Diese enge Verbindung von
sati zu geistiger Weite drückt sich auch in mehreren Gleichnissen in den Lehrreden aus. Die in solchen Gleichnissen aus den Pāli Ni-kāyas entworfenen Bilder sind oft sehr hilfreich, um einen deutlichen Eindruck von der Bedeutungsvielfalt von sati im frühen Buddhismus zu bekommen.
Eines dieser Gleichnisse handelt von einem Kuhhirten, der gut auf seine Kühe achten muss, um zu verhindern, dass sie in die reifen Getreidefelder streunen. Sobald die Ernte eingebracht ist, kann der Hirte sich entspannen, unter einen Baum setzen und seine Kühe aus der Ferne beaufsichtigen. In Bezug auf diese entspannte und distanzierte Art der Beobachtung, spricht das Gleichnis davon, dass er einfach nur auf die Kühe „achtsam sein soll“.
Die Haltung, die in diesem Gleichnis
dargestellt wird, ist ein ruhiges und abgelöstes Beobachten, ein buchstäblich weiter Geisteszustand, der die gesamte Situation im Blick hat.
Ein weiteres Gleichnis, welches diese Qualität des Überblickens einer Situation von einer abgelösten Position aus untermauert, findet sich in einem Therag¤th Vers. Dieser Vers vergleicht die Übung von sati mit dem Erklimmen einer erhöhten Plattform oder eines Turmes.
Dieses Turmgleichnis hebt plastisch die Fähigkeit hervor, eine Gesamtsituation zu überblicken und sich dadurch ihrer verschiedenen Aspekte bewusst zu sein. Um die ganze Situation überblicken zu
können, ist es nötig, auf einen Turm zu klettern und dadurch Distanz zwischen dem Beobachteten und dem Beobachter
herzustellen. Das Gleiche gilt auch für die Entwicklung von sati. Hier ist es innerer Abstand durch Losgelöstheit, der es ermöglicht, einen Überblick über das Geschehen zu erhalten. Diese Distanz ist
nicht die eines Kopfmenschen, der den Bezug zum Geschehen verloren hat, son-dern eine affektive Distanz, die von der Situation emotional nicht überwältigt
wird.
Die Fähigkeit, eine Situation zu überblicken, erscheint noch in einem weiteren Gleichnis. Hier wird sati mit einem umsichtigen Wagenlenker verglichen.
Die Qualität, die dieses Bild vermittelt, ist eine vorsichtige und ausgeglichene Übersicht über die Situation. Eine solche Übersicht dürfte im alten Indien schon ge-
nauso notwendig gewesen sein, um heil durch den Verkehr steuern zu können,
wie in der modernen Welt.