Beiträge von void im Thema „Was ist Religion?“

    Nur weil du eine Religion nicht als Narrativ erkennen willst, heißt dies ja nicht, dass eine Religion kein Narrativ ist.

    Natürlich ist ein Mythos ist eine Erzählung. Erzählungen sind ein wichtiger Bestandteil von Religionen. Aber daneben gibt es nicht viele andere Elemente: Rituale, Tänze, Opfer, Initationsriten, Trancen usw.


    Gerade im Buddhismus ist Meditation kaum wegzudenken. Die Narrativen Elemente halten zwar vieles zusammen, Religion auf Narrative zu reduzieren wäre aber ein Fehler.

    Zunächst war der Mensch ohnmächtig und Religion war ein Versuch die Mächte in innerhalb und außerhalb zu besänftigen. Wenn das Meer eine unberechenbare Macht ist, die Tod aber auch Fische bringen kann, dann macht es Sinn diese Kraft zu besänftigen und damit kontrollierbar zu machen.


    So ging man ja auch mit anderen Stämmen um, deren Sprache man nicht kannte. Zuerst mal war man im Alarmmodus, dann wich das tatsächliche Bedrohen. Einem rituellen Bedrohen und irgendwann kam man zu einem Punkt, wo man gemeinsam feierte und ebenfalls noch sehr gestellt Geschenke und Heiratspartner austauschte. Das bedrohliche Andere wurde zu etwas , das zwar mächtig war und stets ins Negative kippen konnte, mit dem man in Austausch treten konnte sozialisiert


    Und so sind Götter auch prinzipiell sehr fremde Kräfte, denen man eine Maske angetan hat und sie zu einem Du sozialisiert hat


    Viel von dieser wichtigen Aufgabe der Bahnnung haben heute andere Bereiche übernimmen. Die Polizei bannt das Verbrechen, Penzilin die Bakterien und die Wissenschaft die Dinge. So sind es dann vor allem die tiefen Kräfte im Menschen - Aggression, Begierde - die für die Religion zum Bannen und Bändigen übrigbbleibt.

    Zum Ziel? Ja, zu den austauschbaren Wunschvorstellungen nach Maßgabe persönlicher Vorlieben und Abneigungen. - Mit Wünschen kann man spielen, doch Wahrheit trägt einen universellen Charakter und mit dem spielt man nicht!

    Wir sind hier im Unterforum "Buddhismus und Wissenschaft im Dialog" und Hendrik hatte einen Beitrag aus der Wissenschaft gepostet, in dem es um die Vielfalt von Religion und die Schwierigkeit dies zu definieren geht.

    Es lässt sich nicht einfach aussuchen, was höhere Wahrheit ist und was nicht - sonst wären wir beim Wunschkonzert, wo nach persönlichem Belieben und persönlichen Abneigungen ausgewählt wird.

    Wahrheit ist ein Wort das in seiner Grundbedeutung "vettrauenswürdigkeit" bedeutet. Während in den Naturwissenschaften Wahrheit relativ eng gefasst werden kann ( etwas ist der Fall oder eben nicht) ist das im religiösen Bereich nicht der Fall. Ob ein religiöser Weg "vertrauenswürdig" ist entscheidet sich darin, ob er mich zu Ziel bringt. Von daher ist es nicht ausgeschlossen, dass unterschiedliche Wege mit ganz anderen, wiedestrebenden Konzepten jemand zum gleichen Ziel bringen. Oder eben Wege mit nahezu gleichen Konzepten einen in die Irre führen.

    Religionen sind Erzählungen oder Philosophien, welche neben ethischen Richtlinien (Normen; Gebote, Verbote) mentale 'yogische' Methoden wie Gebet und/oder Meditation und/oder Entsagung und/oder physisches Yoga beinhalten und welche behaupten, dass wenn sie geglaubt werden und man seine Lebensführung nach ihnen ausrichtet, man die/das darin beschriebene ultimative Heil/Erlösung/Befreiung/ewige Leben erlangt, entweder nach dem Tode oder den Tod überdauernd.

