrechung. Und trotzdem kommt es mir so unwirklich vor, wie ein Traum.

    Wie kann es sein, dass nach - sagen wir mal - vier Jahren eine Amitabha-Puja für eine(n) Verstorbene(n) irgend etwas ausrichten soll, obwohl sich die Bewusstseinsformationen längst ganz anders wieder formiert haben und ein völlig anders zusammengesetztes "geistiges Produkt" daraus eine ganz neue materielle Erscheinung, missverständlicherweise "Wiedergeburt" genannt, in die Welt eingetreten ist?

    Ich fühle da einfach keine Verbindung.

    Daher kann ich entsprechende Rituale wirklich auch als "magisch anmutende Praktiken" empfinden, die ich entweder sehr neugierig betrachte oder mich peinlich berührt fühle.

    Genau gesehen gehören sie eigentlich gar nicht zum essentiellen Buddhismus. Sie sind viel älter, kommen aus dem Schamanismus, und wurden einfach vom Buddhismus absorbiert.

    Amdap Ich finde es interessant, dass du das Befremdliche am "Original-Ort" nochmal viel stärker und als so unüberbrückbar empfunden hast. Ich persönlich habe da keine Erfahrung, da ich bisher noch nicht in einem buddhistisch geprägten Land war. Ich kenne also praktisch nur die westlich adaptierte Form. Und da empfinde ich es halt manchmal bei mir als aufgesetzt oder schräg - ich vermute auch weil ich den kulturellen Hintergrund vieler Praktiken nicht kenne und wahrscheinlich auch nur ansatzweise verstehe und sich dann auch ein gewisses peinliches Befangenheitsgefühl bei mir einstellt.

    Ich muss mich wiederholen: ich bin sowas von berührt, wie Du es ausdrückst, weil es so 100% übereinstimmt mit meinem Empfinden, z. B. "peinliches Befangenheitsgefühl" - exakt!

    Wahrscheinlich würde es Dir ähnlich ergehen wie mir damals in Kathmandu.

    Und ich weiß nicht, wie Andere in der Welt des Tibetischen Buddhismus, hier im Westen, ins Ngöndro eingeführt werden. Vielleicht im Rahmen eines Kurses, vielleicht sind das die Meisten. Bei mir war es anders, denn ich kann zu meiner "Anlaufstelle", dem Kamalashila-Institut in der Eifel, nur zu Besuch kommen. Maximal 2x im Jahr. Da wir hier durch Synonym geschützt sind, verrate ich mal, wie es bei mir war. Als ich ein Jahr, nachdem ich zum ersten Mal dort zu Besuch kam, wieder erschien, merkte der Lehrer, dass ich mehr will. Das war vor fast 14 Jahren. In der Lama-Wohnung führte er mich zu einem seltsamen, als Thron verkleideten Stuhl, auf den ich mich setzen sollte. Ich konnte es nicht glauben!

    Und komischerweise erinnerte mich dieser sofort an ein Theaterstück, das wir als frischgebackene Sechstklässler im Gymnasium für die Neuankömmlinge, die Fünftklässler, aufführen sollten, und das wir als Noch-Fünftklässler schon lange geübt und vorbereitet hatten. Es ging um ein Märchen mit starker Symbolkraft, um die Art, wie die Menschen lebten, und um einen König, der einen Weisheitsspiegel hatte, welcher zerbrach. Da ich mich bei der Vorauswahl für keine der Rollen eignete, jedoch künstlerisch sehr begabt bin, wurde ich zum Kulissenbau bestimmt. So musste ich u. a. den Thron des Königs bauen, den ich hauptsächlich in Rot und Gelb hielt, mit viel Glitzer als i-Tüpfelchen. Er entwickelte sich nach und nach zu einer sehr barocken Erscheinung. Und es war einfach nur ein verkleideter Stuhl.


    Als ich nun also mich im Zimmer des Lamas auf diesen Thron setzen sollte, kam mir wie gesagt sofort die Erinnerung an meinen damaligen Kulissenbau wieder hoch, noch dazu sah dieser Thron dem meinigen von damals sehr ähnlich!!! - Oh, das war auch 2010 schon lange her, vierundvierzig Jahre, und inzwischen sind es über siebenundfünfzig Jahre!

