Beiträge von KDR im Thema „Lamas im tibetischen Buddhismus“

    pali:
    KDR:

    Das ist natürlich richtig, allerdings hat diese Tatsache hier keinerlei Aussagewert.


    Für dich vieleicht nicht, für mich schon. Wenn man Tibetische Sichtweisen mit dem Verweis auf den Buddha begründen will und zum "Beweis" einen Text vorlegt, der einige Jahrhunderte später als in die Schrifftlichen Fixierung des Palikanon entstanden ist, dann ist das für mich ein entscheidendes Argument.
    Ich möchte hier aber keine Neuauflage einer Diskussion initiieren, wie "Authentisch" die Tibetische Tradition ist. Das gibts ja im Archiv dieses Forum ja schon genug.


    Wie gesagt, selbst streng historisch gesehen (was m.E. hier eine Einschränkung der Sichtweise darstellt und keine Erweiterung) hat es diese Ansicht in Indien schon lange gegeben, bevor das ganze ins Tibetische übersetzt wurde. Man hat ja im Tibet des 8. Jahrhunderts das Dharma-Rad nicht neu erfunden, sondern einfach alles aus dem Sanskrit übersetzt, was damals zur Verfügung stand. Insofern müsste man eigentlich von der "indo-tibetischen Tradition" sprechen, was aber kaum jemand tut.


    pali:
    KDR:

    Laut dem Online-Lexikon wohl noch zu Bairotsanas Lebenszeit oder nur unwesentlich später, etwa von einem seiner Schüler.


    Gibts da einen Link ?


    Nicht dass ich wüsste, aber im Online-Lexikon (hier 'dra 'bag eingeben) steht, dass es "found in both bka' ma and gter ma transmissions" (sowohl in bka' ma- als auch in gter ma-Übertragungen enthalten) ist. Dies sind die zwei Übertragungsstränge der Nyingma-Schule, die im 8. Jahrhundert in Tibet entstanden ist. Es kann also nur zu diesem Zeitpunkt entstanden sein. Aber ich halte es für unwahrscheinlich, dass die fraglichen Aussagen zum ersten Mal im Bairo Drabag getroffen wurden. In Indien wusste bzw. sah man das bestimmt schon vorher so.


    pali:
    KDR:

    Aber nein! Der Palikanon ist eine bestimmte Überlieferungsversion eines bestimmten Ausschnittes des Buddhadharma. Die


    Aha .... und welches sind die "anderen" Überlieferungsversionen und womit begründest du das ?


    Die wichtigste andere Version ist der Sanskritkanon. Sehr interessant dazu: Sanskrit bzw. Buddhistischer Kanon & Turfan Funde


    pali:
    KDR:

    Es wird Zeit, dass die Theravada-Tradition sich von der Ansicht löst, ihr Kanon sei die Ursprünglichkeit schlechthin.


