Beiträge von void im Thema „Antai Ji und die Toten Hirsche oder „muss ein Mensch überhaupt so lange leben““

    Ich finde der Artikel beschreibt ganz gut wie die ursprünglichen Menschen gelebt haben, bzw. gelebt haben könnten, über Jahrtausende, und wie der Mensch sich bis heute in relativ kurzer Zeit davon entfernt hat. Den Unterschied. Und das die Menschen heute eigentlich die „weird People“ sind. Weil ich mich zuletzt auch gefragt habe, war der Mensch schon immer so. Und auch so rücksichtslos und grausam.

    Ich denke, dass die menschliche Natur die gleiche ist, und viele Eigenheiten aus der Lebensweise kommt. Ein nomadischer Jäger und Sammler zu sein, bedeutet ja, dass man nichts anhäufen kann. Jeder Besitz wird zum Ballast und von daher macht es Sinn - wie in einer Familie - alles zu teilen. An einem Tag hat der eine Glück beim Jagen am anderen Tag der andere und jeder verteilt alles. Und so wie es für uns keinen Sinn macht sich z.B "vorsorglich zu waschen" Arbeitet man nur so viel wie nötig. Der zweite Punkt ist, dass alles der Reichtum den man hat auf gelungenen sozialen Beziehungen und der Aufrechterhaltung der Harmonie beruht. Eine nomadischen Lebeweise bedeutet aber auch, dass jemand der so verletzt ist, dass er nicht mehr mitziehen kann, auch dann zurückgelassen wird, wenn das sein sicherer Tod ist.

    Onkel Vivhien Puksee, ein Dorfbewohner von Tambon Lamkrang, Bezirk Palean, Provinz Trang, erzählte uns, dass in den frühen 1980er Jahren ein Mani, ein Bruder von Frau Bah, vor einem Elefanten davonlief, in eine Feuerstelle fiel und sich schwer verletzte. Die Clanmitglieder versuchten, den Mann wieder gesund zu pflegen, aber er konnte nicht geheilt werden. Als sich sein Zustand verschlimmerte, beschloss die Gruppe, dass sie ihn nicht weiter unterstützen konnten, da sie sonst alle verhungern würden. Also zogen sie alle an einen neuen Ort und ließen den kranken Mann zurück. Bevor sie abreisten, ließen sie ihm etwas zu essen da und sagten ihm: "Du bleibst vorerst hier; wenn es dir besser geht, kommst du mit uns nach." Der Kranke starb dort, allein. Etwa vier Monate später kamen die Mitglieder des Clans zurück und fanden die Knochen des Mannes. Sie kamen zu dem Schluss, dass er einen "echten Tod" erlitten hatte. Bis heute haben die Mani nie wieder dort gelebt, weil sie glauben, dass der Tote noch immer an der Stelle seines Todes spukt.

    Das ist die Kehrseite des Nomadentums Ich denke dass viel von dem Verhalten eine Folge einer bestimmten Lebensweise ist. Und von daher sehr eng an diese gekoppelt sind. Dies kommt sehr gut in dem ( ansonsten eher klamaukigen ) Film "Die Götter müssen verrückt sein" rüber, wo eine einzige Cola-Flasche ausreicht, um die fragile Harmonie eines Gruppe von Buschmännern zu stören.


    In der afrikanischen Kalahari-Wüste sorgt eines Tages eine aus einem Flugzeug geworfene gläserne Coca-Cola-Flasche für ziemliche Aufregung unter den Eingeborenen. Die Flasche landet direkt vor den Füßen des Stammesoberhauptes Xi, der sie für ein Zeichen der Götter hält.

    Allerdings haben die Eingeborenen keine Ahnung, wozu dieses Geschenk der Götter gut sein könnte, und so will jeder einmal versuchen, es herauszubekommen. Dies führt zu immer mehr Streit unter den Stammesangehörigen, weil es dieses „Werkzeug“ im Gegensatz zu anderen Gegenständen in ihrer Umgebung nur einmal gibt. Deshalb beschließt Xi, das „böse Ding“ an das „Ende der Welt“ zu bringen, um es den Göttern zurückzugeben

    Die Harmonie liegt also nicht so sehr in den Menschen selbst, sondern in ihrer besitzloses Lebensweise.


    Allerdings hast du vielleicht damit recht, dass die Anstrengung die zur Aufrechterhaltung dieser Lebensweise gefordert ist - also Anspruchslosigkeit und nicht an Besitz anzuhaften, viel mit der buddhistischen Haltung gemein hat.

