Beiträge von void im Thema „Hatte man es zur Zeit Buddhas einfacher?“

    Meine These ist nicht, dass sich in den vergangenen 2500 Jahren, nichts getan hat,sondern schlicht, dass Buddha ebenfalls in einer Zeit eines großen Gesellschaftlichen Umbruchs lebte - von einer Stammesgesellschaft in das was man heute "Antike" nennt.


    Aha, und das passierte alles an einem Tag?

    Nein, so ungefähr im Zeitraum von 100 Jahren. Es ist als im Vergleich zu heute, eine eher langsame Entwicklung.


    Worauf ich hinaus will ist, das der Buddhismus keine "Schönwetterreligion" - die unter stabilen Bedingungen entstand, sondern in einer Zeit von Wandel und Durcheinander - von Verlust und Vergänglichkeit.


    Von der Sterbeforscherin Elisabeth Kübler Ross gibt es ja die berühmte 5 Phasen des Umgangs mit Tod/Verlust/Vergänglichkeit:

    1. Nicht-wahrhaben-wollen/Verleugnung,
    2. Wut (Zorn),
    3. Verhandeln (Feilschen),
    4. Depression und
    5. Akzeptanz (Zustimmung).

    Und so ähnliche Phasen wird es wohl auch bei gesellschaftlichen Umbrüchen sein, wo der Verlust des Gewohnten immer offensichtlicher wird. Wir sind nach einer langen Phase der Vedrängung ( 2009- 2016) jetzt in einem "Zeitalter des Zorns" und vielleicht kommt dann auch eines der Resignation und Entsagung,wo dann der Buddhismus wieder aktueller wird. Wir haben ja immer nur eine Momentaufnahme.

    Dies ist eine schwierige Zeit. In Buddhas Zeiten war alles klar geregelt, Jede/r hatte seinen/ihren Platz.

    Nein, es war doch wie gesagt eine Zeit enormer Umbrüche, in der die alte Gesellschaftsordnung zusammenbrach, die auf Klans und Klangottheiten basierte. In der alte Ordnung gab es - wie bei den Kelten - einerseits das einfach Volk und andererseits eine Obrigkeit gab, die wiederum aus adeligen Kriegern (Asterix, Majestix) und Brahmanen( Miraculix) die für die Klangoberhäupter komplexe Rituale durchführen.


    Aber all dies brach zusammen als sich immer mehr große Königreiche mit einer städtischen Kultur ausbreiten. Gerade Buddhas Familienclan - die Shakyas sind ja ein gutes Beispiel dafür, dass man seinen Platz plötzlich verliert. Eben war man noch die Elite einer Adelsrepublik, dann schluckt einen die Monarchie Kosala die dann wiederum von dem Reich Maghada geschluckt wird. Wo früher ein Flickenteppich kleiner Fürstentümer mit Maharajas war, ist man auf einmal anonymes Mitglied in einem großen Reich.


    Jemand der von einem kleinen Klan in eine große Stadt wie Varanasi kommt, ging es vielleicht ähnlich wie eine. Asterix der nach Rom kommt. Alles mit was man aufgewachsen ist - der Ehrenkodex einer Kriegerkasten - gilt nicht mehr, alles ist ein lautes, buntes Durcheinander wo sich alles nur uns Geld dreht.


    Und deswegen - wegen der Entfremdung, der Orientierungslosigkeit, dem Wegfall des Vertrauten strömen die Menschen in den Hirschpark und hören neuen Śramaṇa Lehrer wie Buddha oder den Jain Lehrer Mahavira zu.


    Die Idee von einem immergleichen Orient und einen dynamischen Westen ist ein Stereotyp.

    Ja, natürlich, void. Denn noch heute sind "Heilige Männer" in Indien hoch geachtet. Es liegt an der Kultur. Der Westen vergöttert den Verstand.

    Ist das echt eine Sache von Ost und West?

    Als meine Großmutter ein Kind war, war doch die "religiöse Option" nicht voll da: Auf dem Dorf war es genauso angesehen, wenn man den Betrieb übernimmt, wie wenn man Priester wurde. Und genauso gab es in Japan genügend buddhistische Priester. Und viele Leute die ihr Leben für ihr Land gaben oder auch auch in traditionelle Rollen fügten.


    Aber erst dann so in deiner Generation hat sich das doch krass verändert - man hatte Wirtschaftswunder und Industrialisierung und eine Konsumkultur die sich auf Individuen und deren Selbstverwirklichung stützt. Und so die alten Werte der Hingabe - sowohl an Religion als auch an Nationen oder sonstige große Ideen, irgendwie als Option zum verschwinden brachte. In Deutschland gingen die Anzahl der Priesterweihen un den Keller und in Japan die der Mönche.


    Aber die religiöse Option kann unter bestimmten Umständen plötzlich wieder hochploppen: Ein Freund von mir aus Mazedonien erzählte mir 2001 , dass zu dieser Zeit als es im Land viel Unruhe und Chaos gab, einige seiner Punker-Freunde orthodoxe Mönche wurden.

    Der Blick auf eine andere Zeit und auf eine andere Kultur ist oft verzerrt. Stellt man sich selber als Römer vor, dann hat man ja Cicero und Co vor Augen und denkt nicht an die schlechte Stellung der Frauen oder Sklaven - .an denkt nicht an die Alltagssorgen wie Mietwucher, Baupfusch, Kindersterblichkeit und Krieg. Während einen an der heutigen Zeit alles negative gleich auffällt und einfällt.


