Beiträge von malsehen im Thema „"dukkha" ist nicht "Leiden"“
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Wenn ich behaupten würde, ich fänd’s toll, würde ich auch lügen… -
Es gibt da diese »alltägliche« Leiden und das »alltägliche« Glück.
Ich liebäugele bei dem alltäglich auch sehr mit dem unrund laufenden Rad. Ich sprach schon davon. Es macht das Ganze so menschlich…Nun leben wir in der unerfreulichen Aufstellung, dass alltägliches Glück und alltägliches Leid eine Wellenbewegung (Leid = Wellental, Glück = Wellenberg) formiert. Aka Vergänglichkeit.
Bleiben wir mal idealisierend bei einem mathematisch-harmonischen Wellenbild. Wenn man dieses Bild, die Linie, die sich dort abzeichnet ausmittelt, bleibt eine horizontale Gerade genau zwischen den ursprünglichen Extremen der Berge und Täler. Im Bild: Kein Leiden, kein Glück. Gleichmut?Das Erleben eines Wellentals erzeugt nun zusätzlich zu der mal als »gegeben« hingestellten Tatsache, dass da gerade ein Tal ist, Gefühle der Abneigung dagegen. Solcherart Warhnehmung verstärken aus mir selbst heraus die Tiefe dieses Tals. Summiere ich die Wellenlinie aus, bleibt ein Liniengebilde, dessen Anteile mehrheitlich unter der Null-Linie liegen werden, es bleibt also Leid übrig.
Gleiches gilt für den Anfang der Abwärtsbewegung nach einem Wellenberg. Da nicht entspannt mitzugehen (aka Anhaftung) verstärkt die Steilheit der Abswärtsbewegung. Nach der Nivellierung dieses Wellenmusters bleibt wiederum mehr unten als oben übrig = mehr Leid.
Auch andere Elemente (Vermeidung, Sehnen nach dem nächsten Berg, u.v.a.m) unseres Umgangs mit dem lebensimmanenten Wellenmuster stärken ausschließlich den Anteil unter der Mittellinie oder schwächen gar die Wellenberge. Die resultierende Linie wird immer weiter unter das Nullniveau in Richtung Leiden verschoben.In sofern bin ich mit der Aussage, dass Leben leidvoll ist, durchaus einverstanden. Das ursprüngliche Angebot (aka Leben ohne menschliches Dazutun) bleibt aber erst einmal eine Wellenlinie mit einer resultierend »neutralen« Endsumme, sozusagen der großen schwarzen Null am Ende… Daher wehre ich mich gern ein wenig gegen die Komponente des Terms »Leben ist leidvoll«, die einem das als Fluch, Verdammnis oder ähnlich belegtes nahe legen kann. Es ist schon der alte Werbespruch »Beton – es kommt drauf an, was man draus macht«.
Erstaunlich ist die Wahrnehmung, dass buddhistische Angebote in der Erstwahnehmung vieles formulieren, dass das Verstärken der Wellentäler aufhebt. Es gibt kaum oder keine (bitte sachliche Unkenntnis sofort korrigieren) Ansätze, die die Wellenberge stärken sollen. Quasi als Ausgleich.
Das klingt erst ein mal fatalistisch oder einseitig. Man könnte es aber auch als einen sehr milde akzeptierenden Blick auf die Harmonie des von der Wahrnehmung des Menschen noch unbeeinflussten Wellenmusters sehen. Daran ist nichts zu ändern. Und wenn Du, Mensch daran herumänderst, kann man empirisch erkennen, dass es eh nur eine Verschlimmerung ergibt. Also kümmern wir uns auch nur um das, was Dich da immer wieder die an sich erfreuliche Tatsache der finalen Nullsumme ins MInus schieben lässt.In wie weit nun das Annehmen der resultierenden Nullsumme-Linie schon der zu erreichende Endzustand ist, oder ob sich in der Anerkenntnis dann doch über diesen Wert hinausgehende, das Positive stärkende Momente aufbauen ist mir nicht klar. Vielleicht ist das aber auch die Frage nach dem halbvollen/halbleeren Glas in abgewandelter Form.
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Takumi:
…
Es gibt nur die Klarheit zu erkennen, das alles ohne Ausnahme Leiden ist.
…(Kursivierung von mir)
An dieser Stelle wird es mir irgendwie immer zu »erbsündig«.
Ich lass mich gerne belehren durch Lehre und Leben, dass, das was da freudvoll ist, nicht von Dauer ist.
Bei der ganzen Bedingtsheits/Illusions/Leerheits-Diskussion komm ich zugegeben ins schleudern. Sie mag aber noch hilfreich sein.Wobei hilft aber diese kategotische Annahme, die für mich so nach Verdammnis, so nach, »Mensch, du bist verurteilt« schmeckt?
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Ich empfinde alle Ansätze, den Begriff »dukkha« vom Thron der Übersetzung »Leid« zu stoßen, als hilfreich.
»Leid« trägt für mich so dick auf, dass ich mich manchmal gar nicht angesprochen fühle. Da liegt die Latte schon recht hoch.Durchaus um die Problemstellung einer pauschalen Übersetzung wissend, würde ich mir manchmal wünschen, im Deutschen Sprachgebrauch (auch hier im Forum) eine dem Satz und Kontext angemessene individuelle Formulierung zu sehen. So viel Einfühlung und Sprachgefühl traue ich uns eigentlich zu.
Ebenso auf der Gegenseite des Lesers: Wenn der Begriff so vieles umfasst, und uns der »Geschmack« dieser Begrifflichkeit aus eigener Erfahrung vertraut sein müsste, dürfte das sehr verbindend auch ohne einen pauschalen Begriff erfassbar sein.Alternative wäre noch, es unübersetzt zu lassen.
Das den Wagen des Lebens knirschend und holpernd laufen lassende Karrenrad empfinde ich in seiner scheinbaren Banalität viel Zielgruppen- (aka Menschen) orientierter als das ehrfurchtgebietende »Leid«. Ist in seiner Länge nur schlecht in der Alltagssprache nutzbar.