    Na ja, ursprünglich gab nach meiner unmassgeblichen Meinung 18 verschiedene Schulrichtungen, und der Theravada, so wie wir ihn Heute kennen ist die letzte übriggebliebene Schule. Die Tibetische Tradition hat sich erst sehr viel später gebildet und ich glaube, das man dies auch religionswissenschaftlich nachweisen kann.
    Ich selber stehe dem Zen nahe, und für mich sind daher die Zenschrifften auch bedeutender als der Palikanon oder die Überlieferung der Tibetischen Tradition. Ganz ehrlich, auch ich habe mir schon den Vorwurf gefallen lassen müssen, das Zen kein Buddhismus mehr wäre. Stören tuts mich aber eher wenig, denn es wird immer Leute geben, die die Deutungshoheit für sich beanspruchen. Die Theravatradition ist aber auch nicht so ein geschlossener Verein wie du das hier darstellst, da gibts durchaus verschiedene Sichtweisen. Meine gelegentliche Kritik an der Tibetischen Tradition ist vieleicht, das gewisse Geschichtshistorische Entwicklungen irgend wie "Krummgeredet" werden, bzw. einfach ignoriert werden um gewisse Lehren mit dem Buddha kompatibel zu machen ... Wie dem auch sei, wenn eure Praxis authentisch ist, bzw. wenn ihr glaubt das sie funktioniert, dann sollte es doch genügen, wenn ihr die Lehren von Padmasambhava, Marpa und wie sie alle heissen, einfach praktiziert. Ich finds da einfach immer etwas komisch, wenn ihr euch auf den Buddha beruft und dann sagt, das der Buddha am Ende seines Lebens dann noch mal schnell an ausgewählte Schüler den Vajrayana übermittelt hätte ... Wenn man dann nach den Quellen fragt, dann sind immer Schrifften, die sehr viel später, 500 - 800 Jahre später entstanden sind. Wie gesagt, ich praktiziere kein Vajrayana (obwohl ich immer wieder mit dem Dzogchen etwas "flirte"), und kann daher auch nicht sagen, ob diese Praxis funktioniert .... brauch ich auch nicht. Die Tibetische Tradition will da aus meiner Beobachtungsperspektive immer einen Spagat machen, statt sich einfach auf ihre Gründergestallten zu berufen, unabhängig davon, wie kompatibel dies auch mit den Lehren des Buddha sind oder waren. NEIN, ich mache in dieser verallgemeinernden Form keine Wertung. Es ist in meinen Augen einfach ein Etikettenschwindel, wenn auf einem Packet Zahnbürste steht, IM Packet aber eine Küchenbürste ist ...


    Das Theravada der ersten Jahrhunderte kann aber gar nicht das von etwas später sein, d.h. von nach der Spaltung von den Mahasanghikas. Wenn sich ein Bakterium teilt, bleibt ja nicht ein identisches Original übrig und eine "Fälschung", die sich plötzlich dazugesellt hat. Nach einer Teilung hat man zwei Hälften (von Größenunterschieden mal abgesehen) des früheren Ganzen, das es jetzt aber gar nicht mehr gibt; da kann man nicht sagen, eines sei gleich geblieben und das andere neu dazugekommen. Und mit den tibetischen Tradition ist es so ähnlich, da es sie als solche gar nicht gibt. Die sogenannte tibetische Tradition ist ja nicht vom Himmel fefallen, sondern einfach die Übertragung der indischen Tradition ins Tibetische. Weil so mancher Aspekt der indischen Tradition aber von keinem anderen Land aufgenommen wurde, bevor moslemische Invasoren des nordindischen Buddhismus ausgelöscht haben, gab es als Rettungsanker nur noch Tibet. Als dann irgendwann westliche Forscher nach Tibet kamen und gesehen haben, dass es da viele buddhistische Sachen gibt, die man sonst nirgends findet, hat man das ganze eben "tibetische Tradition" genannt. Das ist natürlich nicht falsch, aber es ist auch längst nicht die ganze Wahrheit. "Indo-tibetische Tradition" wäre wohl tatsächlich eine gute Alternative. Die Tibeter nennen ihren Kanon ja nicht "tibetischer Kanon", sondern Kangyur: "Übersetzung der Worte [des Buddha aus dem Sanskrit]".


    Padmasambhava war einerseits derjenige, der den Dharma als erster nach Tibet gebracht hat und insofern Übermittler ist; andererseits und vor allem ist er Guru Rinpoche - meinem bescheidenen Verständnis "jemand", der weit über das Konzept einer Person hinausgeht. Er wird von der Tibetern auch der "zweite Buddha" genannt. Das ist aber wirklich keine Frage von Ländergrenzen, das ist einfach Tantra. Ähnliches hat es davor in Indien und danach in Tibet gegeben, wenn auch nicht in diesem Ausmaß. Marpa widerum wird von den Tibetern "Marpa der Übersetzer" genannt.


    pali:

    Naja, das Vajrayana entstand in einem gewissen Entwicklungskontext, genauso wie das Zen auch in einem gewissen zeitlichen und geschichtlichen Kontext erst lange nach dem Buddha enstanden ist und seine "höchste Ausformulierung" (aus meiner schwärmerischen und "unterscheidlerischen" Sicht wahrgenommen) erst zwischen 1228 und 1253 durch Meister Dogen getan wurde.
    Berzin mag ich mir da nicht antun, da mich die Sache so tief wieder nun auch nicht interessiert. Ich wollte eh nur wissen, WANN und WO besagter Text entstanden ist.