    Und so ist es ja auch mit Buddhas Zeit. Buddha stammte ja aus dem Shkya-Klan und dort war es so, dass es eben diese Adeligen gab, dann gab es noch eine kleine Anzahl von freuen Bauern aber die Mehrzahl der Leute waren unfreie Suddas, die keine Chance auf Verbesserung hatten. All die niederen Schichten kommen im Palikanon kaum vor, da sie ja nicht der Sangha beitreten konnten. Siehe hier.


    Und es gab ja sogar Sklaven. Solche wurden der Sangha gespendet, damit sie als Zwangsarbeiter für die Ordinierten leisteten.


    Zitat

    Eine besondere Kategorie von Menschen der Unterschicht sind ārāmikas, Klosterarbeiter. In einigen Artikeln, z.B.

    , haben Schopen (1994) und Ghosh (2016) insinuiert, dass ārāmikas Sklaven oder Zwangsarbeiter waren, die dem frühen buddhistischen Saṅgha übergeben wurden. Beide beziehen sich wahrscheinlich auf verschiedene Vinayas oder kommentierende Literatur, lassen aber das ältere Sutta-Material unberücksichtigt.

    Arāmikas werden im Vinaya recht häufig erwähnt. Eine (fiktive) Gründungsgeschichte wird in Vin

    3.248-250 erzählt, die damit beginnt, dass König Seniya Bimbisāra einem Mönch einen ārāmika anbietet, um beim Bau einer Höhle zu helfen. Nachdem er um Erlaubnis gefragt wurde, erlaubt der Buddha den ārāmika („Bhikkhus, ich erlaube den

    ārāmika“) und die Geschichte endet damit, dass dem Kloster fünfhundert ārāmikas samt ihren Familien gestiftet werden, so dass sie sogar in einem eigenen Dorf namens ārāmikagamaka leben. In einem weiteren Schritt der Institutionalisierung wurde ein spezielles Amt zur Beaufsichtigung der ārāmikas eingerichtet, das ārāmikapesaka (Vin 2.176). Zu diesem Zeitpunkt wurden die ārāmikas ein integraler Bestandteil der größeren Saṅgha-Wirtschaft.


    Ordinierten könnten Haushälter - gahapati. Oftmals verwenden Buddhisten den Begriff so, als wäre damit einfach ein Nicht-Ordinierter gemeint. Aber tatsächlich ist der Begriff näher beim "Bürger" - beim Angehörigen der Bourgeoisie:


    Zitat

    Ein gahapati ist der elitäre männliche Vertreter eines wohlhabenden Haushalts. Wörtlich wird der „Hausherr“ oft vage mit „Hausherr“ übersetzt, was die Tatsache verschleiert, dass ein gahapati nicht nur ein Familienvater war, sondern jemand mit beträchtlichem Reichtum, der mehrere Frauen, Sklaven und Besitztümer unterhalten konnte (AN 3.35, AN 7.47)35. Thapar (1999) zeigt beispielsweise, dass der Begriff schon in vedischer Zeit beträchtlichen Reichtum implizierte (vgl. ṚV 6.16.42, ṚV 10.122.1, oder AV 8.10.2).


    Oft tut man auch so, als lebte Shakyamuni in einer "traditionellen Gesellschaft" was man mit Stabilität und Vorhersehbarkeit assoziiert. Dem ist aber doch nicht so: Im Gegenteil lebte in einer Zeit rasanter gesellschaftlicher Umbrüche. Wo eben z.B die traditionelle Religion - die noch eine Religion der Klans war - verschwand. Bei den Shakyas verehrte man den Sonnengott Sūrya als Klangott - aber mit der sozialen Desintegration verfiel auch die traditionelle Religion, weswegen eben neue Srmana Bewegungen wie Buddhismus und Jainismus im Aufwind waren. Die alten Strukturen zerfielen und in blühenden Städten wie Varanasi entstand eine neue Schicht von reichen Kaufleuten, die sich für neue Ideen begeisterten.


    Aber gleichzeitig war es eine Zeit von Kriegen und Umbrüchen. Die Skakya Republik wurde ja zuerst von Kosala annektiert, dass dann wieder von Maghada annektiert wurde. Später fiel der ShakyaKlan einem Massaker zum Opfer.


    Mein Herr Buddha,„ sagte Ananda eines Tages im Kloster, “warum bist du so traurig?"

    „Das Volk der Sakya wird in einer Woche massakriert werden“, antwortete der Buddha traurig. "Sie haben gegen das internationale Protokoll verstoßen und einen königlichen Prinzen aus ihrem Nachbarland beleidigt. Sie haben ihre Tat nie bereut und sich nie entschuldigt. Ein menschliches Wesen sollte mit Respekt behandelt werden, ganz gleich, wer seine Vorfahren waren. Das Karma des Sakya-Volkes ist also gereift, und es gibt wenig, was ich tun kann, um zu helfen."

    Es ist also eine chaotische, bunte, unvorhersehbare Zeit. Mit schuftenden Bauern, Klaven, Krieg, Massaker aber auch einer neue entstehenden Klasse reicher Kaufleute, die es sich mit Luxus, Hobbies und Sinnfragen beschäftigen könnten. Die in anderen Worten in fast so einer bequemen Position waren, wie wir heute.