Beiträge von Igor07 im Thema „Wie verarbeitet man Trauer?“

    Ich erzähle kurz meine eigene Geschichte. Als mein Vater im Sterben lag und ich als sein gesetzlicher Betreuer rechtzeitig das Palliativ-Team in Frankfurt eingeschaltet hatte, war die Situation kaum auszuhalten. Zweimal hat mit mir persönlich eine Frau vom Hospiz gesprochen. Ich bin sehr empfindlich und hochsensibel – ich wollte eigentlich nur weinen. Trotzdem wollte ich immer bei ihm bleiben, bis zu seinem letzten Atemzug.

    Als die Rasseln-Atmung begann, wussten alle, dass es nicht mehr lange dauern würde. Er war 97 Jahre alt. Es ist in diesem Alter zwar „normal“ zu sterben – aber was ist überhaupt normal? Letztlich ist das eine Frage der Definition.

    Zwischendurch habe ich immer wieder in dem Buch von Ajahn Chah gelesen. Ich habe mir immer wieder bewusst gemacht, dass wir nicht unsere Körper sind, sondern lediglich bedingt entstanden-e Phänomene – sie entstehen und vergehen. Das weiß hier eigentlich jeder, also wollte ich das nicht weiter ausführen.

    Als mein Vater seine letzten Atemzüge getan hatte, war sein Körper praktisch sofort aschfahl und grau. Innerhalb von etwa drei Minuten war kein Leben mehr in ihm – nur noch die leblose Leiche.

    Dann sollten wir auf den Pathologen warten, der offiziell den Tod bestätigen musste. Als er erschien, sagte er, dass alle das Zimmer verlassen sollten – meine Frau und mein Sohn gingen hinaus. Ich aber blieb. Ich sagte ihm sinngemäß: „Kümmern Sie sich um Ihren eigenen Kram, um meinen kümmere ich mich selbst.“ Die Leiche meines Vaters hatte sich weiter verändert. Mir war sehr übel, aber ich habe es ausgehalten.

    Das Foto meines Vaters liegt immer an meiner Bettkante. Ich begleite ihn innerlich – egal, in welchen Bereich er gegangen ist. Auch wenn ich nicht an Wiedergeburt glaube, und auch nicht an ein Leben danach. Das Einzige, was ich tun kann, ist, ihm Metta zu senden – aus meinem Herzen heraus, das zugleich das Herz von allem ist. Mehr ist nicht möglich.