    Naja, was diese Entstehungssachen angeht, wirst du wohl Berzin lesen müssen, wenn du die Sichtweise der (indo-)tibetischen Tradition und ihre Stellung im Vergleich zu den Ansichten des Theravada und der westlichen Forschung wirklich verstehen willst. Aber das musst du ja auch nicht. Wenn du dein Zen machst anstatt etwas zu lesen, was dir in der Praxis nichts bringt, ist wahrscheinlich allen am meisten gedient. :)


    Schöne Grüße
    KDR

    pali:
    KDR:

    Das ist natürlich richtig, allerdings hat diese Tatsache hier keinerlei Aussagewert. Sowieso ist es irreführend, alles, was es seit bald 1000 Jahren nur noch in Tibet gibt, als "speziell tibetisch" hinzustellen, weil es das nur aus dem Grunde ist, dass kein anderes Land das Vajrayana (inklusive des an der zitierten Stelle des Bairo Drabag widergegebenen Wissens) aus Indien übernommen hat. Die anderen asiatischen Länder sind also selbst schuld, wenn sie mit dem Vajrayana nichts anfangen können.


    Verehrter, ich präzisiere meine Frage etwas .... ;) Der besagte Text, wo, wann und in welchem Kontext ist er entstanden ?


    Laut dem Online-Lexikon wohl noch zu Bairotsanas Lebenszeit oder nur unwesentlich später, etwa von einem seiner Schüler.


    pali:
    KDR:

    Sowieso ist es irreführend, alles, was es seit bald 1000 Jahren nur noch in Tibet gibt, als "speziell tibetisch" hinzustellen, ....


    Du willst damit also sagen, das besagter Text ursprünglich also auch im Palikanon gewesen sei, im Laufe der Zeit aber "Verlorengegangen", oder "Beiseitegeschoben", oder "Unterdückt" woden ist ?


    Aber nein! Der Palikanon ist eine bestimmte Überlieferungsversion eines bestimmten Ausschnittes des Buddhadharma. Die erste Einschränkung darf ruhig allgemein als Tatsache gelten, dem stimmen sogar die Wissenschaftler zu. Es wird Zeit, dass die Theravada-Tradition sich von der Ansicht löst, ihr Kanon sei die Ursprünglichkeit schlechthin. Manche andere Sachen wurden daraus wohl tatsächlich mutwillig "gestrichen" (Nachfragen bitte per PN, das sprengt sonst den Rahmen des Threads). Zur zweiten Einschränkung empfehle ich Dr. Alex Berzin: "Tantra verstehen lernen", davon besonders Kapitel 2.


    Außerdem: der besagte Text ist tibetisch, in ihm wird aber nichts "neues" gesagt.


    pali:

    Hm .... also nach meinen Kentnissen ist der Vajrayana erst einige Zeit später (1000Jahre?), vorzugsweise in Ostindien und Tibet entstanden. Wieso hätten da andere Länder etwas "übernehmen" sollen ?


    Mit dem "Entstehen" ist das so eine Sache (siehe nochmal Berzin), aber selbst nach diesem Maßstab stand das Vajrayana in Indien schon in voller Blüte, bevor es nach Tibet kam. Insofern verstehe ich deine Frage nicht ganz.


    pali:
    KDR:

    Die anderen asiatischen Länder sind also selbst schuld, wenn sie mit dem Vajrayana nichts anfangen können.