    Ihr könnt Euch vorstellen, wie perplex und entgeistert ich war, als ich mich dort setzen sollte.

    Gleichzeitig kam es mir vor wie ein Überfall, denn mit so etwas hatte ich nicht gerechnet. In diesem Fall kann ich aber nicht sagen, dass ich befangen war. Berührt war ich aber auch nicht, und befremdet fühlte ich mich auch nicht. Ich fand das Ganze einfach nur seltsam und dachte: was mag jetzt kommen? - Nun, der Lama hat dazu viele Mantras gemurmelt. Das Komische ist aber, dass ich mich gar nicht mehr an die Details erinnern kann, also ob er mir irgendwelche Aufgaben erteilt hat oder sowas. Da habe ich ein Blackout. Also, ich meine, er hat mir keine Hausaufgaben aufgegeben (?).

    Die Anleitungs-Details als Ngöndro-Anweisungen erhielt ich ohnehin an einem anderen Ort, nämlich dem Tempelraum (Gompa). Das aber auch nicht im Rahmen eines Kurses, sondern ebenfalls unter vier Augen. Allerdings habe ich später mal, zu verschiedenen Zeitpunkten, an zwei Kursen teilgenommen. Da gab es natürlich allgemeine Anweisungen. Als ich an dem Kurs mit Mandala-Opferung teilnahm, war ich teilweise so befremdet, dass ich es nicht mehr aushalten konnte und einmal an die frische Luft musste. Ich flüchtete in den nahegelegenen Wald und sprach mit den Pflanzen, die im Unterholz wuchsen, um mich abzureagieren.


    Nun, das sollte erstmal reichen, ich hoffe, es war interessant für Euch!

    der Name und die zugleiche Behauptung Buddhismus erscheint mir mitunter schon wie ein Märchen bzw wie eine ziemlich illusionierte Handlung, einen solchen zu behaupten


    Es gibt überall Merkwürdigkeiten wo einem der Instinkt sagt ‚hmm was soll das nur sein das ist ja strange‘.


    Man muss ja nicht hingucken, ist ja zum Glück zumeist keine äußerst attraktive Person insofern ists doch keine schwere Aufgabe

    :?: :?: :?:

    Nun - offensichtlich spielen sie. Das Rezitieren ist nur Deine Vermutung, die zumindest nicht generell zutrifft.

    Ja, kann natürlich auch sein. Schließt aber das Rezitieren nicht aus, mit dem man ja auch "spielen" kann. So 'ne Art Zeitvertreib, oder Gewohnheit.

    BenBolt :

    Ich frage Dich das deshalb, weil nach meiner Beobachtung mit der Mala sehr viel durch die Gegend spaziert und alles Mögliche dabei gemacht wird. Das konnte ich besonders bei den Hare Krishnas beobachten, aber auch bei den älteren Moslems (hier bei den Männern, die Frauen habe ich nie mit Malas gesehen); sie gehen einfach mit der Mala bewusst durch ein mit Menschen belebtes Areal, wie einer Innenstadt z. B., spielen mit ihrer Mala, also rezitieren offensichtlich, und legen es etwa darauf an, jemanden zu treffen und zu quatschen.

    Genausogut könnte man dabei auch eine Fliege totschlagen.

    Wenn du es ja genau nimmst formst du ja deinen Geist durch Meditation, du meditierst z.B. über Mitgefühl und durch die ständige Wiederholung der Meditation ändert sich quasi deine Einstellung zu der Sache so trainierst du deinen Geist. wenn du jetzt Mantras ständig wiederholst ist das quasi auch wie eine Art Meditation, eine Geistes Schulung. stell dir vor du sagst ständig: "Mögen alle Wesen Glücklich, froh und sicher sein... " dann wirst du es verinnerlichen und dieses Mantra dadurch dein handeln beeinflussen (du schlägst ja keine Fliege tot wenn du das Mantra den ganzen tag vor dich her sagst) und so natürlich auch die Karmischen eindrücke die du sammelst. also im weitesten Sinne kann man mit Mantras positives Karma sammeln.

    Das mag ja sein, und so wird es meistens erklärt. Und wenn es so erklärt wird, dann glaubt man es vielleicht auch und baut auf diesem Glauben auf. Und erzählt es so weiter.

