- Wie kultiviert man Mitfreude, wenn man selbst (begründete) Mangelgefühle empfindet?
Unter einem Mangel leidet man, weil man selber davon betroffen ist. Warum leidet man aber, weil es anderen besser geht? Natürlich zieht man sich selber anderen vor, das eigene Selbst ist näher als das Selbst anderer. Die Empfindung ist 'Es wäre besser wenn ich das hätte was du hast'. Besonders wenn man trotz harter Arbeit nie erreichen kann was anderen mühelos zugefallen ist, findet man das ungerecht: 'Ich hätte das verdient'.
"Übler Neid aber, ihr Mönche, ist weder in Werken noch in Worten zu überwinden, sondern eben durch wiederholtes weises Erkennen", sagt der Buddha in der von dir zitierten Lehrrede A.X.23. Weiterhin sagt er da:
Zitat
Wenn da, ihr Mönche, übler Neid und übler Ehrgeiz den Mönch beherrschen, so hat man von ihm zu wissen: "Nicht erkennt dieser Verehrte derart, dass ihn aufgrund dieser Erkenntnis kein übler Neid und übler Ehrgeiz mehr ankommen, daher eben wird er davon beherrscht."
Was ist das nun für eine Erkenntnis, durch die kein Neid mehr entsteht? Die Erkenntnis der drei Daseinsmerkmale erweist sich bei mir jedenfalls als hilfreich. Dukkha - alle Wesen müssen leiden, ob sie nun viel oder wenig besitzen. Es ist alles nicht so toll wie es aussieht. Besitz ist unsicher und kann jederzeit verlorengehen, oder die Gesundheit, ohne die man den Besitz nicht recht genießen kann. Man hat Angst ihn zu verlieren, am Ende verliert man trotzdem alles, selbst Milliardäre können sich kein ewiges Leben erkaufen. Da ist also gar nicht so viel Grund, neidisch zu sein. Alles ist vergänglich (Anicca) und je mehr man am Vergänglichen hängt, desto mehr muss man leiden. Schließlich Anatta - Einsicht in die Selbstlosigkeit führt zum wahren Glück der Befreiung. Neid entsteht ja aus der Ich-Verblendung und hängt mit Gier und Hass zusammen.
Anderen ihr vergängliches Glück zu gönnen ist sicher sehr gut, aber kann da die Mitfreude vollkommen sein? Bestenfalls ist auch Mitgefühl dabei (und keine Schadenfreude), weil sie es bestimmt wieder verlieren werden. Bei einsichtigen und losgelösten Menschen kann reine Mitfreude entstehen, soweit man eben selber einsichtig und losgelöst ist, durch "wiederholtes weises Erkennen".