    Das von Samadhi1876 gepostete NZZ Interview mit Khaled Hakami über die thailändischen Maniq konnte ich nicht lesen, weil der Artikel kostenpflichtig ist, aber ich habe ein anderes Medium gefunden, wo er über das gleiche Thema spricht:

    War dieses Fehlen von Individualismus auch das, was den grössten kulturellen Unterschied ausmachte?

    Ja, Maniq sind extreme Kollektivisten. Nur die Gruppe zählt. Das heisst, es gibt keine Begriffe und Konzepte wie Selbstbewusstsein oder Selbstverwirklichung oder irgendwas, das mit dem eigenen Ich zu tun hat. In der Sprache kennen sie auch keine besitzanzeigenden Fürwörter, was das verdeutlicht. Alles gehört allen. Das zeigt sich auch beim Tauschen. Ich wusste, dass die Maniq starke Raucher sind, und habe zum Handeln einen ganzen Rucksack voller Zigaretten mitgenommen. Im Lager der Maniq angekommen, habe ich dann den Fehler gemacht, alle Zigaretten auszupacken. Daraufhin kamen immer wieder Menschen, sahen mich noch nicht einmal an und haben einfach was davon genommen. Meine westliche Vorstellung, dass ich jemandem etwas gebe und entsprechend etwas dafür bekomme, wurde also komplett über den Haufen geworfen. Dafür konnte ich mir im Gegensatz auch jederzeit etwas nehmen, das ich brauchte. Was da ist, gehört allen. Der Kollektivismus geht so weit, dass Kranke und Alte nicht erwarten, dass sich jemand um sie kümmert. Sie werden zwar gepflegt, aber die Erwartungshaltung ist nicht da. Durch das Fehlen des Individualismus hat auch niemand dort Angst vor dem Tod.

    Und es ist wohl einerseits das "Leben im Jetzt" und dieses "Fehlen des Individuums" das Samadhi dazu bringt dies an buddhistische Vorstellungen von Befreiung zu anzunähern.

    Die Frage dieses Threads "Muss ein Mensch überhaupt so lange leben“ ist ja von dir. Und so weit ich es verstanden habe, ging es dir nicht darum dass jemand leben "muss" sondern wie lange man leben sollte und ob es Sinn macht das wissenschaftlich zu verlängern.


    Das die Menschen leben wollen und sterben müssen war bei allen Kulturen ein Thema. Zum Beispiel im Gilgamesch Epos. Bei vielen Jägern und Sammlern wurde Tod nie als etwas natürliches gesehen sondern als Wirkung von Magie und man versucht den Täter zu finden. Der Tod hat die Menschen immer verstört und beruhigt und viel an Ritualen/Kultur entstand, um diese Ängste zu bannen.


    Deine Idee da einen idyllischen Naturzustand anzunehmen, wo einen der Tod keine Angst gemacht hat, ist eine romantische Idee.

    Und das wiederum erinnert mich auch wieder an die Urvölker, die immer von Natur aus mehr mit der Natur verbunden waren und sie auch achten und ihr dankten. Auch den Tieren die sie töteten. Und auch nur so viel nahmen wie sie wirklich brauchten.


    Sie hatten glaube ich auch keine Angst vor dem Sterben, und betrachteten den Tod nur als Übergang zu einer anderen „Welt“. Sie gaben den Toten auch Werkzeuge und Nahrung dafür mit.


    Ich glaube deshalb das die Urvölker auch von Natur aus in dem Sinne schon erwacht und erleuchtet waren.

    Deine Idee von "Urvölkern" ist eine romantische Idee einer Urverbundenheit vor dem Sündenfall.


    Im 19 und 20 Jh wurden ganz viele Kulturen die noch steinzeitlich lebten, gut erforscht. Diese Kulturen sind unglaublich vielfältig. Manche friedfertig, manche kriegerisch. Manche egalitär andere ungerecht, manche kollektvistisch manche individualistisch, manche pragmatisch manche spirituell. Und auch im Verhältnis zur Natur gab es große Unterschiede.

    Hm, void, die existenzielle Philosophie formuliert das Problem so, dass nur der Mensch alleine zur eigenen inneren Freiheit verdammt ist, also er kann über das eigene Dasein reflektieren: Woher komme ich? Wohin gehe ich? usw. Kein Tier stellt sich solche Fragen. Kein Tier kann kulturelle Denkmäler schaffen, aber die andere Seite der Medaille ist, dass auch kein Tier dieses existentielle Loch spüren und versuchen muss, es zu betäuben – ein Thema, über das die Psychoanalyse spricht und das auch den Kern des Buddhismus darstellt, mit dem Anatta-Konzept.