    Haben die anderen Länder denn etwas verpasst ?


    Was für eine Antwort erwartest du denn jetzt? ;)


    Schöne Grüße
    KDR

    pali:
    KDR:

    Gemeint ist das bai ro tsa na'i rnam thar 'dra 'bag chen mo; der Begriff erklärt sich, wenn man hier 'dra 'bag eingibt.


    Also ein Text, der in der Tibetischen Tradition entstanden ist in dem dies steht ...


    Das ist natürlich richtig, allerdings hat diese Tatsache hier keinerlei Aussagewert. Sowieso ist es irreführend, alles, was es seit bald 1000 Jahren nur noch in Tibet gibt, als "speziell tibetisch" hinzustellen, weil es das nur aus dem Grunde ist, dass kein anderes Land das Vajrayana (inklusive des an der zitierten Stelle des Bairo Drabag widergegebenen Wissens) aus Indien übernommen hat. Die anderen asiatischen Länder sind also selbst schuld, wenn sie mit dem Vajrayana nichts anfangen können.


    Rasmuss Kroemker:

    Ich habe einen Bericht über tibetischen Buddhismus gesehen. Es ging dort um Lamas, wie ja auch der Dalai Lama einer ist. Es hieß in dem Bericht, dass man sich Kinder genauer anschaut um zu sehen, ob sie vielleicht eine Lama- Wiedergeburt sind. Man könne z.B. an Körperhaltungen oder Wissen dass die Kinder haben, sehen, ob sie die Wiedergeburt eines Lamas sind.
    Nur wäre das ja eine direkte Seelenwanderung, so als ob meine Seele sich einen neuen Körper sucht und Menschen die mich kannten, nach Menschen suchen, in deren Körper ich weiterleben könnte.


    Nein, definitiv nicht. Generell empfiehlt es sich, äußerst skeptisch gegenüber dem zu sein, was einem in Dokumentarfilmen und anderen journalistischen Erzeugnissen zu solchen Themen erzählt wird. Zuerst einmal stimmt es nicht, dass Wiedergeburt per se Seelenwanderung bedeutet, wie es oft behauptet wird; der Buddha hat An-Atman und Wiedergeburt gelehrt. Zum anderen wurde in dieser Diskussion nicht einmal der Begriff genannt, um den es geht: Tulku. Und Tulku kann man natürlich nicht verstehen, ohne Kusum verstanden zu haben. Zu Sanskrit: Tulku bedeutet nichts anderes als Nirmanakaya; ein Begriff, der natürlich nur im Kontext von Trikaya (tib.: Kusum, dt.: drei Körper/Kayas) zu verstehen ist. Nirmanakaya bedeutet einfach Emanationskörper oder Ausstrahlungskörper, nicht mehr und nicht weniger und stellt damit überhaupt nicht "neues" dar. Das wurde hier im Forum auch schon des öfteren diskutiert.


    @ Ryonin: Ich hoffe, du hast bis hierhin mitgelesen und dich angesprochen gefühlt! Es ist schon fragwürdig, wenn du wiederholt und wider besseres Wissen längst widerlegte Darstellungen verbreitest:


    Ryonin:

    Vajrayana außerhalb von Tibet (Shingon und Tendai z.B.) kennt ja solche Lehren (wiedergeborene Lehrer etc.) nicht.


    Weiter:

    Ryonin:

    Ich fand den Artikel über Reinkarnation von SoGen sehr treffend, aber ich hatte im DBU-Forum den Eindruck, das manche aus der tibet. Fraktion das anders sehen.


    Kein Wunder, werden da doch nur wieder die gleichen Fehlinformationen unter die Leute gebracht wie in diesem und in vielen anderen Threads. Von Sachkenntnis unbefleckte, diffuse Tibetophobie. Sieh es ein, der Mann hat keine Ahnung, wovon er schreibt.


    Schöne Grüße
    KDR