Ich möchte gerne - nicht "meine" - sondern "meine buddhistische" Sicht einbringen. Also was ich unter buddhisische Sicht zu erkennen glaube:
Im konkreten Beispiel mit den 100 versteckten Verfolgten, den Übeltätern und dem Selbst kreiert jeder von uns eine theoretische Vorstellung, eine Gedankenformation, und versucht nun mit der Vernunft herauszufinden wie in einer solchen - theoretischen Situation - rechtes Handeln aussehen würde. Manche gehen sogar noch weiter und versuchen sich gar vorzustellen wie sie selbst handeln würden. Dabei ist Lügen jedoch nur eine Möglichkeit zu handeln, man könnte auch töten, verraten, etc.
Aus streng "buddhistischer Sicht" bringt dies eigentlich nichts, es ist sozusagen fürs Erwägen ungeeignet (steht auch irgendwo im Palikanon: "wie werde ich in Zukunft sein" (s. thread bud. Glaubensbekenntnis). Wie man handelt entscheidet sich sowieso erst in der konkreten Situation.
Allerdings kann man mit solchem "Gedankenspiel" in der Versenkung zur Einsicht kommen wo man sich auf dem Weg zum erwachen im Moment in etwa befindet.
Ich denke die Vorstellung man würde in einer solchen theoretischen Situation lügen, wäre sicher nicht die schlechteste aller möglichen Varianten zu Handeln. Die Summe ergäbe ein positives Resultat: die Verfolgten würden gerettet werden, die Übeltäter würden vor ihrer eigenen Übeltat gerettet und man selbst bleibt neutral, da man einerseits gegen sein Ich entscheidet (man geht beim lügen ja auch ein Risiko ein, z.b. wenn die Soldaten die Lüge durchschauen). Das nichteinhalten der Silas relativiert sich durch das handeln gegen das Ich.
Summa summarum entsteht am wenigsten Karma.
Natürlich hat aber auch Hanzze recht mit seiner Sicht. "Ideal Handeln" kann wahrscheinlich nur ein erwachter. Dazu müsste die Persönlichkeit so stark ausgebildet sein, dass die Soldaten z.B. allein schon beim Anblick der Persönlichkeit, die unter der Tür steht, gar nicht mehr auf die Idee kommen eine solche Frage zu stellen.
Gruss Bakram