Beiträge von Benkei im Thema „Sind Ordensregeln der Vergänglichkeit nicht unterworfen?“

    Namaste!

    Lauscher:

    Das bezweifeln schon manche Mönche und dieses >Zweifeln< ist nicht gut. Habe selber mit einem wichtigen Lehrer gesprochen, der mir gesagt hat, dass in Japan nicht mehr wirklich praktiziert wird. da wird entweder in der Uni Buddhismus studiert oder im Tempel gearbeitet, beides wird aber nicht integriert. So hat ER gesagt. Ich kenne mich nicht aus.


    Die Problematik ist mir bekannt.
    Da sollte man aber vielleicht etwas differenzieren.


    Auf der einen Seite gibt es Geistliche, die den Familientempel vom (Schwieger-)Vater übernehmen und zu diesem Zweck eine Kloster-Ausbildung zum Priester machen (mit Abitur oder gar Hochschulabschluss verkürzt sich wohl in einigen Traditionen die Ausbildungszeit). Je nach Motivationsgründen kann das wohl für so manchen einfach Business sein, und je nach Tradition muss sich der Tempelpriester in seinem eigenen Tempel ja auch nur noch an die genommenen Gelübde halten; die ergänzenden Tempel-/Klosterregeln gibt es in Gemeindetempeln ja nur, wenn der leitende Priester dieses festlegt (also er selbst).


    Auf der anderen Seite gibt es Geistliche, die ins Kloster gehen, weil sie quasi nach dem Erwachen streben [um es mal vereinfacht darzustellen]. Diese bleiben dann auch nach der Ausbildungszeit im Kloster (oder wechseln in andere, kleinere Klöster).


    Man sollte vielleicht nur die letztgenannten als "Mönche" bezeichnen und mit den Bhikkhus anderer Länder vergleichen; die erstgenannten entsprechen eher unser Vorstellung eines evangelischen Pfarrers, so dass ich sie nicht Mönche nennen würde, sondern Gemeindetempelpriester.


    Ich denke, solange es noch eine funktionierende Praxis in einigen Klöstern gibt (und die gibt es), und Mönche/Nonnen, die nach spirituellen Zielen trachten und sich wenig um den schnöden Mamon scheren, solange ist auch der Dharma noch in Japan präsent.


    < gasshô >


    Benkei

    Namaste!


    Mit Blick auf die Entwicklungen, die vor allem die Ordensregeln in Japan seit Einführung des Buddhismus dort hatten, kann ich nur antworten - "Ja, Ordensregeln sind der Vergänglichkeit unterworfen!"


    Das soll jetzt nicht als Kritik oder als Statement zu "Sinn und Unsinn des Vinanya" aufgefasst werden, sondern einfach nur als Zeugnis einer historischen Entwicklung.


    Hier ein kurzer Überblick:
    - Einführung um ca. 500 n. Chr. (mit Pātimokkha-Vinaya). Es etablieren sich die sogenannten sechs alten Schulen.
    - 822 erhält die von Saichô neu gegründete Tendai Shû das Recht, Mönche ohne Pātimokkha-Vinanya zu ordinieren. Ordinations-Grundlage wird das Brahmajala-Sutra, welches durch Klosterregeln ergänzt wird.
    - 822 bis 1200 immer mehr der anderen buddhistischen Schulen übernehmen Saichôs Brahmajala-Ordination, bis die Pātimokkha-Vinaya-Ordination ganz in Japan ausstirbt.
    - 13. Jhd: Restaurationsversuche der Vinanya-Ordination, z. B. durch Eison im Rahmen der Gründung der Shingon-Ritsu Shû.
    - In seinem Shobogenzo "Jukai" beschreibt Dôgen die Ordination mit den Zehn Gewichtigen Verboten, wie sie nahezu dem Brahmajala-Sutra entsprechen (dieses kennt aber auch noch 48 sekundäre Verbote).
    - Shinran Shonin weist für sich und seine Anhänger das Mönchtum zurück und heiratet. Er bezeichnet sich fortan als "weder Mönch noch Laie".
    - 1654 führt Ingen die Ôbaku Shû als dritte Zen-Schule ein. Zur Zeit Ingens und seiner nächsten Nachfolger werden die Mönche der Ôbaku Shû wieder mit drei Ordinationen ordiniert: Noviziat, Pātimokkha-Vinaya und Brahmajala-Ordination. Später macht sich dann aber wohl der Einfluss der Rinzai Shû bemerkbar, so dass auch in der Ôbaku Shû nur noch die Zehn Regeln [Jukai] genommen werden.
    - 1868: Beginn der Meji-Zeit während der das Zölibat für alle (?) Schulen abgeschafft wird.
    - Heute: Die Jodo Shinshu kennt keine auf Ethik basierende Ordination für ihre Priesterschaft. Die übrigen Schulen verwenden diverse Formen der Brahmajala-Ordination oder Vereinfachungen davon. Ob die Shingon Ritsu Shû noch immer eine Vinaya-Ordination kennt, wüsste ich auch gern.


    Soweit der Überblick.
    Trotz Veränderungen der Ordinations- und Regelpraxis hat der Dharma in Japan überlebt.
    Der japanische Buddhismus hat auch dazu beigetragen, dass der Buddhismus in China und auch Taiwan überleben konnte und er hat seinen Weg bis in den Westen gemacht (hauptsächlich in Form der Sôtô Shû, der Rinzai Shû, der Jôdo Shinshû und der SGI).


    Dies bedenkend also ein klares "Ja".


    < gasshô >


    Benkei