Beiträge von void im Thema „Der mittlere Weg“

    Die Metapher vom mittleren Weg wirkt eben bis heute gegen exzessive frömmigkeits-Performance an (nicht immer Erfolgreich), und dass hat schon damals funktioniert wie auch heute.

    Ja, in vielen Religionen gibt es ja so eine lineare Skala zwischen dem niederen Weltlichen und dem höheren, reinen Sakralen. Da zeugt es doch von der tiefen Einsicht Shakyamunis dass er diese lineare Skala zurückweist und Gier auch dann zurückweist wenn sie sich auf das Höhere und Heilige richtet. Auch Religion und Askese können Gier. Von daher könnte ja gerade ein säkularer Buddhist die Idee des "mittleren Wegs" als Wegbereiter religionskritischen Denkens sehen.

    Mallinson spricht in dem Vortrag (ab ca. 11:50) die Frage an inwieweit Buddha das Asketentum als Irrweg verwarf oder als Stufe auf dem Pfad zur Erleuchtung betrachtete. Anscheinend gibt es für beide Sichtweisen Belege in den kanonischen Texten.

    Buddha sah in der Askese nicht Irrweg sondern etwas optionales. Von daher wehrte er sich gegen Vorschläge wie die von Devadatta der verpflichtende strengere Regeln für alle Mönche forderte, er sah es aber nicht als Problem das mit Mahākāśyapa einer seiner Hauptschüler als großer Asket galt. Das Problem war ja nicht Askese selbst sondern das Anhaften daran - der Asketenstolz.


    Von daher ist das mit dem mittleren Weg doch nur für Leute wichtig, die zum Asketenstolz neigen. Wenn ich so rumschaue sind das eher weniger.

    Nach der Überlieferung hatte Buddha hatte gerade dadurch Befreiung erlangt, dass er von seiner asketischen Extremismus abgewandelt hatte. Und dann fragte er sich, wem er die neue Lehre verkünden könnte. Und da seine beiden Lehrer gestorben waren, wandte er sich eben an seine 5 Mitasketen. Und für diese war er ein Abtrüniger, ein Weichei, das statt sich asketisch zu Knechte ein Lottrleben führte:


    Auf diese Worte hin sprachen die fünf Mönche zu dem Erhabenen: "Du hast, lieber Gotama, mit deinem Wandel, deiner Lebensweise, deiner Betätigung schmerzlicher Abtötung nicht den höchsten von Menschen erreichbaren Zustand, die völlige Erkenntnis edlen Wissens erreicht. Wie kannst du jetzt, wo du im Überfluß lebst, von deinem Ringen nach Vollkommenheit dich abgewendet hast und von Überfluß umgeben bist, zu diesem höchsten von Menschen erreichbaren Zustande, zu der völligen Erkenntnis edlen Wissens gelangt sein?"

    Und von daher war es für ihn zentral zu betonen, dass er sich zwar von der Welt angewand hatte aber eben auch von der Extrem Askese:


    Darauf sprach der Erhabene zu den fünf Mönchen: "Der Vollendete, ihr Mönche, lebt nicht im Überfluß, nicht hat er sich von seinem Ringen nach Vollkommenheit abgewendet, nicht ist er umgeben von Überfluß. Der Vollendete, ihr Mönche, ist heilig und völlig erleuchtet.

    ...

    "Folgende zwei Extreme, ihr Mönche, sind von dem, der die Welt verlassen, zu meiden. Welche zwei? Das erste besteht in der Betätigung von Lust, Freude und Neigungen zu den Vergnügungen; es ist niedrig, gemein, passt nur für einen Unbekehrten, ist unedel und führt zum Verderben. Das zweite besteht in der Betätigung übermäßiger Selbstanstrengung; es ist leidensvoll, unedel und führt auch zum Verderben. Diese zwei Extreme sind zu vermeiden. Der mittlere Wandel aber, wie er von dem Vollendeten erkannt wurde, bringt Einsicht und Verständnis und führt zur Ruhe, zur Erkenntnis, zur Erleuchtung, zum Nirvana.