    Es gibt aber auch noch andere Versionen.

    Ein Mantra ist zunächst nun mal nichts anderes als ein Wort, mag es nun einen Sinn haben oder nicht. Man erhält dieses Mantra, und dann soll man es aufsagen, egal ob durch lautes oder stilles Rezitieren.

    Es ist sehr interessant, dass es dazu führen kann, dass es sich in Klang auflöst. So kam ich zu dem Schluss, dass es egal ist, was das Wort bedeutet oder ob es überhaupt etwas bedeutet. Das führte mich einmal dazu, mit dem Wort "Scheiße" zu experimentieren. Und tatsächlich: genau wie andere Mantra-Worte war es bald nur noch Klang. Ich empfand gar nichts dabei und erforschte nur noch neugierig diesen Klang. "Schschschsssccchhh...." "Eeeiieeiiii...." "ßssseee..."

    Kinder können das sehr gut, sie spielen zum Beispiel mit der Eisenbahn und machen: "Sch-sch-sch-sch-sch...", ahmen das Bimmeln einer Schranke nach undsoweiter.

    Glaubt ja nicht, dass ich von dem "Scheiße"-Mantra eine negative Lebenseinstellung bekommen hätte! Es hat auch keine negativen Eindrücke in meinem Geist hinterlassen, Helmut.

    Andersherum kann man natürlich auch aufsagen: "Mögen alle Wesen glücklich sein". BenBolt , da spricht nichts dagegen, jedoch: Nach meiner Erfahrung ist es so: zuerst hat das Mantra eine Bedeutung, aber dann löst es sich in Klang auf. Und das geht bei mir sehr schnell.


    Der Ordensleiter (des AMM) als Nachfolger Lama Anagarika Govindas, Dr. Karl-Heinz Gottmann (Advayavajra), erzählte oft und gern eine seiner drei Lieblingsgeschichten, ich versuche es mal aus dem Gedächtnis, wie es bei mir hängengeblieben ist:

    Da übt ein Mönch jahrelang sein Mantra, das er von seinem Guru bekommen hat. Er besitzt nichts mehr als sein Gewand und seine Bettelschale. Tief in Andacht versunken geht er einen Pfad und sagt sein Mantra auf. Plötzlich stolpert er über eine Baumwurzel, seine Bettelschale zerbricht, und im Schock ruft er aus: "Pott kaputt!". Er vergisst sein Mantra und sagt nun nur noch "Pott kaputt". mit diesem neuen Mantra erlangt er augenblicklich Erleuchtung.

    Ich habe vergessen, um wen es sich da handelt, aber das ist hier nicht entscheidend.



    Bist Du Dir da sicher?!:

    (du schlägst ja keine Fliege tot wenn du das Mantra den ganzen tag vor dich her sagst)


    Vielen Dank, Maha !

    Du hast es sowas von auf den Punkt gebracht #1, exakt genau so wie ich es schon sehr lange empfinde! Es ist, als wären es auch meine Worte!

    Und ich wundere mich, wie immer wieder westliche tibetisch-vajrayanische Probanden absolut fraglos solche Praktiken wie das Ngöndro einfach übernehmen, als wäre es eine Selbstverständlichkeit - dieses ohne entsprechenden kulturellen Hintergrund. Klar hat man es leichter, wenn man nicht christlich-religiös großgeworden ist, sondern relativ weltlich (ich sage "relativ", weil niemand hier völlig neutral großwerden kann). Aber im Endeffekt bleiben diese Praktiken doch fremd, und es ist kaum möglich, sie uns nachträglich einzuimpfen.


    Doch muss ich sagen: da kommt in mir gleichzeitig auch eine sehr unergründliche tiefe Trauer auf, wenn ich unmittelbar damit konfrontiert bin. Nicht, wenn ich mich inmitten einer einheimischen Gruppe mit ähnlichem kulturellen Hintergrund befinde, beispielsweise, es wäre ein Ngöndro-Kurs in Hamburg und nun ist angesagt, dass Alle Niederwerfungen machen. Nein, das ist es nicht. Dann mache ich die Niederwerfungen einfach mit und denke mir nichts dabei. Wenn ich mit katholischen Freunden eine katholische Kirche betrete, bekreuzige ich mich ja auch, schon allein aus Solidarität mit ihnen.