    Wie gesagt, ist so eine "soterologische" Form von Religion extrem selten. Das von dir gesagt ist vielleicht für Islam, Buddhismus, Judentum und Christentum anwendbar.


    Aber findest du das von dir gesagte in Daoismus oder Konfuzianismus? Im Shintoismus oder Animismus? In der polynesischen Religion? In der Religion der Sumerer, der alten Griechen und Römer? Ich denke nicht.

    Selbst die These, dass Religion sich mit dem höchsten beschäftigt, trägt doch nicht.


    Religion beschäftigt sich mit mächtigen Kräften um uns. Man nehme mal die römischen Götter die z.B für sexuelles Begehren ( Venus) , Krieg (Mars) oder auch das Meer ( Neptun) mit seinen Stürmen und Fischen zuständig sind. All diese Kräfte müssen besänftigt und gewogen gemacht werden. Aber auch wenn sie als mächtig verehrt werden ist darunter schwerlich das Höchste zu verstehen. Gerade die frühen Christen sagten Recht deutlich dass sie zwar Willens waren die heidnischen Götter mit Dämonen gleichzusetzen in ihnen aber nicht das Höchste zu sehen bereit waren.


    Dies zeigt deutlich, dass die Religion die sich an ein universelles Transzendetes richtet nur eine kleine Teilmenge von dem darstellt was Religion im Allgemeinen bezeichnet.

    Wenn ein Religionsbegriff nur die gerade verbreiten universalistischen "Hochreligionen" ( Christentum, Judentum, Hinduismus, Islam , Buddhismus, Zaroastrische Religion) umfassen sollte, wäre es kein großes Problem da einen passenden Religionsbegriff zu schnitzen.


    Aber wenn man sich das Feld aller Religionen anschaut die es gab und gibt, dann sind diese zum "universellen" und "transzendenten" neigenden Religionen eine Ausnahme.


    Ein Religionsbegriff muß auch für Taoisimus und Shintoismus funktionieren, für polytheistische Religionen wie die der Griechen,Römer, Ägypter und Azteken passen.


    Und drüber hinaus für animistische,totemesistische und schamanistische Religionen sowie die diversen Formen des Ahnenkults.

    Hier geht viel nicht vom Individuum aus sondern von der Gemeinschaft. Und man will z.B nicht eine Beziehung zum Transzendenz öffnen sondern durch Riten und Opfer die Kräfte der Welt besänftigen und gewogen machen.


    Die Schwierigkeit einen umfassenden Religionsbegriff zu finden hat nichts mit dem Unterschied zwischen Christentum und Buddhismus zu tun sondern mit dieser komplexen Vielfalt.

    Der Anfang ist ja gut. Die Religionswissenschaftlerin Astrid Mattes sagt dem ORF:


    Zitat

    Da wir so viele unterschiedliche Phänomene Religion nennen wollen, gelingt es nicht, einen Kern davon zu benennen. Dazu kommt, dass der Religionsbegriff aus der europäischen, christlich geprägten Geistesgeschichte entstanden ist und es daher fraglich ist, ob dieses Konzept auf andere Kulturen übertragen werden kann


    Von daher ist es verwunderlich ist, das man dann Leute fragt, die genau von diesem christlich geprägten Religionsbegriff geprägt ist: Die römisch katholischer Theologen Hans Schelkshorn und Franz Winter. Und bekommt dann eben die Antworten die man "wissenschaftlich seriös" nicht geben kann.


    So als landet ein Special "Ökosystem Wald" beim Holzhändler, für den alles ganz einfach ist und der einem seine Liste mit Quadratmeterpreise hinhaut: Christliche Transzendenz, Hindu-Transzendenz, Buddhistische Transzendenz.