    Für den Buddhismus kommt das "existentielle Loch" aus der Diskrepanz zwischen Wünschen und Welt. Wir wollen Sachen und die passieren anders. So gibt es ja die Geschichte von Kusaginati deren Kind starb und die dann ganz irr vor Trauer von Haus zu Haus lief, um es irgendwie zu retten. Bei Schimpansen hat man auch beobachtet, dass dies beim Tod ihres Kindes verstört wäre. Und das Baby herumtragen bis es zerfiel. Der Buddhismus hat etwas universelles. Wir sitzen mit den anderen fühlenden Wesen in dem gleichen Samsara. Während Sartre im Prinzip ein Humanist ist - ihn interessiert nur menschliches Leiden und da dann besonders so ein hochtrabendes, intellektuelles Leiden. Während die buddhistische Konzeption von Dukkha viel breiter ist. Der Buddhismus ist kein Humanismus.

    Also kurz erfasst: Tiere folgen ausschließlich Interessen, die rein evolutionsbiologisch bedingt sind.( abhängig entstanden). Der Mensch jedoch (allgemein betrachtet) tötet bewusst und sogar mit Vergnügen, wofür die moderne Geschichte mehr als genug Beispiele liefert.

    Menschen und Schimpansen sind sehr eng verwandt und so teilen wir viel an evolutionären Erbe und auch an Gefühlen. Und ist da wirklich so viel Unterschied? Wenn das Terretorium knapp wird, dann kann es mir bei der Jagd immer wieder passieren, dass der Nachbarstammtisch vor mir da war und wichtige Ressourcen vor mir gefunden hat - der Baum mit den Früchten ist leer, der Honig ist abgeerntet - dies kann zu Enttäuschung führen und wenn es immer wieder passiert zu Frustration und dann zur Wut. Man muß den Nachbarn zeigen, dass das nicht ihr Wald ist, dass sie sich verziehen soll. Man muß ihnen einen Schuß vor den Bug verpassen, eine Lektion erteilen, so dass sie geschwächt sind und sich verziehen. Von daher traut man sich dann mit einigen jungen, männlichen Artgenossen an die Grenze um die zu überraschen und ihnen den Schuß vor den Bug zu verpassen. .an lauert ihnen auf, und wenn man ein oder zwei findet dann macht man die fertig so dass ihnen ihr übles Treiben vergeht. Es gibt ganz viel an Story die sich für Menschen und Schimpansen fast gleich erzählen lässt.


    Um den anderen fertig zu machen, darf man ihn nicht mehr als gleichen behandeln. Man muß ihn verdinglichen, die Beißhemmung überwinden, ihn am besten wie eine Jagdbeutel betrachten. Schafft man es, in diesen Modus zu versetzte , geht alles leichter. Während die Männchen bei den Schimpansen meist bei ihrem Gruppe bleiben wechseln Weibchen manchmal zu einer Nachbargruppe. Es kann also sein, dass man feststellt dass man sein Opfer kennt, sich vielleicht gelaust oder gepaart hat oder als Kinder zusammen gespielt hat. Es regt sich also womöglich ein Zwiespalt der Verhaltensmuster wo man dann aufhören kann oder gegen einen Widerstand mit dem Massakrieren weitermacht. Dieser Zwiespalt ist beim Schimpansen ein sichtbares Zögern, ein Spalt der sich beim Menschen zum Gewissen tun Wissen um das eigene schlechte Handeln auswächst. Dies ist ein Unterschied aber so zu tun als wäre der Schimpanse ganz unfrei und der Mensch ganz frei, ist doch üvertrieben.

    Nicht korrekt deine Wiedergabe; Monika sagt nicht warum es nicht geht, sondern nur ich würde aus Unwissenheit schreiben:

    "Unwissenheit" ist hier doch nicht buddhistisch gemeint sondern konkret: Wir kennen diese Frau nicht, nicht ihren Namen, nicht ihre Geschichte, nicht ihre Gefühle. Und aus diesem Nicht-Kennen können wir ganz schlecht entscheiden

    ( auch der Dalai Lama kann das nicht) was da genau richtige ist. Bei Leuten die wir gut kennen und verstehen ( unseren eigenen Senioren) klappt das aber vielleicht gut.


