Beiträge von JoJu91 im Thema „Wiedergeburt im Buddhismus“

    Ist das so richtig?

    Ob richtig das richtige Wort ist, weiss ich nicht, es beschreibt aber hervorragend meine persönlichen Erfahrungen, und wahrscheinlich die Erfahrungen vieler Praktizierender.


    Jeder Mensch kennt wohl von Natur aus eine Skala von Bewusstseinszuständen von tiefer Unbewusstheit und Verwirrtheit bis zu hoher geistiger Klarheit, die Verständnis etwa schwieriger wissenschaftlicher Texte oder das Ausüben hochkreativer handwerklicher Tätigkeiten erlaubt.


    Die Jhanas sind Zustände immer höherer Klarheit, zu denen die meisten Menschen von Natur aus nur selten Zugang haben, weil diskursives Denken ("Kopfkino" bis hin zu Manie, Grübelei, agitierter Depression ...) und Emotionalität diese Klarheit verschleiern.

    In der altindischen Philosophie spricht man auch von den "fünf Verhüllungen Brahmans", die letzten beiden gehören schon zu den Jhanas.


    Der geistige Aspekt der Wiedergeburt lässt sich mit einiger Übung in der Mediation leicht durch persönliches Erleben nachvollziehen: Die Wiederkehr des Hamsterrades der ewig gleichen gedanklichen und emotionalen Muster, bei jedem Menschen höchstindividuell. Kaum einer geht als Balu der Bär in Samadhi oder den Tiefschlaf und kehrt als Shirkan der Tiger zurück, Balu bleibt Balu und Shirkan bleibt Shirkan.


    Bei den "direkten" Meditations-"Methoden" (Shikantaza im Soto-Zen, Mahamudra im Vajrayana, ...) richten wir das meditative Bewusstsein nicht auf die INHALTE des Bewusstseins, sondern auf das Bewusstsein selbst. Die Inhalte sind Körpergefühle, Emotionen, Gedanken, die fünf Verhüllungen Brahmans. Das Bewusstsein selbst erscheint in der Lücke, im Raum zwischen diesen Inhalten. Der Geist erkennt den Geist in seiner ursprünglichen Natur.


    Ich erwähne das immer wieder, weil für nicht wenige Menschen der direkte Weg einfacher ist als der diskursive und analytische. Vor allem für mehr emotionale Menschen, die sich leicht hingeben können. Natürlich gibt es auch beim direkten Weg zahlreiche Fallstricke.


    :medim: :mediw:

    Na dann: Was sind deine Erfahrungen?

    Die erste winzige, fast unmerkliche geistige Bewegung führt zu der gewohnten Kette von gedanklichen, emotionalen, körperlichen Erfahrungen, der ganz normale Wahnsinn beginnt von vorn. Das meine ich mit Wiedergeburt. Hast Du sicher auch schon erlebt.

    Ähnlich wie beim morgendlichen Erwachen nach einem sehr tiefen Schlaf.

    Nur dass das Bewusstsein hier nicht aus dem Tiefschlaf zurückkehrt, sondern aus der wachen Stille von Samadhi.


    :cry: :)

    Die Idee der Wiedergeburt kann als widersprüchlich angesehen werden, wenn man sie mit den buddhistischen Lehren von "Anatta" (Nicht-Selbst) kombiniert. Anatta lehrt, dass es keine permanente, unveränderliche "Ich"-Essenz gibt. Wenn es jedoch kein festes "Selbst" gibt, stellt sich die Frage, wie genau etwas von einem Leben ins nächste übergehen kann, ohne eine konstante Entität zu haben, die sich fortsetzt.

    Der Widerspruch kann im "eigenen" Geist gelöst werden.

    Deshalb ist aus meiner persönlichen Sicht Meditation, vor allem zu Beginn, absolute Prio 1.


    "

    The strong emphasis in Mahāmudrā is the practice of settling the mind in its natural state, śamatha. In contrast to the common approach of first studying Madhyamaka treatises on emptiness, Mahāmudrā encourage us first to achieve śamatha, and then to be introduced to the Madhyamaka view of emptiness ...

    When the many veils that obscure the essential nature of the mind have been ... removed ..., the nature of conditioned consciousness is seen nakedly.

    "


    (Aus Alan Wallace, "Fathoming the mind")


    Samata (Samadhi) zuerst, Studium danach.


    In Samadhi wird die von allen Schleiern, auch den Schleiern der Jhanas, befreite ursprüngliche Existenz an sich, konkret erfahren, das unsterbliche Bewusstsein ohne Selbst.

    "Wiedergeburt" ergibt sich dabei als konkrete Erfahrung, eine Erfahrung im Bewusstsein.

    Klingt kompliziert oder unerreichbar, ist aber einfach.

    Samadhi ist einfach, ungeheuer kompliziert ist das menschliche Alltagsbewusstsein mit seinen Schleiern.

    Der Weg vom Komplizierten zum Einfachen.


    Mahamudra ist "tibetisch", aber mit (Za-)Zen gut kombinierbar und erleichtert das Verständnis der klassisch-buddhistischen Lehren ungemein.


    Danke an Thorsten Hallscheidt für den Hinweis auf Alan Wallace.


    :angel: