Beiträge von Lotusbluete im Thema „Erleuchtung und Sittlichkeit“

    Hallo Aiko, hallo Monika,


    irgendwie hatte ich eigentlich gestern schon mal geantwortet, aber offensichtlich hat mein Beitrag nicht den Weg zum Thread geschafft. Entweder Übertragungsfehler oder vergessen auf absenden zu klicken... :D


    Aiko:


    Wenn alles miteinander zusammen hängt - dann bist du auch eins mit dem Unfrieden, mit dem, der gerade einen Fisch frisst - der Seeadler z.b. - oder du bist eins mit dem, der da letztens wild um sich geschossen hatte. Das alles ist das Universum.


    Ja so hatte ich es auch verstanden! Ist das falsch? Aber da ich dann alles durchschaut habe, hafte ich nicht an den schönen Dingen und lehne die negativen nicht ab. Und fühle trotzdem inneren Frieden, eben weil ich es durchschaut habe. Soweit irgendwo ein Denkfehler?


    War deine Antwort eigentlich die Antwort auf die Frage oder ein Weiterspinnen meiner Theorie?


    Aiko:


    Ein sittlicher Mensch ist sittlich. Da "erleuchtet" nicht erkannt werden kann - bringt es gar nichts, das Attribut zu verwenden. Sittliches ist aber kulturabhängig. Erst wenn dieses Anhaften beiseite gelegt wird, und ein von der Kultur nicht bedingtes Ethos gelebt wird, kommt man der Sache vielleicht näher. Bloß wir beurteilen eben Sittlichkeit auch aus unserem Kulturkomplex. Deshalb ist so eine Diskussion fruchtlos.
    Erleuchtung ist im übrigen auch beständig zu verwirklichen - also ein beständiges In-Erscheinung-Treten.


    OK seh ich ein.


    Aiko:


    Ich denke, dass jemand der Alkoholiker ist, den Weg des Buddha gar nicht gehen kann - er bleibt unterwegs liegen. Also - da muss erst mal einiges an Heilung geschehen, die als Vorarbeit zu leisten wäre. Genauso ist das mit Menschen die starke seelische Störungen haben. Aber dieser An-Weg ist natürlich auch schon Weg.
    Dukkha ist Begehren nach dem was ist oder was nicht ist oder was weder ist, noch nicht ist. Das kann man nicht beseitigen, denn in jedem weiteren Moment deines Lebens bist du in einer situation, in der du dich dieser Herausforderung zu stellen hast. Dann siehst du - das ist Begehren - das ist Gier - das ist Hass - und wenn nichts davon erfahren wird - ja dann kannste sicher sein, dass da Verblendung ist. Und dann sollte man ganz genau die Sinne schärfen und sich erst mal setzen, tief durch atmen und sich den Dingen zuwenden, die dran sind und die man kennt. Also dem ganz normalen, schnöden Alltag.


    Klar, das wichtigste am Weg ist ja die Praxis.
    Sicher kann ein Alkoholiker den Weg beschreiten. Darum ging es ja nicht, sondern ob er als Alkoholiker auf dem Gipfel ankommt oder?


    Aiko:


    Ich hab' gar keine Tradition. Ich mache was, was Zen heißt, aber ich bin da traditionslos. Ist einfach nur der Name.


    Ok vielleicht sollte ich auch nicht versuchen, mich krampfhaft in eine Tradition einzuordnen sondern einfach mal weiterhin alles sondieren.


    @ Monikamarie:


    Das Handtuch würde ich nur schmeißen, wenn ich festgestellt hätte, dass ich nach 3 Monaten Lektüre alles sowas von grundlegend falsch verstanden habe, dass es mit dem Buddhismus nichts mehr zu tun hat - was ich im ersten Moment befürchtet habe... :) Das mit der guten Übung hab ich schon festgestellt! Aber vielen Dank für deine Ermunterung!


    Viele Grüße
    Stefanie

    Hallo Aiko,


    Aiko:
    Lotusbluete:


    Sicher mag es für Außenstehende nicht unbedingt einsichtig sein, warum ein Erleuchteter handelt, wie er handelt. Aber ich denke schon, dass das Mitgefühl, das ein Erleuchteter ausstrahlt, soewie seine friedliche, positive Einstellung von anderen Menschen auch als positiv und nicht als negativ aufgefasst wird.


    Verehrte,
    für dich ist Erleuchtung eine Eigenschaft eines Menschen, des Erleuchteten. Dieses Verständnis hat nichts mit dem zu tun, was im Buddhismus unter Erwachen oder Erleuchtung verstanden wird.


    Dann kläre mich doch bitte auf, ich bin ja nun auch Neuling! Ich verstand es als Nicht-Anhaften und eins sein mit dem Universum -> da ja alles zusammenhängt. Keine Ich-Illusion mehr, kein Anhaften. Und auf dem Weg dahin: Friede mit sich selbst und anderen.


    Wobei ja soweit ich mitbekommen habe, auch immer darüber gestritten wird, ob man Nirvana zu Lebzeiten erlangen kann oder erst nach dem Tod.



    Aiko:

    Von Außen kann niemand beurteilt werden und im Erwachen gibt es kein Außen mehr -. Und auch kein Urteilen mehr.


    Sicher, aber es ging doch darum, ob ein Erleuchteter sittlich ist. Und Sittlichkeit kann nur von außen beurteilt werden oder?



    Aiko:

    Leiden im Buddhismus meint was anderes - und wer dieses Leiden beseitigt hat, der denkt und handelt gar nicht mehr in diesen Kategorien.

    Zitat

    Sicherlich ist Leiden nicht nur körperliches Leiden. Das habe ich auch verstanden. Dukkha ist viel mehr. Aber dankst du, dass jemand, der Alkohol oder andere Menschen mißbraucht, seine eigenen Leiden beseitigt hat?


    Tut mir leid, dass du das so siehst. Die Frage ist auch: Siehst du das nur durch deine Tradition (Zen, oder?) so oder verstehe ich den Buddhismus grundlegend so falsch? Was ist mit Mahayana oder Theravada-Ansätzen?


    Wenn letzteres zutrifft, müsste ich mir glaube ich schon überlegen, ob ich hier richtig bin.


    Viele Grüße
    Stefanie

    Hallo Peter, hallo Monika,


    peeter:


    Jetzt beiss dich doch nicht an Un-wissenden und Wissenden fest sonder gib der Stefanie doch einfach Recht.
    Und besonders für ihren Satz, dass es doch auch darum geht, das Leid Anderer zu verringern.


    Eigentlich hat sie mir im Prinzip doch recht gegeben, oder verstehe ich das falsch, Monika?


    Sicher mag es für Außenstehende nicht unbedingt einsichtig sein, warum ein Erleuchteter handelt, wie er handelt. Aber ich denke schon, dass das Mitgefühl, das ein Erleuchteter ausstrahlt, soewie seine friedliche, positive Einstellung von anderen Menschen auch als positiv und nicht als negativ aufgefasst wird.


    Schaut euch doch beispielsweise den Dalai Lama oder TNH oder sonst jemanden an, der den Weg schon ein ganzes Stück beschritten hat. Wie kommen die überlicherweise rüber? Positiv oder negativ? Ich finde, sehr positiv. Und mit fortschreitender Praxis wird das doch eher noch deutlicher, oder?


    Aber wie schon jemand sagte: Ich glaube auch nicht, dass jemand, der Mädchen an die Wäsche geht oder sich den Kopf zusäuft, wirklich erleuchtet ist. Wie kann man mit vernebeltem Kopf achtsam sein und Leid verringern?


    Wenn meine Ansichten falsch sind, möge man gerne sachliche Kritik aussprechen :)


    Viele Grüße,
    Stefanie

    Hallo Monika,


    monikamarie:


    Für einen Erwachten ist nichts mehr mühevoll, weil es auch keinerlei Widerstände mehr gibt und die Kräfte nicht mehr unsinnig vergeudet werden, ganz im Gegenteil, die Kapazitäten werden immer größer, weil alles Unnötige fortfällt.
    Insofern regelt sich dann doch Alles von alleine, wenn man einmal davon absieht, wieviel Mühe es gekostet und wieviele Jahre es gedauert hat, sich von allem Ballast zu befreien und nur Heilsames zu denken und zu tun.


    _()_ Monika



    Eben, ich denke nämlich auch, dass ein Erleuchteter nicht "automatisch" Sittlichkeit erlangt, sondern sich diese Sittlichkeit vorher erarbeitet hat. Durch fortschreitende Übungen fällt dann mit der Zeit alles leichter bis es dann nicht mehr schwierig ist. Der Clou an der Erleuchtung ist doch, dass man soviel Einsicht in die Welt um sich herum hat, dass man anderen Lebewesen kein Leid mehr zufügt/zufügen will und ihr aktuelles Leiden verringern möchte, oder? Und das streben wir doch aktuell auch alle an?


    Und jemand, der anderen nie Leid zufügt und Leiden anderer verringert, wird vom Standpunkt der Ethik aus eben als "gut" angesehen. Das ist doch nicht nur in der buddhistischen Ethik so.
    Natürlich gibt es immer Fälle, in denen "gutsein" nicht eindeutig festlegbar ist (wie bei der Auswahl "rette ich einen oder lasse ich viele sterben oder rette ich viele und lasse einen sterben"), aber es geht doch um das Grundprinzip, oder nicht?



    Viele Grüße
    Stefanie