    Die Unwissenheit ist keine Beleidigung sondern wir wissen echt nix.

    Von daher ist es vielleicht nicht so sinnvoll darüber nachzudenken , wie lange jemand leben "sollte". In manchen Kinderhospiz gibt es vielleicht Kinder, die ihr junges Leben mutig loslassen können und wo anders hundertjährig Greisinnen, die sich - mit dem Gefühl viel zu wenig gelebt zu haben - an jeden Moment klammern.

    Ich betrachte mal die Frage, auf welche Dauer "die Natur" das menschliche Leben so angelegt hat.


    Die meisten Säugetiere leben nur so lange, dass sie sich gut fortpflanzen können. Menscheneben haben aber noch eine Phase des Alters nach der Fortpflanzung


    Um das 50. Lebensjahr herum tritt bei Frauen die Menopause ein. Das ist der Zeitpunkt, an dem die letzte Menstruation stattfindet. Mit diesem Ereignis, das zu den Wechseljahren gehört, endet die fruchtbare Lebensspanne

    Menschen sind nicht die einzigen Lebewesen, die eine Menopause durchlaufen. Es gibt noch andere Tierarten, bei denen das Phänomen auftritt – allerdings nur sehr wenige. Zu ihnen gehören Schimpansen sowie fünf Zahnwal-Spezies: Kurzflossen-Grindwale, Kleine Schwertwale, Orcas, Narwale und Belugas.


    Aus evolutionärer Sicht überrascht es nicht, dass dieses Phänomen im Tierreich selten ist. Vielmehr erstaunt, dass es überhaupt vorkommt. Denn die natürliche Selektion begünstigt in der Regel solche Merkmale und Verhaltensweisen, die es einem Lebewesen erlauben, seine Erbanlagen an Nachkommen weiterzugeben. Für weibliche Tiere sollte es deshalb vorteilhaft sein, möglichst lange fruchtbar zu bleiben. Tatsächlich sind die meisten Säugerspezies bis kurz vor ihrem Lebensende fertil.

    Bei uns und den anderen Tieren mit Menopause ist das anders:


    Ellis & Co. haben empirische Daten zur Lebensdauer sowie zur fruchtbaren Lebensspanne von 32 Zahnwalspezies statistisch analysiert und verglichen. Dabei stellten sie fest, dass die Wechseljahre bei diesen Tieren mit einer drastisch verlängerten Lebenszeit einhergehen. Laut den Daten leben weibliche Vertreter von Walspezies, die eine Menopause durchlaufen, rund 40 Jahre länger als ähnlich große Weibchen anderer Arten. Und nicht nur das: Sie überleben häufig auch die männlichen Exemplare ihrer eigenen Spezies
    Welchen evolutionären Vorteil aber bringt es, wenn Weibchen nach dem Ende ihrer Fortpflanzungsfähigkeit weiterleben? Die Entwicklung der Menopause und eines langen postreproduktiven Lebens kann nur unter ganz bestimmten Umständen stattfinden«, sagt Darren Croft von der University of Exeter, der ebenfalls an der Studie mitgewirkt hat. »Erstens muss die Spezies eine Sozialstruktur aufweisen, in der die Weibchen lebenslang engen Kontakt zu ihren Nachkommen sowohl der ersten als auch der zweiten Generation haben. Zweitens müssen die Weibchen die Möglichkeit haben, ihrer Gruppe so zu helfen, dass es die Überlebenschancen ihrer Familienmitglieder verbessert. Zahnwalweibchen sind beispielsweise bekannt dafür, Nahrungsressourcen zu teilen und ihre Erfahrungen zu nutzen, um die Gruppe bei der Nahrungssuche zu unterstützen.« Die Wechseljahre ermöglichen es den Weibchen somit, eine Großmutterrolle anzunehmen. In dieser Funktion können sie ihren Kindern und Enkeln helfen, ohne zugleich mit ihren Töchtern um Geschlechtspartner oder Ressourcen für eigene Nachkommen konkurrieren zu müssen.

    Die längste Zeit ihres Bestehens waren die Menschen Jäger und Sammler.

    Das durchschnittliche Sterbealter Erwachsener (demnach ohne Berücksichtigung der Kindersterblichkeit) lag 2007 bei Jägern und Sammlern zwischen 47 und 58 Jahren.

    Ganz grob gesagt, ist der Mensch also darauf angelegt eher früher Kinder zu bekommen und dann so lange lebt, dass er seine Kinder bei der Aufzucht ihrer Kinder unterstützten kann.