    Nein, diese tiefe Trauer und Befremden kommt auf, wenn ich mich z. B. an einem Original-Ort befinde, wie etwa dem großen Stupa von Boudhanath in Kathmandu. Dort gibt es zwischen den Aufgangstreppen solche durch Sichtschutz-Mauern abgetrennten Bereiche, wo man ungestört seine massenhaften Niederwerfungen machen kann. Nur am Eingangsbereich dieser Areale lässt sich ein kleines bisschen "luschern" und man kann da gucken, was vor sich geht. Und, wie gesagt, das macht mich so unergründlich tieftraurig, da ich aus meinem tiefsten Grunde weiß, dass dieses nicht meine Welt ist. Ich weiß genau, dass ich, mindestens in diesem Leben, hier sehr einsam und vollkommen davon ausgeschlossen bin.


    Es ist sehr wichtig, dass man auch mal ganz bewusst traurig ist. Beispielsweise denke ich zurzeit an die vielen, vielen Kriegstoten, und ich denke an männliche Verwandte von mir, die im Zweiten Weltkrieg unvorstellbares Leid erleben mussten und gefallen sind; was mag in ihnen vorgegangen sein....

    und ich habe sie nie kennengelernt; manchmal spreche ich in Gedanken mit ihnen, als ob ich an ihrer Stelle etwas auf- oder nacharbeiten müsste, was sie nicht mehr schafften.... und das zerreißt mir fast das Herz. Ja, diese Trauer ist wirklich sehr wichtig, sie ist beinahe so eine Art Lebenselixier. Sie hilft uns, mehr Mitgefühl zu entwickeln. Und danach sehne ich mich.

    Aber dieses Gefühl von Ausgeschlossensein wie in meinem genannten Beispiel hier, ohne in diesem Leben etwas daran ändern zu können, das fühlt sich so absolut an. Ich stehe da wie hilflos, während Andere mit tiefer Hingabe praktizieren, und ich beobachte das, als wäre ich ein Wesen wie vom anderen Stern.

    Darum ziehen mich diese so maßgeblichen Pilgerorte nicht mehr an. Es ist einfach eine unbeschreibliche tiefe Kluft da. Unbeschreiblich befremdlich.

    Das ist eine noch wieder ganz andere Art von Trauer, eine ganz andere Qualität von Trauer, die unumkehrbar ist.


    Ich wurde ins Ngöndro eingeführt, aber schon sehr bald fühlte ich mich dabei wie ein Uhrwerk.

    Doch niemand konnte mir helfen.

    Ich habe mich einigermaßen damit arrangiert, dass solche Praktiken nichts für mich sind.

    Mein Trost und Ventil sind innere Gespräche, inneren Strukturen nachzugehen, zu reflektieren - ja, auch klassische Musik zu hören, ein Gänseblümchen zu streicheln und aufzupassen, dass beim Umschütten von Brennnesselsamen auch ja kein Krümelchen daneben fällt. Keinen Wassertropfen verschwenden. Über Entstehen und Vergehen nachzudenken, und wie alles miteinander vernetzt ist.


    Vielleicht brauchen wir einen naturverbundenen, freien Buddhismus; besser gesagt, einen freien Dharma. Einen Dharma ohne Rattern, ohne Zählen, ohne "Verdienste" und ohne schlechtes Gewissen.

    Der im Westen sich entwickelnde säkulare Buddhismus ist für mich so etwas wie ein freundlicher Vorschlag, eine Ermunterung. Eine Möglichkeit, die zu heilen hilft, eine Einladung, die innerlich frei macht und alle kreativen Kräfte aktiviert. Wir müssen uns befreien von diesen uralten Traditionen, die in uns ja doch keine spirituellen Erinnerungen wecken können; auch wenn wir sie zugleich nicht ablehnen sollten. Denn wir haben nun mal andere Wurzeln.

    Es hat schon seinen Sinn, dass wir hier geboren wurden und nicht woanders.

    Wir müssen das erkennen und das Beste daraus machen, aus aufrichtiger Motivation.

    Es gibt noch viel zu tun, aber das wird sich entwickeln. Der säkulare Buddhismus ist nur ein zarter Anfang, und was in 500 Jahren sein wird, weiß sowieso keiner.