    Hier ist die Reihenfolge also die , dass Shakyamuni sich zuerst vom Asketentum abwand, dann Befreiung erlangte, und erst dann eine Sangha gründete


    Eine Reihenfolge in der Buddha als Asket Befreiung erlangt hätte, als Asket die Sangha gründete und dann aus *politischen Gründen" verkündet, dass Askese zur Befreiung unnötig und hinderlich ist, wäre nicht glaubwürdig gewesen.

    Der Begriff "lebensbejahend" erscheint mir nicht sehr hilfreich.


    Als Synonyme werden mir "lebensfroh" , "frohgemut", "sonniges Gemüt" angeboten. Ein Buddha - jemand der ohne Gier und Hass und ohne Leid ist, kann natürlich jede Situation akzeptieren und zu ihr "ja" sagen.


    Andererseits wird unter Lebensbejahung von bestimmten auch die Bejahung der Triebe verstanden - von Gier und Hass - Zuneigung und Abneigung. Diese sind aber nach Buddha der Grund warum wir nicht zufrieden sein und "Ja" sagen können. So lange etwas fehlt oder etwas zu viel ist sagen wir "nein" zum Leben es ist ungenügend - es ist Dukkha


    Der Begriff der Lebensbejahung scheint mir also seltsam und inkonsistent und deswegen nicht brauchbar.


    Buddha geht es um die Freiheit von Gier und Hass. Und dabei hat er festgestellt, dass die Leute nicht nur an Sinnesvergnügen haften können, sondern Asketen auch einen Asketenstolz entwickeln können, wo sie ihr Ego darauf aufbauen, auf was sie alles verzichten können. Es gab damals ja recht schräge Asketen:


    2. Da gingen Puṇṇa, ein Sohn der Koḷiyer, ein Asket, der sich der Ochsenübung verpflichtet hatte, und auch Seniya, ein nackter Asket, der sich der Hundeübung verpflichtet hatte, zum Erhabenen [1]. Puṇṇa, der Asket mit der Ochsenübung, huldigte dem Erhabenen und setzte sich seitlich nieder, während Seniya, der nackte Asket mit der Hundeübung, Grußformeln mit dem Erhabenen austauschte, und nach diesen höflichen und freundlichen Worten setzte auch er sich seitlich nieder, zusammengerollt wie ein Hund. Puṇṇa, der Asket mit der Ochsenübung sagte zum Erhabenen: "Ehrwürdiger Herr, dieser Seniya ist ein nackter Asket, der sich der Hundeübung verpflichtet hat, der das tut, was schwierig zu tun ist: er nimmt seine Nahrung zu sich, wenn sie auf den Boden geworfen wurde. Jene Hundeübung hat er seit langer Zeit auf sich genommen und ausgeübt. Was ist seine Bestimmung? Was wird sein künftiger Weg sein?"

    "Genug, Puṇṇa, laß es sein. Frag mich das nicht."

    Ein zweites Mal sagte Puṇṇa, der Asket mit der Ochsenübung zum Erhabenen: "Ehrwürdiger Herr, dieser Seniya ist ein nackter Asket, der sich der Hundeübung verpflichtet hat, der das tut, was schwierig zu tun ist: er nimmt seine Nahrung zu sich, wenn sie auf den Boden geworfen wurde. Jene Hundeübung hat er seit langer Zeit auf sich genommen und ausgeübt. Was ist seine Bestimmung? Was wird sein künftiger Weg sein?"


    "Mittlerer Weg" bedeutete für Buddha also nicht, keinesfalls irgendeinen Kompromiss oder eine Halbherzigkeit im Bezug auf Nibbana. Sondern nur dass man neben der Anhaftung an Sinnliches auch die Anhaftung an übersteigerte Askese aufgibt.